Luxemburger Mosel: Das Großherzogtum schäumt

An der Luxemburger Mosel warten Kellereien, die ihrem Namen alle Ehre machen, fleischfressende Pflanzen und eine schäumende Spezialität. Reisende lernen, dass ein Kippchen keine Zigarette ist.

Luxemburg, Mosel, Ahn

Blick auf die Luxemburger Mosel.

Land der Banken, billigen Tanken und günstig besteuerten Zigaretten – das sind gängige Klischees. Luxemburg ist vielen als Verwaltungssitz der EU, Heimat eines Radiosenders und Jean Paul Junkers geläufig. Aber Wein?

Dass zwischen Wasserbillig und Schengen entlang der Mosel Weinberge stehen, ist vielen ebenso unbekannt wie jener Großherzog Henri von Nassau. Dass liegt wohl auch daran, dass der winzige Ertrag von 1300 Hektar kaum in den Export gelangt. Marc Weyer, Präsident des Luxemburger Winzerverbandes, bezeichnete das heimische Weinbaugebiet einst als „Mückenschiss auf der Weltweinbaukarte”. Zum Vergleich: An der deutschen Mosel stehen 8.661 Hektar unter Reben.

Doch nicht nur deshalb lohnt es sich, die 42 Kilometer lange Weinstraße entlang der Luxemburger Mosel zu erkunden: Wer mag, besucht fleischfressende Pflanzen, Schmetterlinge oder Kellereien, die die Bezeichnung Sehenswürdigkeit verdienen. Rad- und Wanderwege führen kreuz und quer durch die Region, die Faulen lassen sich bei einer Schifffahrt auf der MS Princesse Marie-Astrid über die Mosel tragen. Hinzu kommt so manches kulinarische Aha-Erlebnis.

Sehenswerte Luxemburger Mosel

Op der Spatz, Wasserbillig

Schwäne am Platz Op der Spatz. Gegenüber liegt Deutschland.

Die Route, die hier Wäistrooss heißt, beginnt in Wasserbillig, nur zehn Kilometer von Trier entfernt. Jede Menge Tankstellen stehen Spalier. Nilgänse, Schwäne und Enten bevölkern den wohl bekanntesten Platz der Gemeinde, Op der Spatz: Wo die Sauer in die Mosel fließt, befindet sich der mit 129 Metern über dem Meeresspiegel tiefste Punkt des Landes. Gegenüber, in Deutschland, liegt Oberbillig. Die Solar-Fähre Sankta Maria II. bringt Passagiere und ihre Autos fast geräuschlos hin und her.

In der Nähe des Fähranlegers steht die Skulptur „De Fescher” am Ufer. Worauf es echte Angler abgesehen haben, zeigt das landesweit bekannte Aquarium im Ort, denn im größten der 15 Becken tummeln sich allen Arten aus Mosel und Sauer.

Wasserbillig, Fähre, Fischer-Skulptur

Die Solar-Fähre St. Maria pendelt zwischen Oberbillig und Wasserbillig.

Die Anlage ist zwar recht übersichtlich, dennoch leben Fische aus fünf Kontinenten in den felsige Unterwasserwelten: Vom Silberflossenblatt über Neonfische und Piranhas bis hin zum gefräßigen Kugelfisch. Selbst kleine Kinder haben die Ruhe weg, darauf zu warten, wer wohl als nächstes aus dem Korallenriff hervortaucht.

Schmetterlinge in Grevenmachern

Vom Aquarium geht es in nur wenigen Autominuten in den dschungelartigen Paiperlecksgaart, den Schmetterlingsgarten, am Ortseingang von Grevenmacher. In konstant 28 feuchtheißen Grad geraten Ausflügler zwischen 500 zarten Faltern ins Schwitzen.

Schönheiten in Blau, schillerndem Grün oder Orange flattern herum, die sich manchmal für einen kurzen Moment auf der Schulter eines Besuchers niederlassen. Wer im richtigen Moment dort ist, kann sogar die geheimnisvolle Verwandlung unscheinbarer Puppen in schöne Flügelwesen miterleben.

Schmetterlingsgarten, Grevenmachern, Luxemburger Mosel

Drei von 500 Schmetterlingen im Schmetterlingsgarten.

In Grevenmacher liegt auch die erste Station auf der Entdeckungsreise rund um den etwas anderen Moselwein. Denn an der Luxemburger Mosel ist nicht der Riesling die Nummer eins, es ist der Rivaner, bei uns als Müller-Thurgau bekannt. Auch mit Auxerrois, Pinot Gris und Elbling punkten die Winzerinnen und Winzer.

Vor allem ist die Region Hochburg einer weißen oder roséfarbenen Spezialität, die Luxemburger bei jeder Gelegenheit entkorken. Man trifft sich gerne auf „eng Kippchen”, sprich: ein Glas Crémant. Das schäumende Nationalgetränk wird nach dem Prinzip der Flaschengärung produziert – das kennt man ja vom Champagner.

