Es muss nicht immer die Ehrenbreitstein sein. Über Traben-Trarbach gibt es doch noch eine andere Festung, die besichtigt werden kann: Die Mont Royal. Die Sache hat allerdings einen winzigen Haken.
Ihre Ausmaße sind gewaltig. Tatsächlich gehört die Ehrenbreitstein zu den größten erhaltenen Festungen in Europa. Schon von weitem sieht man die imposanten Mauern auf einem Hügel gegenüber der Moselmündung in Koblenz.
Zwar war auch die Mont Royal ein Bollwerk von beachtlicher Dimension. Der französische König Ludwig XIV. (1638-1715) ließ die Festung auf dem gleichnamigen Halbinselberg oberhalb von Traben-Trarbach erbauen. Doch die Ruine gilt immer noch als Geheimtipp, auf die Spaziergänger abseits touristischer Pfade meist nur zufällig stoßen.
Cyberbunker machte Mont Royal bekannt
International bekannt wurde der Mont Royal wegen einer ganz anderen, eher zeitgenössischen Festung, die fünf Stockwerke tief in die Erde ragt. Dabei handelt es sich um eine Immobilie mit krimineller Vergangenheit. Denn der ehemalige Bunker der Bundeswehr war eine der wichtigsten Darknet-Schaltstellen in Deutschland.
Er beherbergte einen Serverpark, über den rund sechs Jahre lang illegale Geschäfte, etwa mit Waffen, Drogen oder ausgespähten Daten, abgewickelt wurden. Aber bei einer filmreifen Razzia im September 2019 zogen Hundertschaften von Polizisten mit Hubschrauberunterstützung die Betreiber des Cyberbunkers aus dem Verkehr.
Vom Cyberbunker zur Mont Royal
Nur wenige hundert Meter von dem mit Zäunen abgesperrten Gelände entfernt liegen die übergrünten Ruinen der Festung Mont Royal. Der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. ließ sie ab 1687 als Teil des sogenannten Eisernen Gürtels zum Schutz der französischen Grenze errichten. Die Pläne dafür lieferte Sébastien Le Prestre de Vauban (1633-1707).
Als treuer Berater des Königs trug Vauban erheblich zu dessen Machtstellung bei. Der französische Baumeister und General gilt als der bedeutendste Militärarchitekt seiner Zeit, war er doch an der Planung und dem Um- und Ausbau von über 170 Befestigungsanlagen in Frankreich und den Nachbarländern beteiligt.
Das Bauwerk von Vaubau an der Mosel
Eines seiner Glanzstücke ist die Garnisonsstadt Neuf-Brisach nahe der deutsch-französischen Grenzen, welche neben elf anderen seiner gut erhaltenen Bauten zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Auch die Festungen in Saarlouis und Luxemburg gehen auf das Konto des genialen Generals.
Die Festung Mont Royal sollte als Operationsbasis und Versorgungsdepot für die rund 12.000 Soldaten starke Rheinarmee dienen. Von dem Plateau aus sollte die Armee in Richtung Osten aufbrechen. Dafür war die Lage auf dem knapp 300 Meter hohen Plateau strategisch ideal, legt sich doch die Mosel als schützende Schleife um den Halbinselberg.
Gigantische Festung auf dem Königsberg
Rund 8000 Fronarbeiter haben damals in einem atemberaubenden Tempo beim Bau der sündhaft teure Anlage auf dem Mont Royal geschuftet. Und tatsächlich standen schon innerhalb weniger Jahre fünf Bastionen, eine Zitadelle und weitere Werke, ebenso wie Privathäuser, ein Teil der Kasernen und über ein Dutzend Plätze und Straßen.
Der drei Kilometer lange Festungswall, auch die schwarze Mauer genannt, erreichte eine Höhe von bis zu 30 Metern. Das Areal breitete sich auf dem Bergrücken über eine Fläche von circa 50 Hektar aus, was etwa der Größe von 70 Fußballfeldern entspricht.
