Schöner warten vor der Anrufschranke

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann warten sie noch heute. So könnte ein Märchen enden, das von der Anrufschranke in Bengel erzählt. Denn so mancher Autofahrer steht länger am Bahnübergang, weil er die nostalgische Technik zum Öffnen nicht kennt.

Anrufschranke, Bengel, Mosel

Um die Schranke zu öffnen, muss man klingeln

Die Älteren werden sich an das Prozedere vielleicht noch erinnern. Früher stand an jedem Bahnübergang ein kleines Häuschen, in dem ein Schrankenwärter seinen Dienst versah. Passierte ein Zug die Überquerung, öffnete und schloss er die Schranke per Hand. Doch der Fortschritt der Technik war das Aus für den Berufsstand.

Aber in Bengel versteckt sich noch ein Relikt aus der alten Zeit: Denn m Bahnübergang in der Moselstraße versperrt eine sogenannte Anrufschranke den Weg. Eine charmante Kuriosität in unserer immer digitalisierteren Welt. Ortsunkundige mit Auto oder Rad stehen dort schon mal etwas länger und wundern sich, dass die Schranken geschlossen bleiben. Denn wer die Gleise in Richtung Kröv überqueren will, muss die Initiative ergreifen. Das wissen viele aber nicht – bis sie dann doch irgendwann die Bedienungsanleitung an dem gelben Kasten am Straßenrand entdecken.

Anrufschranke mit Klingel

Die Schranken öffnen sich nämlich nur, wenn man auf den Knopf der gelben Sprechanlage drückt und den Fahrdienstleiter anruft. Dann antwortet die blecherne Stimme zum Beispiel: „Im Moment noch Zugverkehr.” Ist die Strecke jedoch frei, aktiviert er den Mechanismus aus der Ferne und macht den Weg frei.

Was klingt wie eine Szene aus einem Heimatfilm, ist in Bengel gängige Praxis. Der etwas ungewöhnliche Bahnübergang ist relativ selten in Deutschland. Hierzulande gibt es noch 482 Schranken zum Klingeln an den insgesamt rund 15.400 Bahnübergängen. Weil sie nur an wenig befahrenen Straßen oder abseits gelegenen Wegen befinden, sind Anrufschranken weitgehend unbekannt.

Auch in Bengel nutzen eigentlich nur noch Landwirte oder LkW-Fahrer die Anrufschranke. Oder Ausflügler, die die Gegend nicht kennen. Denn folgt man dem gängigen Straßenverlauf, führt die Moselstraße durch eine Unterführung auf die K63 nach Kröv.

Attraktionen für Nostalgiker

An der Mosel und in der näheren Umgebung werden noch einige Bahnübergänge mit einer Anrufschranke gesichert. Eine befindet sich zum Beispiel auf der Verbindungsstraße, die von Trier her kommend kurz vor Altrich die Bahngleise kreuzt. Eine andere versperrt an der Moselstrecke bei Pommern den Weg.

Langfristig werden sie wohl verschwinden, denn die Bahn baut eine Anrufschranke nach der anderen ab. Das macht sie erst recht zu einer echten Attraktion.

 

Kaufhaus Vogt, Thomas Vogt, Bengel

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