Wein und Crémant der Luxemburger Mosel

Seit über 100 Jahren reifen in der markanten Sektkellerei Bernard-Massard am Moselufer prickelnde Tropfen vor sich hin. Bei einer Führung wird erklärt, was alles nötig ist, damit sich ein Sekt überhaupt Crémant de Luxembourg nennen darf. So müssen die Trauben beispielsweise von Hand geerntet werden. Verpflichtend sind zudem die Ganztraubenpressung und eine mindestens neunmonatige Lagerung auf der Hefe.

Insgesamt werden im Weinbaugebiet „Luxemburger Mosel” jährlich etwas mehr als 140.000 Hektoliter produziert. Einen Teil davon trinken die Luxemburger beim jährlichen Wain-Schmaachen gemeinsam mit ihren deutschen Nachbarn aus – dank der gratis Schiffspassage zwischen Machtum und Nittel, wo zur gleichen Zeit die Rochus-Kirmes steigt.

Traumschleife drehen in Ahn

Keine acht Kilometer weiter folgt Ahn, das kleinste, aber für viele auch das schönste Örtchen an der Lëtzebuerger Musel. Etwas mehr als 200 Menschen leben in herausgeputzten Häusern, von denen die meisten aus der Zeit um 1900 stammen. Ein Wanderweg führt vom Ortskern über den Palmberg, vorbei an wilden Orchideen und Buchsbaumriesen.

Im beliebten Gourmet-Restaurant Mathes am Ufer stehen Luxemburger Klassiker wie Hecht in Rieslingssoße oder die allseits beliebte „Fritür”, gebackene Moselfische, auf der Karte.

Beste Aussicht vom Wormer Koeppchen

Donatus-Kapelle, Wormer Koeppchen, Luxemburger Mosel

Die Donatus-Kapelle auf dem Wormer Koeppchen.

Es folgt Wormeldingen mit dem Wormer Koeppchen, dem wohl berühmtesten, mit Riesling bestockten Weinberg im Großherzogtum. Ein Sträßchen schraubt sich vom Dorf hinauf zur Kuppe mit der Donatus-Kapelle. Ein wunderbarer Aussichtsplatz, den so mancher gerne mit einem Kippchen genießt.

Das bekommt man unten im Ort unter der Marke Poll Fabaire bei der Genossenschaft Domaines Vinsmoselle. Die Vinothek im Gewölbekeller quillt über von Luxemburger Weinen.

Les Domaines Vinsmoselle sind der Zusammenschluss von sechs Winzergenossenschaften, die knapp zwei Drittel des Luxemburger Weins produzieren, die in mehreren Vinotheken, etwa in Remerschen, Wellenstein oder Grevenmacher zu haben sind. Aber es gibt auch unabhängige Winzer – wie die exklusive Domaine Alice Hartman, direkt an der Brücke nach Wincheringen gelegen. Als Hoflieferant versorgt das Weingut den Luxemburger Monarchen und dessen Besuch.

Domaines Vinsmoselle, Wormeldange, Luxemburger Mosel

Die Vinothek der Domaines Vinsmoselle in Wormeldange.

Weinmuseum in Ehnen

Weiter geht es nach Ehnen. Wenn die Sonne scheint, tummeln sich alle am Moselstrand – bei Eingeweihten „Ehnen Beach” genannt. Wasserskiläufer gleiten rasant übers Wasser, Wakeboarder drehen sich in der Luft und springen über die Wellen, die das Boot erzeugt.

Das Dorf ist durchzogen von engen, verwinkelten Gassen, die den Zusatz „pittoresque” auf Hinweistafeln verdienen. Die Kirche im Dorf ist kreisrund. Doch eine Ausnahmeerscheinung ist auch der Architekt, der sich derzeit mit dem Umbau des Weinmuseums im Ort beschäftigt: François Valentiny arbeitet weltweit, aber auch überall in seiner Luxemburger Heimat findet man seine Handschrift.

Wer sich ein paar Kilometer stromaufwärts über einen Trichterturm am Straßenrand wundert, hat Bekanntschaft mit der Domaine Cep d’Or aus der Feder Valentinys gemacht.

Weinstraße, Luxemburger Mosel

Die Weinstraße führt als breite Autostraße die Luxemburger Mosel entlang.

Das Weingut liegt nur wenige hundert Meter hinter der Mosel-Schleuse in Stadtbredimus – Schauplatz der Picadilly-Party im August. Dann bevölkern Tausende von Luxemburgern das Gelände und genießen das geheimnisvolle Getränk, das dem Volksfest seinen Namen gibt.

Kulinarische Luxemburger Mosel

Nächste Anlaufstelle sind die Caves St. Martin in Remich, der touristischsten Stadt im Miselerland. Dort öffnen sich die Türen zu Kellern, die ihrem Namen alle Ehre machen: Abertausende von Flaschen lagern im Halbdunkeln unterirdischer Gänge, die vor Jahrhunderten unter gewaltigem Aufwand fast einem Kilometer tief ins Kalksteinmassiv getrieben wurden. Allein schon diese Höhlen zur durchschreiten ist ein Erlebnis, obwohl es recht frisch ist. Denn der gelagerte Crémant mag eine konstante Temperatur von 12 Grad.

