Zwei Tage lang haben Besucher Zeit, um das Geheimnis von Mythos Mosel zu lüften. Logistisches Geschick hilft, gute Kondition wird empfohlen. Denn wer flott unterwegs ist, kann über 700 Weine probieren.
„Wir soffen uns langsam den Fluss hinab”, notierte Kurt Tucholsky 1930 auf seiner Moselreise. „… und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre. Es war.” Und die Worte des Schrifterstellers und Journalisten gelten noch heute.
Zwar ist das Saufbähnchen, mit dem der Schriftsteller seinerzeit unterwegs war, längst Geschichte. Stattdessen gehen Freunde des Moselweins heute zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf Tour. Auch Shuttlebusse verkehren zwischen den Stationen. Denn einmal im Jahr öffnen rund 30 Weingüter gleichzeitig ihre Tore und beherbergen zudem je drei Gast-Betriebe aus allen Ecken des Anbaugebiets. So schenken insgesamt rund 120 Winzer und Winzerinnen auf einer Strecke von 20 Kilometern ihre Weine aus.
Die Initiatoren dieses Events sind die Moseljünger. Dabei handelt es sich nicht um eine religiöse Gemeinschaft, sondern um einen Zusammenschluss von derzeit 15 Betrieben, in dem keines der Mitglieder älter als 40 Jahre ist. 2014 haben die Männer und Frauen „Mythos Mosel – eine Rieslingreise” ins Leben gerufen, mit der Absicht, dem dem verstaubten Image der Region etwas Frisches entgegen zu setzen.
Mythos Mosel feiert den Riesling
Die Premiere dieser speziellen Jahrgangsverkostung kam gut an. Das sprach sich herum. Inzwischen trinken sich die Besucher immer am Wochenende nach Pfingsten schlückchenweise den Fluss-Abschnitt rauf oder runter.
Das Prinzip: Bei Mythos Mosel wechseln sich drei je 20 Kilometer lange Moselabschnitte turnusgemäß ab. Von Kesten bis Zeltingen (2023), von Ürzig bis Briedel (2024) und von Detzem bis Wintrich (2025). Doch die Auswahl der Weine reicht immer von Winningen bis an die luxemburgische Grenze.
Dabei sind die Weingüter J.J. Prüm, Fritz Haag und Dr. Loosen ebenso vertreten wie Markus Molitor, Selbach-Oster oder Heymann-Löwenstein. Tatsächlich kann jeder mit seinem Tagesticket ab 40 Euro fast das komplette Moselportfolio entdecken. Jedenfalls theoretisch.
Weinarchitektur und Vinotheken
Das Auge reist mit. Zwar sieht Wein immer ziemlich gleich aus. Aber die Häuser in denen er verkostet wird, kann natürlich jeder Weinbauer nach eigenem Gusto gestalten. Zum Beispiel schieferumhüllt wie bei Johannes Schmitz in Ürzig oder bei Axel Pauly in Lieser. Mal futuristisch wie in bei Peter Regnery in Klüsserath. Mal trifft wie bei Daniel Immich in Enkirch Alt auf Moderne. Aus der guten, alten Probierstube sind inzwischen Vinotheken geworden.
Es war der Journalist Jakob Strobel y Serra, der mit seinem Artikel 2013 in der FAZ den Kick für diese Veranstaltung gab. Klar, die Moselaner haben über die Reportage „Der Schönheit wohnt der Schrecken inne” nicht gerade gejubelt. Manche saßen auf der Palme und konnten die Welt nicht mehr verstehen.
Aber einige haben dann eben doch hinterfragt, ob nicht etwas dran ist am Mosel-Ballermann oder dem altbacken-spießigen Charme. Oder der Klage, die Kulturlandschaft sei verkommen zu einem Amüsierrevier sämtlicher Kegelclubs zwischen Rhein und Ruhr.
Mit Mythos Mosel wollen die Winzer und Winzerinnen zeigen, dass die Mosel ganz anders kann. Und wann sonst hat man schon die Möglichkeit, so viele verschiedene Weine auf einer Veranstaltung zu kosten.
Tickets, Termine
Mythos Mosel 2023: 02. – 04. Juni; freitags Eröffnungsveranstaltung, Samstag und Sonntag 10 – 18 Uhr Verkostung in den teilnehmenden Weingütern.
Ort: Kesten bis Zeltingen
Tickets: Samstag 40 €, Sonntag 30 €, 2 Tage 55 € (inklusive Busshuttle), Eröffnungsveranstaltung zwischen 150 und 200 €. Tickets gibt es auf der Homepage www.mythos-mosel.de oder bei den Weingütern am Tag der Veranstaltung.