Weinbaugebiet Mosel: 29 Fakten für Besserwisser

Wie viele Rebstöcke stehen im Weinbaugebiet? Welches Weingut beherbergt den ältesten Keller? Wo werden Trauben mit Füßen gestampft? Hier gibt es Interessantes und Kurioses von Mosel, Saar und Ruwer. 29 Fakten für Besserwisser.

Erden, Kletterweg, Aussicht

Die bekannte Lage Erdener Treppchen gegenüber von Erden.

1 Worum sich das Leben vieler Menschen an der Mosel dreht, ist nicht zu übersehen, denn schätzungsweise 60 Millionen Rebstöcke stehen in den Weinbergen Spalier. 

2 Die Mosel-Region ist zwar nicht das größte, aber eines der bekanntesten und vor allem das älteste der 13 Weinbaugebiete in Deutschland. Es beginnt in Perl im Dreiländereck und endet etwa 240 Flusskilometer flussabwärts vor der Moselmündung in Koblenz. Rund 98 Prozent der Weinberge liegen in Rheinland-Pfalz.

3 Heute bewirtschaften im Weinbaugebiet etwa 2.800 Betriebe eine Anbaufläche von insgesamt 8.661 Hektar, was der Größe von etwa 12.130 Fußballfeldern entspricht. 

Einzigartiges im Weinbaugebiet

Erzlay, Herres, Piesport, Weinbaugebiet

Nur über den Wasserweg erreichbar: Die Lage Erzlay.

4 An der sogenannten Moselloreley in Piesport gibt es einen Weinberg, der nur per Boot erreichbar ist – bundesweit der einzige dieser Art auf dem Festland. Kein anderer Weg führt zu den rund 500 Rebenstöcken der Lage Piesporter Erzlay, die das Sektgut St. Laurentius betreibt.

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5 Mit dem zehntägigen Moselfest feiert Winningen das längste Weinfest am Fluss. Auftakt ist immer der Freitag vor dem letzten Samstag im August. Ob es sich dabei, wie oft behauptet, um das älteste Winzerfest Deutschlands handelt, ist allerdings nicht belegt.

6 Neumagen-Dhron sagt von sich, der älteste Weinort Deutschlands zu sein. Immerhin sind Weinbau und Handel schon aus römischer Zeit nachgewiesen: Im Ort haben Archäologen das Grabmal eines römischen Weinhändlers in Form eines Weinschiffs gefunden. Das Original aus dem Jahr 220 n. Chr. ist im Landesmuseum in Trier zu sehen, eine Replik steht im Ort. 

Weinschiff, Neumagen-Dhron

Touristenattraktion: Das Weinschiff in Neumagen-Dhron.

Das steinerne Schiff war Vorbild für die Stella Noviomagi , die am Ufer vor Anker liegt. Mit einer Länge von 17,95 Metern und einem Gewicht von etwa 14 Tonnen ist sie das größte im deutschen Sprachraum nachgebaute, schwimmfähige Römerschiff. 

Die Römer im Weinbaugebiet

7 Zwar kümmerten sich vermutlich schon die Kelten um die Pflege von Reben. Aber erst die Römer waren es, die den Weinbau in Weingütern professionell betrieben. Mit Wasser verdünnt, wurde Wein bereits zum Frühstück genossen. Soldaten hatten damals sogar Anrecht auf ein ordentliches Tagesquantum, selbst Sklaven bekamen ihre Ration. 

Damals mischte man Wein Gewürze, Honig und allerlei Merkwürdigkeiten bei. Kalk zum Beispiel, um die Säure zu mildern. Mit Aschenlauge, Schwefel, Gips oder zerstoßenem Marmor wurde der Rebensaft verfeinert oder haltbar gemacht.

Römergräber, Nehren, Sehenswertes

Die Römergräber in Nehren

8 Die Ursprünge der ältesten Weinkeller in Deutschland lassen sich bis in die Zeit der Römer um 330 n. Chr. zurückverfolgen. Sie gehören dem Weingut der Vereinigten Hospitien in Trier und können bei einer Führung oder Weinprobe besichtigt werden.

9 Wichtige Überbleibsel aus der Römerzeit sind die Kelteranlagen etwa in Brauneberg oder Erden. In Piesport brachte die Flurbereinigung eine der größten römischen Kelteranlagen nördlich der Alpen ans Licht: Im vierten Jahrhundert waren bis zu 130 Arbeiter an den sechs Becken mit dem Pressen von Trauben beschäftigt.

