Warum gibt es den Trierer Dom zweimal?

Der Trierer Dom bietet spannende Details, die längst nicht jeder kennt. Was zum Beispiel ist der Adenauer-Blick? Wo versteckt sich eine Computer-Maus? Und warum gibt es die einzigartige Kathedrale zweimal? Hier wird Unbekanntes und oft Übersehenes gezeigt.

Trierer Dom, Stuckdecke

Die barocke Stuckdecke im Trierer Dom.

Zwar würden lange nicht alle Wissenschaftler unterschreiben, dass Trier die älteste Stadt Deutschlands ist. Aber die Fachwelt ist sich einig, dass ihre Ruinen außergewöhnlich sind.

Es war Konstantin der Große, der sein Augusta Treverorum an der Mosel vor rund 1700 Jahren zur glitzernden Weltstadt ausbauen ließ. Der römische Kaiser war der Bauherr der Kaiserthermen und der nach ihm benannten rostroten Basilika. Auch Teile des Doms gehen auf diese Zeit zurück. Denn er war es auch, der mit dem sogenannten Toleranzedikt ab dem Jahr 313 allen Religionen Freiheit gewährte und der Christenverfolgung damit ein Ende setzte.

Vermutlich gab es bereits seit 270 nach Christus eine christliche Gemeinde in Trier. Die Reste eines ersten großen Kirchenbaus aus den Jahren zwischen 310 und 320 können unter der Dom-Information besichtigt werden.

Trierer Dom, Domfreihof

Blick auf den Dom und den Domfreihof.

Inzwischen blickt die Kathedrale auf eine über 1700-jährige Baugeschichte zurück. Sie hat es zum UNESCO-Weltkulturerbe geschafft und lockt jedes Jahr mehr als eine Million Besucher und Besucherinnen.

Tatsächlich ist die Hohe Domkirche Sankt Peter weit mehr als ein katholisches Gotteshaus: Es ist dieser Mix an Baustilen, der Deutschlands älteste Kirche und gleichzeitig älteste Bischofskirche, einzigartig macht. Denn von der Antike bis in unsere Zeit haben Kunstschaffende und Baumeister nahezu aller Generationen ihre Spuren in und an dem sakralen Gebäude hinterlassen.

Der Trierer Dom ist geschrumpft

Wer heute auf dem Domfreihof vor der Doppelkirche steht, hätte sich im 4. Jahrhundert vermutlich mitten in der Kirche befunden. Denn das römische Gotteshaus war Teil einer monumentalen Kirchenanlage, die mit vier miteinander verbundenen Basiliken zu den größten ihrer Zeit gehört.

Um sich ein Bild zu machen, muss man nur auf den Boden gucken. Denn im Pflaster ist der Grundriss des römischen Domes mit Eisenplatten dargestellt. Zwischen 329 und 346 entstand ein Riesenkomplex, der über den Vorplatz hinaus und bis zum Hauptmarkt reichte. 

Grundriss, Trier Dom, um 380

Grundriss der Kirche um 380

Im Laufe der Zeit wurde der Dom immer weiter ausgebaut, aber Brände und Kriege setzten dem sakralen Gebäude-Ensemble schwer zu. Immer wieder wurden Teile zerstört – zuletzt im Zweiten Weltkrieg – und längst nicht alle baute man wieder auf. Tatsächlich entspricht die Größe es heutigen Doms nur noch etwa einem Viertel der frühchristlichen Kirchenanlage.

Architektur in der Windstraße

Doch einen sehr alten Teil aus der Antike gibt es immer noch. Wem in der Windstraße zwischen Dom und Dompropstei die rötliche Wand mit Ziegeln Auge fällt, der hat den Urbau des Trierer Domes entdeckt. Es sind die Außenmauern des römischen Quadratbaus aus der Zeit um 340, der in den nachfolgenden Jahrhunderten ergänzt und erweitert wurde. 

Trierer Dom, Quadratbau, Windstraße

Gruß aus der Antike: Der Quadratbau

Der große Turm rechts davon wurde im dem 11. Jahrhundert errichtet. Der links am römischen Bau anlehnende Turm kam im späten 12. Jahrhundert hinzu. Und Anfang des 18. Jahrhunderts setzten Baumeister noch eine barocke Kapelle daneben.

Übrigens: Der Name der Windstraße leitet sich tatsächlich vom starken Durchzug in der engen Gasse ab.

Die Legende vom Dom-Stein

Bekanntlich hatte der Teufel beim Bau des Trierer Doms seine Finger im Spiel. Zumindest, wenn man der Domstein-Legende glaubt. In Trier kennt sie jedes Kind. Die Geschichte geht so: Beim Bau des Gotteshauses mussten vier schwere Granitsäulen herangeschafft werden. Als der Teufel vorbei kam, überlegte sich der Architekt eine List. Er sagte, er wolle das größte Wirtshaus der Welt bauen und bat um Unterstützung. Ob er wohl aus dem 350 Flusskilometer entfernten Odenwälder Felsenmeer vier Säulen nach Trier tragen könne?