Der zugehörige Pavillon St. Martin an der Mosel-Esplanade bietet Fisch in vielen Variationen und deftige Gerichte wie Judd mat Gardebounen, geräucherter Schweinenacken mit Saubohnen. Weitere Luxemburger Spezialitäten: Feierstengszalot (kalter Rindfleischsalat), Gromperekichelcher (Kartoffelküchlein), Kniddelen (Mehlknödel) oder Wäinzossiss (Bratwurst) – manchmal bedarf es eines Übersetzers.

Luxemburger Geschichte im Possen-Haus

Um in die Altluxemburger Kultur einzutauchen, lohnt der Katzensprung nach Bech-Kleinmacher, drei Kilometer von Remich entfernt. Bis zu 400 Jahre alt sind die sieben Häuschen, die zum Wein- und Folkloremuseum A Possen verbunden sind. Das Dorf im Dorf zeigt altes Handwerk und das Leben einer typischen Winzerfamilie, die dort im 19. Jahrhundert wohnte.

Nach weiter zurück in der Zeit geht’s inmitten der Weinberge oberhalb des kleinen Ortes. Denn wohlhabende römische Gutsherren ließen sich in dieser exponierter Lage bestatten – die Aussicht könnte nicht schöner sein. Man erreicht das gallo-römischen Grabtempelchen von der Straßenkreuzung Route du Vin / Rue des Caves über Wirtschaftswege aufwärts.

Naturerlebnisse an der Luxemburger Mosel

Etwas versteckt in einer Hofeinfahrt liegt die nächste Attraktion: Der mediterrane Garten in Schwebsange, ein kleines Paradies, in dem Zitronen, Rosen und Lorbeer blühen. Wer über die verschlungenen Pfade läuft, fühlt sich wirklich in südliche Gefilde versetzt. Aber aber auch fleischfressenden Pflanzen und Kakteen gedeihen prächtig an der Luxemburger Mosel. Ein besonderer Hingucker ist die zwei Meter hohen Fuchsie, die aussieht wie ein Baum.

Die ehemaligen Besitzer Charles Roovers und Dieter Lingener haben in 30 Jahren Pflanzen rund 1000 verschiedener Arten und Sorten gesammelt. Nun bietet eine Naturschutz-Stiftung in der Anlage Führungen und Workshops an. Übrigens: Eine gute Adresse für Caravaner ist der Yachthafen in Schwebsange.

Schengen, Mosel, Luxemburg, Haff Réimech

Das Biodiversum im Haff Remich.

Bird-Watcher finden im nahen Remerschen ihr Glück, denn Kormorane, Grauschwalben, Haubentaucher und etliche weitere Vogelarten tummeln sich im Naturschutzgebiet Haff Réimech. So heißt die Landschaft aus Baggerseen, die früher Kiesgruben waren.

Auf einer Landzunge steht ein futuristischer Holzbau: das Naturschutzzentrum Biodiversum. Bei der Planung hatte der Architekt Valentiny ein keltisches Langhaus vor Augen, da Kelten einst hier lebten. In der Ausstellung kann man Köpfe drücken, an Hebeln ziehen und wird zum Beispiel aufgefordert, Vogelstimmen zu imitieren. Noch schöner ist es aber draußen, denn verschiedene Wanderwege führen durchs Naturschutzgebiet und einer der Weiher ist zum Baden freigegeben.

Valentiny Foundation, Remerschen, Luxemburg

Die Valentiny Foundation in Remerschen.

Ein weitere interessante Adresse im Ort ist das Gebäude der Valentiny Foundation. Mit dem extravaganten Neubau hat sich der Luxemburger Architekt ein Denkmal gesetzt: Denn Skizzen, Modelle und Gemälde geben einen Einblick in sein Werk. Ausstellungen wechselnder Künstler, Konzerte und Lesungen bringen Trubel in die Räume.

Europäischer Wein mit Aussicht

Remerschen ist das Heimatdorf des umtriebigen Architekten. Vor allem ist Remerschen Teil der Gemeinde Schengen – eben jenes 550-Seelen-Nest, das mit dem Abkommen 1985 europäische Geschichte schrieb. Die Dauerausstellung im Europa-Museum am Moselufer beschäftigt sich damit.

Weingut Henri Rupert, Schengen, Luxemburger Mosel

Valentiny-Architektur: Das Weingut Henri Rupert in Schengen.

Im Weingut, das über dem Museum im Markusberg thront, entsteht der wohl europäischste Wein. Denn Henri Ruppert ist einer von jenen Winzern, die auch Weinberge in den deutschen und französischen Nachbardörfern besitzen. Wie eine Welle ragt die Kellerei mit dem gewölbtem Dach aus den Reben – entworfen von François Valentiny. Mit einem herrlichen Blick übers Moseltal genehmigen sich die Gäste auf der Terrasse ein Kippchen.

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