Viele sehen gerne dabei zu, wenn Schiffe in den Schleusen wie im Fahrstuhl fahren. Doch an einigen Staustufen gibt es noch mehr zu erleben. Mancherorts kann man sogar nach den Sternen greifen.
Ein Ausflug muss nicht teuer sein, die Mosel kann auch low budget. Einige Erlebnisse sind sogar kostenlos zu haben – man muss nur wissen, wo man sie findet. Wie wäre es zum Beispiel damit, erst Schiffe im Fahrstuhl zu beobachten und danach von der Sonne zum Neptun zu spazieren? Das kostet keinen Cent – wenn man sich in den Moselort St. Aldegund begibt.
Anlaufstelle Nummer 1 ist die Staustufe am Ortseingang gegenüber von Neef. Seit über einem halben Jahrhundert versperrt sie Ausflugsdampfern und ellenlangen Kohlefrachtern den Weg. Doch die Barriere ist mit einer Schleuse ausgerüstet, die Schiffe wie ein 165 x 12 Meter großer Lift sieben Metern rauf oder runter befördert.
Schleusen regulieren den Wasserstand
Vor der Kanalisierung der Mosel sah die Flusslandschaft anders aus. Die Mosel lag fast 10 Meter tiefer, an den Ufern zogen sich breite Wiesen und sogenannte Lein- oder Treidelpfade entlang. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein nutzen Menschen und Pferde diese Wege, um die noch motorlosen Schiffe mit langen Tauen flussaufwärts zu ziehen.
Damals hatte die Mosel mal zu viel und mal viel zu wenig Wasser. Ein Problem für die Schifffahrt. War es zum Beispiel im Sommer über lange Strecken trocken, konnte kein Schiff mehr fahren. Ein gewichtiger Grund dafür ist das Gefälle der Mosel. Um den Wasserstand regulieren zu können, wurden ab 1958 Stauanlagen gebaut, die Fahrrinne ausgebaggert und der Fluss damit auf einer Länge von 394 Kilometer schiffbar gemacht.
Heute müssen zwischen Neuves-Maisons in Frankreich und Koblenz 161 Höhenmeter überwunden werden – mithilfe der Schleusen, in denen Schiffe auf Berg- oder Talfahrt gehen.
Moselkanalisierung als Friedensprojekt
Es war eines der ersten europäischen Großprojekte der drei Anrainerstaaten, das seinen Anfang im Mosel-Vertrag von 1956 nahm. Darin einigten sich Frankreich, Luxemburg und Deutschland darauf, den Fluss zur einer europäischen Schifffahrtsstraße auszubauen.
Zwar profitierte zunächst vor allem die Stahlindustrie im französischen Lothringen von der neuen Verbindung mit dem Rhein. Doch es ging um mehr als Wirtschaft: Als die Präsidenten Heinrich Lübke und Charles de Gaulle die Mosel als Großschifffahrtsstraße am 26. Mai 1964 in Grevenmacher mit einweihten, waren die einstigen Feinde einander wieder ein Stück näher gerückt.
Insgesamt wurden 28 Stauanlagen gebaut. In französischen Gewässern entstanden zehn, zwei im gemeinsamen deutsch-luxemburgischen Hoheitsbereich und zehn in Deutschland. Für die Moselaner haben sie den angenehmen Nebeneffekt, das die zugehörigen Wasserkraftwerke zusammen rund 250.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen. Für Sportboote gibt es neben mit Mitfahren in den großen Kammern auch die Möglichkeit, die kleinere Bootgassen per Selbstbedienung zu nutzen.
Staustufen als Sehenswürdigkeiten
Die Schleusen zählen aber auch längst zu den Sehenswürdigkeiten am Fluss. An der Staustufe Grevenmacher zum Beispiel bilden sich Menschentrauben am Ufer, wenn Luxemburgs bekanntestes Passagierschiff „MS Princesse Marie-Astrid” die Schleuse passiert. Und gleich neben der Schleuse in Müden verkauft Moselfischer Christoph Barden geräucherte und frische Forellen und Aale.