10 Die Römer traten die Lese mit bloßen Füßen – wortwörtlich. Die ehemalige Mosel-Weinkönigin Martina Servaty aus Mesenich hat es in dieser Disziplin sogar ins Guinnessbuch geschafft. Beim Wettkampf in Los Angeles 2017 presste sie barfuß 12,76 Liter Saft aus einem mit 50 Kilo Trauben gefüllten Fass. Weltrekord im Traubenstampfen!

Mosel, Weinbaugebiet, Erdener Treppchen

Im Erdener Treppchen

Kirchen und Moselwein im Mittelalter

11 Im Mittelalter gehörten die Weinberge meist den Kirchen und Klöstern. Und manche davon, wie die bischöflichen Weingüter in Trier, bewirtschaften sie noch heute.

12 Der Vorgängerbau von Schloss Thorn gehörte der Kirche. Es liegt bei Palzem und ist das älteste Schlossweingut der Mosel. Namensgeber ist der römische Turm, lat. turris, der unterhalb der herausgeputzten ehemaligen Burganlage stand. Das Gebäude-Ensemble, in dem die Familie von Besitzer Dr. Baron von Hobe-Gelting seit 1534 zuhause ist, versammelt Spuren der Baustile aus dem Mittelalter, der Renaissance und dem Barock. Eine Einzigartigkeit ist die gewaltige Baumpresse im 400 Jahre alten Kelterhaus.

13 Das Kirchengut Wolf bei Traben-Trarbach besitzt den vermutlich einzigen Weinkeller, der direkt unter einer Kirche liegt. Das Weingut wurde von den frommen Brüdern des gemeinsamen Lebens gegründet, die ab 1478 im Wolfer Kloster lebten. Das historische Kellergewölbe unterm Altar entstand rund zehn Jahre später. 

Kirchenweingut Wolf, Weinbaugebiet Mosel, Boor

Der Keller unter der Kirche in Wolf

Weinbaugebiet Mosel, Saar und Ruwer

14 Zum Weinbaugebiet Mosel zählen auch die Regionen um die Nebenflüsse. Deshalb wurde es auch lange Zeit als „Mosel-Saar-Ruwer” bezeichnet. An der Saar sind knapp 700 und an der Ruwer nur etwa 180 Hektar mit Reben bepflanzt. Doch 2006 wurden Saar und Ruwer aus dem Namen des Anbaugebiets ersatzlos gestrichen. Denn das Bundeskabinett befand, dass sich „Mosel” allein international besser ver­mark­ten ließe.

Anders als an der Saar, war es den Ruwer-Winzern bis 2020 nicht mehr erlaubt, den Flussnamen Ruwer als Zusatz auf die Flaschen-Etiketten schreiben zu lassen. Der Grund: Mögliche Verwechslungen mit Weinen des Trierer Stadtteils Ruwer. Weil dort aber keine Weinberge mehr bewirtschaftet werden, kehrte der Name mit dem Jahrgang 2019 auf die Flaschen zurück. 

Wiltinger Bogen, Saar

Weinbau an der Saar: Der Wiltinger Bogen.

15 Das einzige Weinbaugebiet des Saarlandes liegt an der Obermosel in der Gemeinde Perl. Deshalb ist der im Bereich „Moseltor” gewachsene Wein auch ein Moselwein. Der ebenfalls zum Weinanbaugebiet Mosel gehörende Saarwein entsteht ausschließlich in Rheinland-Pfalz, denn an der Saar wird Weinbau nur zwischen Serrig und Konz an ihrer Mündung in die Mosel betrieben.

16 Das Saar-Weingut von Hövel in Konz-Oberemmel weist zwei Besonderheiten auf: Zum einen reift dort der Wein in einem 1100 Jahre alten Gewölbekeller mit 42 Fuderfässern. Zum anderen beherbergt es das weit und breit einzige Korkenzieher-Museum: Rund 2000 Exemplare sind seit 1980 zusammen gekommen.

17 In Senheim an der Mosel hat Dieter Schlagkamp über 40 Jahre lang historische Winzer-, Fass- und Weinbehandlungsgeräte zusammengetragen. Seine Sammlung von über 10.000 Exponaten ist im 1923 erbauten Festsaal im Weingut Schlagkamp-Desoye ausgestellt.

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Riesling, Elbling oder Rivaner?

Mosel, Weinbaugebiet, Winninger Uhlen

Blick auf den Winninger Uhlen

18 Zu Recht wird die Mosel in erster Linie mit Weißwein in Verbindung gebracht. Immerhin fast 91 Prozent der Rebfläche an Mosel, Saar und Ruwer mit weißen Rebsorten bestockt. 