Doch – und genau das ist der Haken: Mit dem Friede von Rijswijk, der den Pfälzischen Erbfolgekrieg im Jahr 1697 beendete, war es mit der Festung Mont Royal auch schon wieder vorbei. Denn im Austausch gegen die Stadt Straßburg, jagten die Franzosen die oberirdischen Bauwerke in die Luft.
Im Laufe der Zeit überwucherten Pflanzen und Bäume die Ruinen, die immer weiter verfielen. Erst ab 1929 wurden die letzten Zeugnisse der Mont Royal ausgegraben – dabei halfen Originalpläne aus Pariser Militärarchiven.
Die Pläne und verschiedene Fundstücke sind während der Öffnungszeiten im Mittelmosel-Museum zu sehen. Aber die Reste der gewaltigen Mauern und Kasematten kann man, wenn man will, rund um die Uhr erkunden.
Die Entdeckungsreise beginnt am Wanderparkplatz in der Nähe des Flugplatzes auf dem Mont Royal, den man von Traben-Trarbach über die K 61 erreicht. Am Kletterwald Mosel Adventure Forest ist ein Faltblatt mit der Wegbeschreibung erhältlich. Doch man kann auch ohne Plan zum Spaziergang durch den wunderschönen Wald aufbrechen.
Festroute führt durch den Wald
Die Festungsroute schlängelt sich durch den Wald zu den gar nicht so leicht zu findenden, oft von Pflanzen überwucherten Überbleibseln. Zwischendurch eröffnen sich links und rechts immer wieder schöne Ausblicke auf die Mosel unten im Tal.
Bemerkenswert sind vor allem die unterirdischen Räume und Gänge, die man über schiefe Stufen begehen kann. Immer mit dabei ist dieses leicht unheimliche Gefühl, denn nur selten begegnet man unterwegs einem anderen Menschen. Denn bis heute hat sich nicht herumgesprochen, wie viel Interessantes die Ruine auf dem königlichen Berg auch nach ihrer Sprengung immer noch zu bieten hat.
Nicht nur Kinder lieben es, in die geheimnisvollen Höhlen zu leuchten. Denn die Festungsanlage im Wald ist wie ein riesiges Freiluftmuseum und gleichzeitig ein Ruhestifter. Und wer es historisch genauer wissen will, schließt sich einer Führung unter kundiger Leitung an. Tickets erhält man bei der Tourist-Information.
Restaurant im Zeichen der Mont Royal
Wer nach Kuchen oder magenfüllenden Speisen sucht, wird zwar in der Flugplatzgaststätte Mont Royal oder im Ferienpark Landal mit zugehörigem Restaurant fündig. Doch vor allem die Alte Stadt-Mühle am Trarbacher Weihertalplatz bietet sich zum Einkehren an – sie steht schon immer in Verbindung mit der Mont Royal.
Denn als noch Wasser das Mühlrad antrieb, wurde in dem Gebäude Baujahr 1680 das Mehl für die Truppen auf dem Mont Royal gemahlen. Sehr viel später zog eine Gaststätte ein.
Zum Essen gibt es Stärkendes wie gebratene Blutwurst nach Mosel-Art, Kartoffelsuppe wie bei Mutter Berta oder Gräwes, das deftige Sauerkraut-Kartoffel-Gemisch. Man sollte allerdings nicht wieder gehen, ohne die Spezialität des Hauses probiert zu haben: Fangfrische Forellen aus dem Becken im Restaurant. Nichts für jene, die sich den Glauben bewahren wollen, dass Fische in Vegetarien auf Bäumen wachsen.
Bei schönem Wetter sitzt man draußen unter Linden, bei schlechtem in der rustikalen Stube unter schweren Tragebalken.
Als die Polizei im September 2019 mit Hunderten von Polizisten und der GSG 9 oben auf dem Mont Royal den Cyberbunker stürmte, nahmen die Beamten zeitgleich drunten in der Stadt-Mühle neun Verdächtige beim Abendessen fest.
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