Kröv: Wo Winzer ihr Geld mit Nacktarsch verdienen

In der Wundertüte Kröv stecken einige ungewöhnliche Sehenswürdigkeiten und jeder lässt einen auf ganz eigene Weise staunen. Wer hinfährt entdeckt eines der ältesten Weingüter der Welt, eine Retro-Tanke und den Nacktarsch. Was ist dort los?

Kröv, Mosel, Aussicht

Blick auf Kröv

Malerische Fachwerkhäuser, ehemalige Klösterhöfe und eine Weinlage, die blank zieht. All das macht Kröv zu einem der beliebtesten Urlaubsziele in der Region. Die Gemeinde liegt an der Mittelmosel, an der Moselschleife zwischen Traben-Trarbach und Bernkastel Kues. Im Sommer brummt es in den Gassen. Auf etwa 2500 Einwohner und Einwohnerinnen kommen circa 2500 Gästebetten, in denen sich Reisende staatlich anerkannt erholen können.

Allerdings ist das Weindorf sogar vielen bekannt, die überhaupt noch nie an der Mosel waren – Menschen in Buxtehude genauso wie in New York. Denn der lokale Riesling hat es in alle Munde geschafft: Wer Kröv hört, der denkt meist auch an Nacktarsch.

Kröv und der Nacktarsch

In den 1970er Jahren hat der Nacktarsch Kröv fast zum Mallorca der Mosel gemacht. Dabei handelt es sich nüchtern betrachtet um die 320 Hektar fassende örtliche Großweinlage. Lange Zeit waren top Einzellagen wie der Steffensberg hinter der werbewirksamen Marke sogar fast in Vergessenheit geraten.

Kroever Nacktarsch, Figur

Prügelnder Winzer in XXL

Um den Ursprung des derben Namens ranken sich viele Legenden: Die eine bringt Götz von Berlichingen als Urheber ins Spiel. Eine andere behauptet, dass der Berg bei Kröv Ähnlichkeit mit dem menschlichen Hinterteil aufweise. Noch harmloser ist die Erklärung, der Nacktarsch sei nur eine Verballhornung des keltischen Wortes „Nackas“, was so viel wie „felsige Höhe“ bedeutet.

Origineller ist die Vision um eine mittelalterliche Abtei, in deren Weinbergen die Kröver Frondienste leisten mussten. Angeblich durften die Winzer nur an einem Tag Trauben für sich selber ernten. Dabei wären die Männer natürlich besonders fleißig. Dem Abt passte das nicht und so versuchte er es mit einer List: Er ließ den Bauern mit Abführmittel versetzte Verpflegung servieren. Zwar ging sein Plan auf, aber die Bauern zogen einfach ihre Hosen und ernteten einfach weiter mit dem „nackten Arsch“.

Doch ob man mit dieser Geschichte Wein bewerben kann? Wesentlich populärer ist deshalb wohl die alte Geschichte vom Winzer, der zwei Jungs den Hintern versohlte, weil sie klammheimlich aus einem seiner Fässer gesüffelt hatten. Der unwitzige Gewaltakt ziert nicht nur seit 1922 unzählige Flaschenetiketten und Häuserfassaden. Der prügelnde Kellermeister kann auch an der Moselweinstraße als XXL-Figur besichtigt werden.

In der Wundertüte Kröv stecken einige ungewöhnliche Orte, und jeder lässt einen auf ganz eigene Weise staunen.

Sehenswertes in Kröv

Tankstelle, Kröv, Mosel

Super, nicht normal: Die kleine Tanke

Super, nicht normal. Ein Hingucker ist die kleine Tankstelle an der Moselweinstraße. Gerade mal zwei Zapfsäulen stehen neben einem winzigen Shop. Das nostalgische Kleinod scheint aus einer anderen Zeit zu kommen, ist aber seit eh und je in Betrieb. 

Augenschmaus. Schräg gegenüber an der Ecke Moselweinstraße und Karolingerstraße zieht das Dreigiebelhaus die Blicke auf sich. Die historisch wertvolle Perle überzeugt seit etwa 1658 als Prototyp moselländischer Fachwerkbaukunst. Der schönste Platz des 350 Jahre alte Weinguts mit Straußwirtschaft ist der Garten.