Die Moselaner sind Spezialisten in Sachen Riesling. Satte 5.400 Hektar, macht rund 62 Prozent der Anbaufläche, beansprucht der Platzhirsch für sich. Nirgendwo auf der Welt gibt es ein größeres Riesling-Anbaugebiet. Tipp: Im Spätsommer erkennt man die Riesling-Trauben im Weinberg an den kleinen schwarzen Punkten.

Erst mit großem Abstand folgt der Müller-Thurgau, auch Rivaner genannt. Die Nummer drei fühlt sich vor allem auf den Muschelkalkböden der Obermosel pudelwohl: Es ist der Elbling, den schon die Römer an die Mosel brachten. Die Winzer in Perl, Nittel oder Wasserliesch setzen aber vor allem auf Burgundersorten. 

Berühmte Lagen im Weinbaugebiet

Piesport, Moselloreley, Aussicht

Blick auf Piesport mit dem Goldtröpfchen.

19 Der älteste urkundliche Nachweis des Rieslinganbaus an der Mosel stammt aus dem Jahr 1464. Verzeichnet wurde er in einem der Rechnungsbücher des St. Jacobs-Hospital, das heute zu den Vereinigten Hospitien in Trier gehört und eine Kunstgalerie beherbergt. 

20 Große Namen wie „Winninger Uhlen”, „Wehlener Sonnenuhr” oder „Erdener Treppchen” stehen wie Hollywood-Buchstaben im Hang. Die Weinlagen sind eng mit den Moselorten verbunden. Sie erzählen von der Historie oder Traditionen, gehen auf frühere Besitzer oder Legenden zurück. Eine der winzigsten Traumlagen am Fluss ist der Erdener Prälat, eine gerade mal 1,5 Hektar große Einzellage. Sage und schreibe 14 Weingüter teilen sich dieses rare Fleckchen Land.

21 Die Königslage „Bernkasteler Doctor” gehört zu den berühmten Weinberglagen der Welt. Um die gerade mal 3,25 Hektar ranken sich viele Geschichten. Wahr ist: Im Jahr 1900 erwarb der Geheimrat Julius Wegeler eine 4.300 Quadratmeter große Parzelle am Doctorberg. Er zahlte 100 Goldmark pro Rebstock – allerdings waren die im Keller befindlichen Weine enthalten. So ein hoher Preis wurde in Deutschland nie mehr für einen Weinberg erzielt.

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Bernkasteler Doctor, Weinbaugebiet Mosel

Macht viel her: Der Geräteschuppen im Bernkasteler Doctor

Teuerster Wein im Weinbaugebiet

22 Auch die größte deutsche Kellerei hat in Bernkastel-Kues ihren Sitz: Pro Tag füllt das Unternehmen Peter Mertes am Kueser Moselufer rund eine Million Flaschen und schickt sie in alle Welt.

23 Den teuersten „jungen” Weißwein der Welt hat der Winzer Egon Müller aus Wiltingen an der Saar produziert: Die 2003er Scharzhofberger Trockenbeerenauslese kam 2019 in Trier für 12.000 Euro netto pro 0,75-Liter-Flasche unter den Hammer. Macht inklusive 5 Prozent Auktionsgebühr und 19 Prozent Mehrwertsteuer 14.994 Euro

Bei den jährlichen Versteigerungen des Großen Rings/VDP wechseln immer wieder Raritäten den Besitzer. Gäste aus aller Welt bieten auf die besten Weine des aktuellen Jahrgangs oder aus den Schatzkammern der Güter. Die mit einem Aufkleber als „Versteigerungsweine” ausgezeichneten Gewächse sind nur erhältlich, wenn einer der Käufer seine Flaschen wieder verkauft.

Rotwein-Verbot im Weinbaugebiet

24 Bis Ende des 19. Jahrhundert war der rote Burgunder im Weinberg weit verbreitet. Dann wurden jedoch für Weißwein international bessere Preise erzielt. Nach und nach wichen die roten Reben dem Riesling, und wurden 1933 von den Nazis sogar gesetzlich verboten. Noch bis Ende der 1980er Jahre hatte das Rotwein-Verbot bestand.

Inzwischen ist der Spätburgunder, der Pinot noir, mit etwa 400 Hektar wieder die viertgrößte Sorte im Weinbaugebiet. Der Dornfelder breitet sich auf 296 Hektar aus. Und insgesamt 9,8 Prozent der Rebfläche teilen sich Rebsorten wie Merlot oder Syrah mit Cabernet Sauvignon und Regent, einer Kreuzung aus der weißen Sorte Diana und der roten Sorte Chambourcin. Die südländisch anmutende Sorte wurde erst 1995 freigegeben.

