Cusanusstift: Wertvolle Bücher und Mosel-Wein

Wissenschaftler und Riesling-Fans mögen das Cusanusstift in Bernkastel-Kues. Denn es beherbergt eine wertvolle Bibliothek und einen einzigartigen Gewölbekeller. In der unterirdischen Vinothek können über 140 Weine verkostet werden.

St.Nikolaus Hospital, Bernkastel-Kues

Das St.Nikolaus Hospital

Bernkastel, ein kleines Städtchen von großem Ruf, hier schlägt das Herz der Mittelmosel. Fast alle Schiffe halten hier an und spülen während der Saison Massen von Touristen an Land.

In der Altstadt passt zwischen die Fachwerkhäuser fast kein Blatt Papier. Am gegenüberliegenden Flussufer hat sich Kues breit gemacht. Der Blick fällt auf das mittelalterliche Anwesen gleich rechts neben der Brücke. 

Cusanus Stift, Bernkastel-Kues., Kapelle

Blick auf die Kapelle

Zwar wirkt der spätgotische Bau wie ein Kloster. Doch er beherbergt eine der bemerkenswertesten sozialen Einrichtungen Europas, die der berühmteste Sohn der Stadt vor über 550 Jahren seiner Heimatgemeinde schenkte.

Damals stiftete Nikolaus von Kues gemeinsam mit seinen Geschwistern ein Altenheim. Damit 33 arme, abgearbeitete Männer dort gut versorgt auf ihre alten Tage leben konnten. Diese Zahl stand für die Lebensjahre Christi auf Erden.

Die prächtige Fassade des Cusanusstift.

Eingang zum St. Nikolaus Hospitel

Aber nicht nur Adelige und Geistliche wurden aufgenommen, sondern auch normale Bürger. Vertreter aus allen Ständen der Gesellschaft lebten gleichberechtigt unter einem Dach. Das war damals mehr als ungewöhnlich. 

Vinothek unter dem Cusanusstift

Das gesamte väterliche Erbe steckte Nikolaus in das Armenhospital. Und benannte es nach seinem Namensvetter, dem Schutzpatronen der Schiffer: St. Nikolaus Hospital. Auch neun Hektar Weinberge der besten Riesling-Lagen der Mittelmosel gehörten zum Vermögen. Deshalb können sich Weinfreunde heute in der benachbarten Mosel-Vinothek für einen Obolus von 23 Euro durch sage und schreibe rund 140 verschiedene Weine probieren.

Im Kellergewölbe unter dem St. Nikolaus Hospital lagern Flaschen von Mosel, Saar und Ruwer. Das Spektrum reicht von unbekannten Winzerbetrieben bis zur Spitze des Bernkasteler Rings. Dr. Loosen und Markus Molitor sind genauso vertreten wie die Weingüter Van Volxem oder Othegraven von Günther Jauch.

St. Nikolaus-Hospital, Cusanus Stift, Vinothek, Bernkastel-Kues.

Der historische Gewölbekeller der Vinothek.

Platzhirsch ist natürlich der Riesling. Aber auch Rivaner, Weißburgunder oder Rotwein stehen zur Selbstbedienung bereit. Und in der Vitrine ruhen jahrzehntealte Schätze – Weine über 40, 50 Jahre alt. Ein spezielles Kleinod in der historischen Unterwelt ist der Säulenkeller, in dem schon in Zeiten von Cusanus Weine gekeltert wurden.

Aus Nikolaus wird Cusanus

Es war ein kluger Kopf, der diese besondere Einrichtung ins Leben rief. Nikolaus Krebs, den die Humanisten später Cusanus nannten, wurde 1401 in Kues geboren.

Von seinem Geburtshaus (mehr dazu: Hier lebte der Weltstar aus Kues) zog er hinaus in Welt und meisterte einen kometenhaften Aufstieg vom Bürgersohn bis in die höchsten Ränge der Kirche. Als eine Art Außenminister des Spätmittelalters war Cusanus jahrelang in päpstlichen Diensten in der Weltgeschichte unterwegs. 

Vor allem regelte der Kirchenmann seine Stiftung so clever, dass sie alle Krisen und Katastrophen überstand. Sie überdauerte Kriege, Hungersnöte und die Schrecken der Nazizeit, ebenso Inflationen und mehrere Währungsreformen. 

St. Nikolaus-Hospital, Cusanus Stift, Kreuzgang, Bernkastel-Kues

Der Kreuzgang im St-Nikolaus-Hospital.

Seit der Einweihung im Jahr 1464 bietet das St.Nikolaus-Hospital ununterbrochen Menschen Fürsorge und Unterkunft. Deshalb gilt es als das älteste Altenheim unserer Republik. Inzwischen leben 65 Männer und auch Frauen im Cusanusstift. Um einen Kreuzgang hat der Baumeister in zwei Etagen die Zellen angeordnet. 