Dreigiebelhaus, Kröv, Straußwirtschaft

Dreigiebelhaus mit Garten

Kröv und der Kaiser. Trier punktet mit Karl Marx, Bernkastel-Kues mit dem Universalgelehrten Cusanus. Sollte in Kröv gar die Wiege von Karl dem Großen gestanden haben? Tatsächlich wird im Ort die Legende erzählt, nach der der spätere Kaiser in der Reichsvogtei Kröv das Licht der Welt erblickt haben soll. Deshalb steht Karl der Große als Namensgeber Pate für das Hotel Karolingerhof. Dort kann man heute in der Vinoteria 15 offene Weine von Kröver Winzern probieren.

Tatsächlich ist der Geburtsort der späteren Kaisers nicht wissenschaftlich belegt. Wahrscheinlich ist nur, dass es eine der vielen Residenzen seines Vater zwischen Loire und Rhein war. Wer beweist den Krövern also das Gegenteil?

Kurioser Streit um die Weinbrunnenhalle

Weinbrunnenhalle, Kröv, Europa-Brunnen

Weinbrunnenhalle mit Europa-Brunnen

Kurioser Namensstreit. Immerhin drei Fernsehsender reisten damals zur Einweihung der Festhalle in der Moselweinstraße an, auch die Bild berichtete über den „Irren Streit um die Nacktarsch-Halle”. Denn für viele Kröver und Kröverinnen war der vom Gemeinderat beschlossene Name nicht mit dem vier Millionen teuren Neubau vereinbar.

Schließlich einigte man sich auf „Weinbrunnenhalle Kröver Nacktarsch”. Seitdem trägt der Bau nahezu den gleichen Namen wie die früher an gleicher Stelle stehende „Weinbrunnenhalle”. Die wiederum wurde unter der Hand von den Krövern „Sauftempel“ genannt.

Drama Kröver Felssturz

Mächtig Staub wirbelte auch der sogenannte Kröver Felssturz auf. Das Drama, das am Ende keines war, schaffte es sogar in die Hauptnachrichten. Was war geschehen?

Vielen fällt die kahle Stelle im Hang gegenüber vom beliebten Freibad Kröver Reich ins Auge. Tatsächlich war sie der Schauplatz einer Sprengung, die im Mai 1992 bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte.

Kröver Felssturz, Mosel

Hier wurde der Hang gesprengt.

Zuvor hatten Arbeiter Alarm geschlagen: „Ihnen fiel auf, dass sich ein Felsspalt, in den vorher ‘kein Kasten Bier reingepasst hätte’, binnen weniger Wochen auf das Dreifache erweitert hatte”, berichtete der Spiegel.

Damals drohten Tonnen von Gestein in die Mosel zu stürzen und Kröv zu überfluten. Um eine Katastrophe zu verhindern, wurden Sprengspezialisten aus der Schweiz eingeflogen und der wackelige Fels von Profis zum Absturz gebracht. Vor den Augen von Tausende von Schaulustigen hinter Absperrgittern und vorm TV donnerten 35.000 Kubikmeter Gesteinsmassen ins Tal. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Die befürchtete Flutkatastrophe fiel aus.

Wo lag das Kröver Reich reich?

Der Kröver Ortsteil Kövenig ist eine attraktive Wohngegend für Leute, die Ruhe und Frieden suchen. Das 170-Einwohner-Dorf am Fuße des Mont Royal ist durch eine steile Straße über die Moselberge mit Kröv und durch eine Fähre mit dem gegenüber liegenden gegenüber Enkirch verbunden. Hier stoppt die Moselweinbahn auf ihrem Weg von Traben-Trarbach nach Bullay und zurück. 

Obwohl Traben-Trarbach sehr nah ist, gehört Kövenig zur Gemeinde Kröv. Denn schon früher war es Teil des Kröver Reichs (von 755 bis 1790), das aus einem karolingischen Krongut hervorgegangen war. Ein Wandbild am Rathaus der Verbandsgemeinde zeigt das sieben Dörfer zählende Kleinterritorium an der Mosel. Es reichte von Erden, Kröv und Kinheim bis Kövenig und Reil, umfasste aber auch Bengel und Kinderbeuern. Ein Gebiet mit dem endlosem Wald und steilen Hängen. Das Dreigiebel-Haus soll damals das Rathaus gewesen sein.

Kröv war zu dieser Zeit ein selbstständiges Reich mit eigener Gerichtsbarkeit und unterstand direkt dem Kaiser. Etwa 1000 Jahre lang, bis zur französischen Revolution hat es sich behauptet. Den Einwohnerinnen und Einwohnern wurden bemerkenswerte Rechte und Privilegien gewährt. Bei Führungen durch Kröv erfährt man zum Beispiel, warum die Kröver Frauen damals keine Steuern zahlen mussten.

