Bundesbank-Bunker Cochem: Hier bunkerten Banker 15 Milliarden

Zwei Tarnhäuser. Ein unterirdischer Geldspeicher. Eine Währung, die niemand kennt. Klingt nach Agenten-Thriller? Von wegen. Geheime Pläne waren in Cochem Realität. Im Bundesbank-Bunker erfahren Besucher jetzt die ganze Geschichte.

Der Zugangsstollen im Bunker Cochem. Hier hätten die Anwohner im Notfall Platz gefunden.

Der Zugangsstollen im Bunker Cochem.

Hinter einer schweren Panzertür eröffnet sich ein gut 100 Meter langer Gang, dessen Einrichtung kaum karger sein könnte. Nur betongrauer Boden, eine Bank, auf der man sich nicht ausruhen möchte, und Rohre unter der Decke sind zu sehen. Fenster oder Dachluken? Fehlanzeige. Nur Neonröhren spenden ihr kaltes Licht. 

Während draußen die Vögel zwitschern, schlucken hier unten meterdicke Betonwände jedes Geräusch. Gepanzerte Zwischentüren. Immer tiefer führt der Schacht in den Hang. Wer ihn immer weiter entlang läuft, kommt zu einem der ehemals geheimsten Orte unserer Republik.

Denn hier wurde bis 1988 eine geheime Notwährung versteckt. Tonnenweise Geldscheine. Übereinander gestapelt in versiegelten Gitterboxen. 30 Meter unter der Erdoberfläche. 

Bundesbank Bunker, Mosel, Cochem, Team

Manfred und Petra Reuter (rechts), Christine Enk, Dr. Claus Röhling.

Wir befinden uns im ehemaligen Bunker der Deutschen Bundesbank. In einem Atombunker in Cochem-Cond, der zugleich der Tresor für 15 Milliarden D-Mark war. Jahrzehntelang ahnten die Cochemer nichts von dem Staatsgeheimnis unter ihrer Stadt. 

Inzwischen ist das allerdings anders. Denn das Busunternehmer-Paar Manfred und Petra Reuter aus Treis-Karden haben das Anwesen in der Brauselaystraße gekauft und öffentlich zugänglich gemacht. Deshalb kann der Bunker seit einigen Jahren besichtigt werden.

Neue Besitzer bieten Führungen

Jetzt leiten Guides Interessierte durch den historischen Untergrund, aus dem eine bemerkenswerte Dokumentationsstätte wurde. Und erzählen während der einstündigen Führung die Geschichte des Bunkers, die einem Agententhriller gleicht.

Doch alles ist wirklich geschehen.

Bundesbank Bunker, Cochem, Wendeltreppe im Kühlturm.

Über diese Treppen gelangte man vom Bunker in den Garten.

Erbaut wurde diese unterirdische Festung in den frühen 1960er Jahren. Es waren die heißen Tage des Kalten Krieges. Die Angst vor der endgültigen Eskalation zwischen Ost und West war damals so groß, dass man in ein kostspieliges Bunkerprogramm investierte. 

Die Bundes- und Landesregierungen schufen sich für den Ernstfall Notunterkünfte. Für die Bonner war der Ausweichsitz Marienthal im Ahrtal vorgesehen. Nicht weit davon entfernt fand die Frankfurter Bundesbank einen Platz an der Mosel.

Ein Bunker für die Bundesbanker 

Sie kaufte in Cochem gegenüber der Reichsburg die ehemalige Praxis eines Arztes. Ein Doppel-Wohnhaus mit mondänem Swimmingpool im Garten, plus umliegende Grundstücke am Hang. Eine atomare Druckwelle würde über das Moseltal hinweg fliegen, hofften die Verantwortlichen damals.

Von 1962 bis 1964 wurde in den Tarnhäusern ein Schulungs- und Erholungsheim für die Bundesbanker eingerichtet. Vor allem aber wurden Stollen für den Geheimbunker in die Erde getrieben. 

Bundesbank Bunker, Mosel, Cochem, Geldscheine Serie BBk II

Scheine der Ersatzwährung Serie BBk II

Lastwagen fuhren mit schweren Gerätschaften vor. Es wurde gesprengt, gebohrt, betoniert. Von morgens 6 bis abends 22 Uhr polterten die Bagger. Wegen des Lärms beschwerten sich bald schon Anwohner bei der Polizei. „Die Banker wurden natürlich nervös”, erzählt der Museumsführer Dr. Claus Röhling. „Sie mussten sich etwas einfallen lassen.” 

Man baue einen Zivilschutz-Bunker für die Teilnehmer der Schulungen und Erholungskuren, hieß es schließlich. Aber 30 bis 50 Anwohner der Matthias-Härig-Straße und der Brauseleystraße könnten im Ernstfall dort ebenfalls Zuflucht finden. Damit gab sich die Nachbarschaft tatsächlich zufrieden. 

