Angelina und Kilian Franzen ernten im steilsten Weinberg Europas

Man muss nicht betrunken sein, um hier Drehschwindel zu bekommen. Für Hasenfüße ist der Arbeitsplatz von Angelina und Kilian Franzen im Bremmer Calmont nichts. Doch die Begeisterung des jungen Winzerpaares kann man sogar schmecken.

Weingut Franzen, Bremmer Calmont.

Der Bremmer Calmont

Was für ein Weinberg! Eher eine Wand. Von der Mosel aus steigt er gut dreihundert Meter aufwärts. Bei einer Hangneigung von gut 65 Grad kleben die Parzellen nahezu senkrecht am Berg. Tatsächlich sind viele Passagen sogar noch steiler.

Die traumhafte Aussicht ins Tal können Winzer und Winzerinnen, die hier ernten, höchstens nach Feierabend genießen. So viel ist beim Anblick der Steillage sofort klar. Während sich Wanderer bei einer Tour durch den Calmont Klettersteig am Blick über die Mosel erfreuen und Touristiker mit Bilderbuch-Fotos der schroffen Hänge werben, machen die Weinbauern im steilsten Weinberg Europas im Wortsinn den Buckel krumm.

Calmont, Bremm

Wanderer im Calmont-Klettersteig

An den Einsatz von Maschinen ist bei solchen Hängen überhaupt nicht zu denken. Deshalb ist alles, was im Calmont passiert, zu 100 Prozent Handarbeit. Selbst wenn ein Winzer ackert wie besessen, dauern sämtliche Arbeiten drei- bis viermal so lange wie in flachen Lagen.

Man kann gar nicht so viele Hüte aufsetzen, wie man ziehen möchte vor Weinmachern wie Angelina und Kilian Franzen. Mit viel Liebe und Passion arbeitet das Paar im steilsten Weinberg Europas. 

Angelina und Kilian Franzen, Mosel, Bremmer Calmont

Angelina und Kilian Franzen auf dem Calmont-Gipfel

Fünf Hektar bewirtschaften die Franzens hier. Und zwar nicht nur, weil der Calmont zu den Toplagen zählt. Sondern auch, weil der Weinanbau in dem schwer zu bezwingenden Wingert auch Familientradition ist.

Ohne Kilians Vater Ulrich Franzen wüchse am Calmont vermutlich viel weniger Wein, weiter oben wohl eher gar nichts. Wie kaum ein anderer hat sich Ulrich Franzen um die Region verdient gemacht.

Renaissance der Steillage im Calmont

Mit der Unterstützung des Kulturamtes in Mayen hatte der Winzer gegen Ende des vergangenen Jahrtausends 112 brachliegende Parzellen von etlichen Eigentümern zusammengekauft.

Dann wurden die Wildnis beseitigt, Trockenmauern gebaut und  eine Monorackbahn installiert. Immerhin 7900 Rieslingreben haben der Winzer und seine Helfer mit den Händen in den Schieferboden gesetzt. Herausgekommen ist ein Wein, der nach Heimat schmeckt.

Weingut Franzen, Mosel, Reben im Bremmer Calmont

Hoch über der Mosel wachsen die Franzen-Weine.

Das Projekt Calmont  – das ist Kulturpflege und hohe Qualität. Und dieses Projekt führen Angelina und Kilian Franzen seit 2010 erfolgreich weiter.

Die beiden studierten noch in Geisenheim als Ulrich Franzen verunglückte. Beide brachen ihr Studium ab, und übernahmen mit gerade Mal Anfang 20 schließlich den fast 10 Hektar großen Betrieb.

Riesling und Elbling im Weingut Franzen

Natürlich ist ihre Hauptsorte der Riesling. 90 Prozent macht er aus. Doch daneben ziehen die beiden auch Burgunder und die rare Sorte Elbling groß. Ausgebaut werden die Weine in erster Linie trocken – dafür hatte schon Ulrich Franzen in den 80er Jahren gesorgt.

Mosel, Aussicht vom Bremmer Calmont.

Hier wachsen die Franzen-Weine

Davon überzeugen können sich Besucher in der Vinothek. Hier kann man bei einer unterhaltsamen Verkostung mit regionaler Küche die Franzen-Weine probieren.

Der Sommer war sehr groß 

Ein Etikett fällt besonders ins Auge. „Der Sommer war sehr gross“ steht dort geschrieben. Es ist erste Wein, den Angelina und Kilian Franzen gemeinsam auf die Welt brachten. Der Name bezieht sich auf das Herbsttag-Gedicht von Rainer Maria Rilke, dessen Poesie Kilians Vater Ulrich schon sehr mochte.

„Der Schriftzug verändert sich jedes Jahr, es ist Bewegung drin wie im Betrieb”, erklärt Angelina. Deshalb erzählt seit seinem Debüt 2011 ein beiliegender Flyer von der Entstehung des Rieslings ebenso wie vom ganz persönlichen Weinjahr seiner Erzeuger.

Weingut Franzen, Aussicht vom Bremmer Calmont.

Blick auf die Ruine des Klosters Stuben.

So erfährt der Leser zum Beispiel, dass die Monorackbahn pünktlich zur Lese schlappmachte und Helfer 3000 Kilo Trauben den Hang runter schleppen mussten. Oder dass der Urlaub die beiden nach La Gomera führte, wo man vergeblich nach Baumärkten suchte.

Dass die beiden mit ihrer Paradelage Bremmer Calmont hervorragend umgehen können, war spätestens offiziell klar, als sie die Falstaff-Jury 2018 zu „Newcomern des Jahres” wählte. Rund acht Jahre nach der Premiere ihres eigenen Weins füllen die Franzens jährlich 90.000 Flaschen Weine und Sekt ab und haben sogar ein Buch über ihre Geschichte geschrieben. Der Titel: „Der Sommer war sehr groß”. 

 

Adresse, Öffnungszeiten, Kontakt

 

Calmont, FranzenKontakt: Verkostung nach telefonischer Vereinbarung unter Tel. 0151/42329842 oder 02675/412.

Weingut Reinhold Franzen, Gartenstraße 14, 56814 Bremm
www.weingut-franzen.de

 

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