Ein Stahlsteg für Fußgänger überquert die gesamte Anlage bei Moselkilometer 1,94 in Koblenz. Die Staustufe wurde bereits 1951 fertiggestellt und ist damit die älteste Anlage im Zuge der Moselkanalisierung. Im benachbarten Besucher- und Informationszentrum Mosellum kann man sich über die Fischwanderung, Schifffahrt und Stromerzeugung in und auf der Mosel informieren.
Und an der mit neun Metern höchsten Staustufe in Detzem lassen sich nicht nur Schiffe, sondern auch Flieger vom Flugplatz nebenan beobachten. Doch längst nicht an jedes der Bauwerke kommt man so nah heran wie in Koblenz oder Detzem. So kann man die Schiffspassage an der Schleuse in Wintrich am besten vom Aussichtspunkt Staustufenblick im Minheimer Wald verfolgen. Aber die Schleuse in St. Aldegund hält sogar einen Besucherparkplatz für neugierige Passanten parat. Also Fuß vom Gas und links ranfahren.
Schleusen in St. Aldegund
Ein schmaler Weg führt direkt an die Kammer. Es ist ein entschleunigendes Erlebnis dabei zuzuschauen, wie sich die großen Schleusentore öffnen, um die vielen kleinen und großem Schiffe durch die Kammer zu manövrieren. Ein Kaffee wäre schön, denn das dauert: Schiff rein, Tor zu, Wasser im Schneckentempo rein oder raus, rund 25 Minuten später schaltet die Ampel auf Grün, das Tor geht auf, der Dampfer kann fahren – man fragt sich, wieviele Wochen ein Kapitän im Laufe seines Berufslebens wohl in Schleusen verbringt. Doch wenn hier überhaupt eine Kaffeemaschine läuft, dann im für Besucher gesperrten Technik-Gebäude.
Dafür ist man auf dem Planetenweg umso schneller unterwegs. Und zwar mit einer imaginären Geschwindigkeit von etwa 15 Milliarden Kilometern pro Stunde. Denn zwischen Sonne und Neptun liegen in St. Aldegund gerade mal 20 Minuten zu Fuß: Ein astronomische Lehrpfad stellt unser Sonnensystem mit seinen acht Planeten im Maßstab 1: 3 Milliarden dar. Er beginnt am Moselufer vor der Kirche. Eine schöne Idee, die die gewaltigen Dimensionen im Weltraum für Laien zumindest etwas begreifbarer macht. Mit dem herrlichen Garten-Café von Leila und Marie Rambo ist auch der Kaffee zum Greifen nah.
Infos zu den Mosel-Schleusen
Insgesamt 28 Schleusen regulieren die Mosel zwischen Neuves-Maisons und der Mündung bei Koblenz. 15 Schleusen befinden sich in Frankreich: bei Neuves-Maisons, Villey-le-Sec, Toul, Fontenoy-sur-Moselle, Aingeray, Frouard-Pompey, Custines, Blénod-lès-Pont-à-Mousson, Pagny-sur-Moselle, Ars-sur-Moselle, Metz, Talange, Richemont, Thionville und Kœnigsmacker.
Eine Schleuse liegt zwischen Luxemburg und Frankreich bei Schengen-Apach, zwei zwischen Luxemburg und Deutschland bei Stadtbredimus-Palzem und Grevenmacher-Wellen. Die zehn Schleusen in Deutschland befinden sich in Trier, Detzem, Wintrich, Zeltingen, Enkirch, St. Aldegund, Fankel, Müden, Lehmen und Koblenz.
Wartung der Schleusen
Jedes Jahr werden die Schleusen zehn Tage für die Schifffahrt gesperrt, damit Expertenteams die Bauwerke unter die Lupe nehmen und gegebenenfalls reparieren können. Die Sperrzeiten werden von der Moselkommission einige Jahre im Voraus bekanntgegeben.
Die Bootsschleusen sind in der Regel von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang benutzbar, zwischen April und Oktober von 6 bis 20 Uhr. Die Schleusenzeiten, Sperrungen und die Feiertagsregelungen stehen auf der Homepage des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Mosel-Saar-Lahn in Trier.