Versteck für 15 Milliarden Mark

Allerdings war ein solcher Bunkerbau auch kein ungewöhnliches Projekt. Sie entstanden derzeit vielerorts in der noch jungen Republik. Deshalb wunderte sich niemand. Doch was die Firma Hochtief da in ihrer Nachbarschaft baute, war auch damals nicht normal. Denn hier entstand klammheimlich ein Versteck für ein Milliarden-Vermögen. 

Warum war dieser Bunker für die Banker so wichtig? Die Antwort mutet seltsam an, denn es ging in Cochem nicht vorrangig um den Schutz von Leib und Leben. Zwar war die Angst vor einem Atomschlag damals allgegenwärtig. Doch jede Partei malte sich im kalten Krieg zudem ihre eigenen Schreckensvisionen aus. 

Bundesbank Bunker, Mosel, Cochem, Tresorraum

In diesen Kisten lagerten 15 Milliarden Mark.

Die Befürchtung, dass Unmengen an eingeschmuggeltem Falschgeld die deutsche Währung entwerten könnten, trieb die Frankfurter Banker um. Die Deutschen wussten ganz genau wovon sie sprachen, denn sie hatten es immerhin selbst versucht. Im Konzentrationslager Sachsenhausen ließen die Nazis vor allem britische Pfundnoten fälschen.

Und so druckten die Währungshüter Geld. Scheine, die bislang kein Mensch kannte. Und die deshalb auch nicht gefälscht werden konnten. Der Plan: Im Falle einer drohenden Hyperinflation sollte die an der Mosel gebunkerte Notwährung die D-Mark ganz schnell ersetzen können. 

Staatsgeheimnis Bundesbank-Bunker

Anders als in anderen Bunkern ging es in Cochem also hauptsächlich „um die Aufrechterhaltung des Geldflusses und damit um die Stabilität der Wirtschaft”, erklärt Claus Röhling.

Hinter einer tonnenschweren Stahltür versteckten die Bundesbanker das geheime Milliarden-Vermögen. Bis unter die Decke stapelte sich das Geld. Kartons über Kartons und Säcke voller neuer Scheine lagerten in gelben Gitterboxen. Zehner, Zwanziger, Fünfziger und Hunderter der sogenannten Ersatz-Serie „BBk II”. 

Bundesbank Bunker Cochem, Führung, Dr. Claus Röhling

Claus Röhling zeigt den Kontrollschein der Banker.

Nur wenige Menschen wussten, was der wirkliche Zweck der Cochemer Anlage war. Zwar lag einer der Zugänge zum Bunker gut getarnt im Keller des Schulungsheims. Doch selbst für den Heimleiter, der täglich durch die einsamen Gänge patrouillierte, war der Tresorraum tabu. Ob er wohl ahnte, was sich hinter den Türen verbarg? 

Zudem reagierten Sensoren an den bis zu vier Meter dicken Wänden auf Lärm und jede Erschütterung. Sogar vorbeifahrende Güterzüge sollen hin und wieder Alarm ausgelöst haben. Und einmal der Heimleiter mit seiner Trompete.

Zutritt nur für Prüfer

Doch selbst die Polizei, die automatisch benachrichtigt wurde, wusste nichts von den Milliarden unter ihren Füßen. Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm.

Zutritt zum Tresor hatten nur die Mitarbeiter der Frankfurter Zentrale. Alle paar Monate kamen drei Männer und inspizierten das Geld. Nur sie hatten je einen Schlüssel für die drei Schlösser. Nur sie kannten die Zahlenschloss-Kombination.

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Technik im Bundesbank-Bunker Cochem

Es wird gedauert haben bis die Prüfer wieder Tageslicht sahen. „Jeder der Männer prüfte den Bestand auf Vollständigkeit und notierte das Ergebnis”, erklärt Claus Röhling und zeigt ein entsprechendes Dokument.

Nach der Katastrophe hätte ein Team von Bundesbankern vor Ort die Einführung der neuen Währung sicherstellen sollen. Tatsächlich hätten im Fall einer Naturkatastrophe, eines Krieges oder nuklearen Showdowns bis zu 175 Menschen zwei Wochen lang in der Tiefe überleben können. 

Aushalten im Bunker

Und zwar autark, ohne in Kontakt mit der Außenwelt treten zu müssen. Denn für alles war gesorgt: Neben einer eigenen Stromversorgung hätte den Schutzsuchenden ein Trinkwassertank mit 40.000 Litern zur Verfügung gestanden.

Vor radioaktivem Fallout sollten Dekontaminationszellen in der Eingangsschleuse und Belüftungsanlagen mit Sandfilter schützen.

Bundesbank Bunker Cochem, Mosel, Dekontaminationszellen

Dekontaminationszellen im Bundesbunker in Cochem

Eine Treppe führt ins Obergeschoss der Anlage. Dort hat man die Büros, einen Sanitätsraum und Unterkunftsräume untergebracht.