Anmeldung bei der Tourist-Information Kröv, Telefon 06541/9486, www.kroev.de

Superlativ Staffelter Hof und Eis

Die Mächtigen und Reichen ihrer Zeit hatten ihre Weingutshöfe in Kröv. Zu ihnen zählten etwa die Herren von Daun, von Kesselstatt oder Metternich zu Beilstein. Ebenso die Abteien Echternach, Steinfeld und  Himmerod in der Eifel.

Die Reichsschenke zum Ritter Götz (Robert-Schuman-Str. 57) oder der Springiersbacher Hof (Robert-Schuman-Str. 44) zeugen noch heute davon. Eine Besonderheit ist der Staffelter Hof in der Robert-Schuman-Str. 208. Er war der Weinhof des Klosters Stablo (Stavelot) im heutigen Belgien. Auf der Gründungsurkunde des Weinguts ist das Jahr 862 vermerkt. Damit ist es nicht nur das älteste noch bestehende Unternehmen Deutschlands, sondern auch einer der ältesten Weinhöfe der Welt. In der zugehörigen Kulturscheune gehen rund ums Jahr zahlreiche Veranstaltungen über die Bühne. 

Mehr Infos: www.staffelter-hof.de

Cafés, Winkelwerkstatt, Kröv

Eingang zum Café Winkelwerkstatt.

Die Robert-Schumann-Straße ist das Epi-Zentrum des Frohsinns in Kröv. Dicht an dicht reihen sich Winzerstuben, Pensionen und Straußwirtschaften aneinander. Auf den Speisekarten stehen Klassiker wie Schoales, Rieslings-Käse-Suppe oder Nacktarschtorte. Hinzu gesellt sich der Pickert, eine deftige oder süße ostwestfälische Spezialität, im besonders bei Motorradfahrern beliebten Café Winkelwerkstatt.

In der Nachbarschaft steht fast immer eine lange Schlange an Marcello’s Eiseck. Die für viele beste Eisdiele weit und breit punktet mit köstlichen Kreationen wie „Roter Weinbergspfirsich”.

Ausflug auf den Mont Royal

Oberhalb von Kröv liegt der Mont Royal, der nicht nur für das Feriendorf gleichen Namens, sondern für seine Festungsruine bekannt ist. Das gewaltige Bauwerk ließ der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. ab 1687 von seinem Baumeister Vauban errichten.

Zwar wurde das Bollwerk auf dem königlichen Berg schon vor Jahrhunderten gesprengt, doch zurück blieben Reste der gewaltigen Mauern, Kasematten und abenteuerliche Kellergewölbe, die man über schiefe Stufen begehen kann. Ein weiteres beliebtes Ausflugsziel ist der Kletterwald. Zum Weiterlesen: Die geheimnisvollen Reste der Feste»

Wandern mit Ausblick auf Kröv

Moselschleife, Kröv, Wolf

Blick von der Bergkapelle auf Wolf

Vom Europa-Brunnen leitet ein roter Punkt über einen Rundwanderweg durch die Weinberge zum Mont Royal. Der Weg führt an der Grabkapelle Kesselstatt und am Schriftzug „Kröver Nacktarsch“ vorbei. Schon an der kleinen Bergkapelle eröffnet sich ein schönes Panorama.

Doch läuft man weiter über die 12. Etappe des Moselsteigs in Richtung Traben-Trarbach, leitet ein Hinweisschild zu einem besonderen Aussichtspunkt: Denn dort liegt einem die gesamte Kröver Moselschleife zu Füßen. Der Blick reicht über Kröv, den Fluss und den Winzerdorf Wolf auf der anderen Moselseite. Unterwegs weist ein Schild weist darauf hin, das bereits eine Sonderbriefmarke die Kröver Moselschleife zeigte.

Weinfeste in Kröv – mal anders

Während der Saison jagt ein Weinfest das nächste, von denen das Internationale Trachtentreffen auf der schwimmenden Moselbühne in Kröv wohl eines der bekanntesten ist. Inzwischen wurde es in Heimatfieber umbenannt.

Doch es geht auch sportlich: Beim Mitternachtslauf an Pfingsten leuchten Tausende von Kerzen die Strecke aus. Ein Spektakel mit Künstlern, Musik und Feuerwerk. Der beste Läufer und die beste Läuferin werden in Wein aufgewogen. Natürlich mit Nacktarsch.