Mehr Steillagen gibt es nirgendwo

Mosel, Weinbaugiet, Calmont

Im Bremmer Calmont

25 Mit circa 3.400 Hektar Weinbergen in Steillagen gilt die Moselregion als das größte Steillagenweinbaugebiet der Welt. Die Hänge sind oft so schwindelerregend steil, dass man sich kaum vorstellen kann, wie sich ein Mensch dort oben überhaupt halten kann, um Trauben zu lesen. 

Der Calmont zwischen Bremm und Ediger-Eller nimmt für sich den Titel „steilste Weinberglage Europas” in Anspruch. Mit einer Neigung von bis zu 68 Grad ist er steiler als der Anlauf der Oberstdorfer Skisprungschanze. Der Hang ist von einem beliebten Klettersteig durchzogen.

26 Noch ein Superlativ im Weinbaugebiet: Die Einzellage Burgener Hasenläufer liegt auf einem Keilberg. Es soll der einzige Weinberg in Europa sein, der auf beiden Seiten mit Reben bepflanzt ist.

27 Warum bauen die Winzer in so schwierigen Lagen überhaupt an? Weil der Wein viel Licht und Wärme braucht, um zu gedeihen. In südlichen Ländern wie Italien wachsen die Reben meist in der Ebene. Aber hier im Norden bekommen sie von beidem mehr an steilen Südhängen ab. Zudem spiegelt der Fluss die Sonne, während der Schiefer ihre Wärme speichert und nachts die Pflanzen damit versorgt.

Mosel, Wehlener Sonnenuhr

Ohne 7 – die Wehlener Sonnenuhr.

Dass die Mosel so viele Schleifen zieht, ist ein Segen. Denn dadurch entstanden reichlich nach Süden gerichtete Hänge. Einige davon sind mit Sonnenuhren markiert. Die berühmteste ist sicherlich die Wehlener Sonnenuhr. Es ist die einzige im Tal, auf deren Zifferblatt die 7 fehlt.

ZUM WEITERLESEN: Darum fehlt die 7 auf der Wehlener Sonnenuhr»

Goldene Zeiten im Weinbaugebiet

28 Der typische Mosel-Riesling ist fruchtig-frisch, mit der Würze des Millionen Jahre alte Schiefergesteins. Schiefer gibt es tatsächlich nur in wenigen Weinbaugebieten.

Um 1900, dem goldenen Zeitalter des Weinbaus an der Mosel, schätzte das alle Welt. Die Herren der Weinberge erzielten für Rieslinge Preise, die sogar jene großer Bordeaux’ überstiegen. Die herrschaftlichen Häuser am Ufer in Bernkastel-Kues und Wehlen zeugen davon.

Villa Breucker, Jugendstil, Traben-Trarbach

Die Villa Breucker, später Nollen

Besonders Traben-Trarbach zeigt, wie wohlhabend die Region war. Es heißt sogar, das Doppelstädtchen sei derzeit der zweitwichtigste Umschlagplatz für den weltweiten Weinhandel nach dem Schwergewicht Bordeaux gewesen. Dort wurden nach den Entwürfen von Bruno Möhring eine Reihe von Villen im Jugendstil errichtet. Darunter die einzige Weinkellerei im Jugendstil, die heute das Buddha-Museum beherbergt.

ZUM WEITERLESENHier glänzt Traben-Trarbach mit Jugendstil»

Renaissance im Weinbaugebiet

29 Zwei Weltkriege, pappsüßer Massenwein und Weinskandale verprellten die Kundschaft. Darauf folgte eine lange Depression, die den gesamten deutschen Weinbau erfasste. Der Ruf des Moselweins war ruiniert. Und es dauerte lange, bis er sich erholte – Dank einer Generation von Winzern und Winzerinnen, die wieder Wein wie ihre Großväter und Vater machen. 

In Steilst- und Terrassenlagen kommt es nach wie vor auf Muskelkraft und teure Handarbeit an. Selbst wenn ein Winzer ackert wie besessen, dauern sämtliche Arbeiten drei- bis viermal so lange wie in flachen Lagen.

Mosel, Weinberg, Vollernter

Ein Vollernter bei der Arbeit.

Anderenorts erleichtern inzwischen Vollernter die Lese. Fußgänger, Rad- und sogar Autofahrer bleiben stehen, um zu beobachten, wie der Fahrer die riesige Maschine über die Rebzeilen lenkt. Von ERO in Simmern im Hunsrück werden die Giganten gebaut. Bei Werksführungen haben Gruppen die Gelegenheit, einen Blick in die Produktionshallen des Marktführers werfen. Mehr Infos dazu unter www.ero.eu.

 

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