Toiletten und Waschräume für das Frankfurter Personal sind zu sehen. Seitlich eine nie benutzte Küche. Davor ein Speisesaal für vielleicht 20 Menschen. Ein paar Meter weiter liegen die Schlafkabinen, in denen je vier Kollegen in zweistöckigen Metallbetten Platz zum Schlafen, aber vermutlich keine Ruhe gefunden hätten.

Arbeiten während die Welt brennt

In einem Raum stehen Holztische, Büroschränke und Regale mit Akten. Nachträglich so eingerichtet, wie es damals vermutlich ausgesehen hat.  

Nebenan Schreibmaschinen, Telefonapparate und Fernschreiber von damals. Von hier aus wären im Krisenfall Millionen von D-Mark kreuz und quer durch Deutschland versendet worden. Tatsächlich hätten die Männer und Frauen weiterarbeiten können, während die Welt draußen lichterloh brannte. 

Bundesbank Bunker Cochem, Mosel, Arbeitsraum

Ein Arbeitsraum im Bunker Cochem.

Am Ende des Gangsystems, im Kühlturm, dreht sich eine Treppe nach oben zu einem Ausgang im Wald. Er sollte als Notausstieg dienen. Gebraucht hat man ihn nie. Genauso wenig wie die geheime Ersatzwährung im Tresor. Denn keines der ausgemalten Szenarien erschütterte die Bundesrepublik. 

Ende 1988 rückten die Bundesbanker an, um die BBk II-Serie durch den Schredder zu jagten. Den Bunker in Cochem gaben sie auf. Warum bereits vor dem Ende des Kalten Krieges? Auch darüber wird bis heute noch spekuliert, denn die Bundesbank schweigt.

Bundesbank Bunker Cochem, Mosel, Fernschreiber

Fernschreiber im Bunker Cochem.

„Die Ersatzserie war an die erste DM-Serie BBk I angepasst”, vermutet Bunker-Experte Claus Röhling. Der Fachmann hat gründlich recherchiert und Informationen wie Puzzle-Teile zusammengefügt. „Die neue in Aussicht genommene DM-Serie BBk III hatte zusätzliche Sicherheitsmerkmale, die die Ersatzserie nicht besaß, und war deshalb unbrauchbar geworden.”

Museum mit Hotel

1994 kaufte die Cochemer Volksbank den Bunker. Allerdings nur, um einen Teil der Räume für hochwassersichere Kundenschließfächer zu nutzen. Doch dann verließ auch sie das Gelände. 

Erst nach jahrelangem Leerstand erwarben 2014 Petra und Manfred Reuter die ungewöhnliche Immobilie. Aus den beiden Tarnhäuser wurde inzwischen das Retro-Hotel Vintage.

Bundesbank Bunker Cochem, Mosel, Telefonbuch

Das Telefonbuch der Bundesbank

Doch zunächst verwandelte das Paar den denkmalgeschützten Bunker in ein bemerkenswertes Museum. Dabei legten die Reuters Wert auf jedes Detail. Sogar das Telefonbuch vom Juni 1988 liegt heute im Bunker. Man könnte meinen, die Banker hätten gerade noch darin geblättert.

Wie viel Arbeit und Sachkenntnis in diesem Projekt steckt, kann man bei einer Führung unmittelbar erleben. Denn dieser Bunker bietet nicht nur Information. Ihn zu durchlaufen, ist eine schaurig-spannende Zeitreise durch die deutsche Nachkriegsgeschichte. 

 

Öffnungszeiten, Preise, Parken

Adresse: Bundesbank-Bunker, Am Wald 35, 56812 Cochem-Cond, 
Tel. 02671/91 53 540, www.bundesbank-bunker.de

Führungen: Zwar kann der Bunker nur bei einer Führung besichtigt werden, aber eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Dauer ca. 60 Minuten.

08.01. – 22.03.: samstags, sonntags 11, 13 und 15 Uhr; 23.03. – 31.03.: täglich 11, 12, 13, 14 und 15 Uhr; 01.04. – 30.06.: täglich 11, 12, 13, 14 und 15 Uhr; 01.04. – 30.06.: täglich 11, 12, 13, 14 und 15 Uhr; 01.07 – 01.11.: täglich 10 , 10:30, 11, 12, 13, 14 und 15 Uhr

Eintrittspreise: Bis 17 Jahre 7 €, Erw. 13 €

Parken: Am Moselufer in Cochem und Cochem-Cond. In der Klottener Straße in Cochem-Cond oder hinter dem Bahnhof. Am Bundesbank-Bunker gibt es keine Parkplätze.

Bus-Shuttel vom 01.05. bis 31.10.: Der Endertplatz ist der zentrale Busbahnhof direkt an Mosel und Tourist-Info Cochem. An der letzten Haltestellenbucht hält der Bus. Bei großem Andrang fährt er im Pendel von etwa 10 Minuten hin und zurück.

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