Tatsächlich wurden die Bewohner schon in Zeiten der Schlafsäle mit eigenen Zimmern bedacht. Denn Nikolaus von Kues hatte ein ausgeprägtes Gefühl für die Würde des Menschen. Seiner Zeit voraus, war ihm die Individualität jedes Einzelnen wichtig.

Führung durchs Cusanusstift

Nichts hat der studierte Jurist dem Zufall überlassen, auch die Verwaltung organisierte bis in Detail. In der Satzung verfügte er sogar, dass an der Spitze solle immer ein Geistlicher stehen und im ersten Stock des St. Nikolaus-Hospitals wohne solle.

St. Nikolaus-Hospital, Cusanus Stift, Rektor Leo Hofmann

Rektor Leo Hofmann erklärt die prächtige Stuckdecke im Barocksaal.

Heute wacht Pastor Leo Hofmann über das Erbe des berühmten Philosophen und Kardinals. Der Kirchenmann ist der 56.Rektor des Stifts. Zuvor war er Lehrer für Religion, Deutsch und Kunstgeschichte gewesen. Danach wirkte er 25 Jahr lang im Saarland als Pfarrer. 

Heute kümmert sich Leo Hoffmann um die Belange der Heimbewohner und führt interessierte Gäste durchs Haus. Mehrere tausend Besucher im Jahr lassen sich von dem Rektor bei einer Führung den Barocksaal und die Kapelle zeigen. 

Die Kapelle im St-Nikolaus-Hospital.Hier wurde das Herz von Cusanus beigesetzt

Die Kapelle im St-Nikolaus-Hospital.

Leo Hofmann kennt jeden Winkel in dem spätgotischen Gebäude und erzählt die Geschichten hinter jedem der Gemälde. 

Über der Sakristei liegt die Schatzkammer des Stifts. Verborgen hinter einer schweren Panzertür eröffnet sich die kleine Kathedrale der Bücher. Gut geschützt lagern hier hunderte von bemerkenswerten Werken, manche bis zu 1000 Jahre alt. Darunter einzigartige Werte, die Nikolaus handschriftlich mit Notizen versehen hat.

Es ist die drittgrößte Sammlung mittelalterlicher Handschriften in Rheinland-Pfalz nach den Stadtbibliotheken in Trier und Mainz. 

Cusanusstift, Bernkastel-Kues, Innenhof

Der Innenhof des Cusanusstifts.

Damals war es schwierig, Bücher zu kaufen, deshalb galten die dicken Bände durchaus auch als Statussymbol. Cusanus hat sie teils auf seinen vielen Reisen aufgestöbert, teils als Geschenke erhalten und auch Handschriften mit reich illuminierten Titelseiten für sich anfertigen lassen.

Cusanus wertvolle Bibliothek

Ein Prunkstück der Sammlung ist das im Jahr 1460 auf Pergament gedruckte Catholicon. Denn es stammt aus der Werkstatt von Gutenberg, Cusanus’ berühmten Zeitgenossen.

Insgesamt 316 Handschriften vom 9. Jh. bis zum 18. Jh. werden in dem Raum über der Kapelle verwahrt, natürlich auch die Werke aus der Feder von Cusanus.

Cusanusstift, Bibliothek

Die Bibliothek wurde 1492 gebaut.

Alle Wissensgebiete sind vertreten. Da stehen Schriften zur Philosophie, Geographie und Geschichte, genauso wie Werke über Mystik und Astronomie in den Regalen. Sowohl Kirchliches als auch weltliches Recht. Cusanus besaß damals mehr medizinische Bücher als die Pariser Universität.

Die kostbare Sammlung zeugt von Cusanus’ unglaublichen Wissensdrang, der ihm bis heute den Ruf eines herausragenden Universalgelehrten seiner Epoche einbrachte.

Cusanusstift, Bibliothek, Rektor Leo Hofmann

Rektor Leo Hofmann in der Bibliothek des Cusanusstift.

Als der Kardinal am 11. August 1464 im italienischen Umbrien starb, wurde seine Bibliothek nach Kues gebracht. Denn Cusanus hatte das St. Nikolaus Hospital als Universalerben eingesetzt und im Testament bestimmt, seine Sammlung möge für immer in der Heimatgemeinde bleiben.

Zwar ruht sein Leib in der Kirche San Pietro in Vincoli in Rom, aber auch sein Herz ließ Nikolaus an die Mosel bringen. Es liegt begraben in der Kapelle des Cusanusstifts unter einer Platte vor dem Altar.

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