Und tatsächlich: Der Teufel war einverstanden und holte eine nach der anderen. Doch als er die letzte ablud, erkannte er das Gebäude als Kirche. Außer sich vor Wut, schleuderte er die Säule in Richtung Dom. Doch er verfehlte sein Ziel und sie zerbrach.

In Wahrheit wurde der Domstein 1614 bei Arbeiten unter dem Domfußboden zufällig entdeckt und vor das Portal gelegt. Bei den beiden Bruchstücke handelt es sich um eine von vier Granitsäulen, die einst das Dach des antiken Domes stützten. Doch bei der ersten Zerstörung des Domes im 4. Jahrhundert zerbrach sie. Heute soll es Glück bringen, auf dem Stein nach unten zu rutschen – Generationen von Kindern haben ihn schon blankgeputzt. 

Tipp: Im Museum am Dom wird eine bemerkenswerte Rekonstruktion gezeigt. Der Anblick der 65 Tonnen schweren, zwölf Meter hohen Säule ringt Respekt ab. Nur mit einem enormen Kraftakt konnten die vier Säulen in der Römerzeit aus dem Odenwälder Felsenmeer über den Wasserweg ins 350 Flusskilometer entfernte Trier gelangen.

Der Trierer Dom zum Anfassen

Tatsächlich gibt es den Dom zweimal. Denn vor dem Original, rechts vor dem Eingang der Dominformation, steht ein kleines Bronzemodell der Kirchenanlage. Es zeigt den Dom und die benachbarte  Liebfrauenkirche im Maßstab 1:200. Diese Anlage in Miniatur lädt (nicht nur) Sehbehinderte zur Besichtigung mit den Fingerkuppen ein. Sie ist auf Sitzhöhe angebracht, damit auch Kinder und Menschen im Rollstuhl die Gebäude tastend entdecken können.

Tastmodell, Trierer Dom, Liebfrauenkirche

Dom und Liebfrauenkirche in Bronze

Was ist der Heilige Rock?

Seine Schätze haben den Dom zu einer bedeutenden Wallfahrtsstätte gemacht. Allen voran der Heilige Rock. Dabei handelt es sich angeblich um das Gewand, das Jesus bei der Kreuzigung getragen haben soll. Die Heiligen Helena, Konstantins Mutter, soll es persönlich nach Trier gebracht haben. Wie bei den meisten Reliquien bestehen allerdings Zweifel.

Aber sicher ist, dass es den meisten Augen verborgen bleibt. Denn die Kostbarkeit wird verschlossen in einem Schrein in der nach ihr benannten Kapelle verwahrt und nur äußerst selten gezeigt. Zuletzt im April und Mai 2012. Ein historisches Datum. Denn genau 500 Jahre zuvor hatte die Öffentlichkeit die Reliquie erstmals zu Gesicht bekommen. Seitdem wurde der Heilige Rock insgesamt nur 18 Mal ausgestellt.

Der Heilige Nagel

Längst nicht so bekannt, aber ebenso von enormen Wert, ist der Heilige Nagel, mit dem Christus ans Kreuz geschlagen worden sein soll. Er lagert in der Schatzkammer im Andreas-Tragaltar. Dieser tragbare Altar, auch als Egbert-Schrein bekannt, verwahrt auch die angebliche Sandale des Apostels Andreas und gilt selbst als Meisterwerk der ottonischen Goldschmiedekunst. Weitere Reliquien sind etwa der Schädel der heiligen Helena und ein Zahn des heiligen Petrus.

Sternenhimmel im Trierer Dom 

Der Dom vereint Elemente aus allen Epochen seit der Römerzeit. Dass sich die Kathedrale halten konnte, ist wohl der großen Renovierung zwischen 1960 und 1974 zu verdanken. Damals hatte sich ein Stein aus einem Gewölbe gelöst, es zeigten sich Risse. Untersuchungen brachten eine Beinahe-Katastrophe ans Licht: „Das römische Fundament aus Holzpfählen, auf dem der Dom seit der Antike sicher gestanden hatte, war weg gefault”, ist auf der Homepage des Bistums Trier zu lesen.

Da hat der Dom aber Glück gehabt! Um das Gotteshaus zu retten, wurden 766 Tonnen Kalk und Zement verschafft, hinzu kamen 450 Tonnen Stahl. Insgesamt 39.124.000 Mark kostete die Renovierung. Nach 15 langen Jahre wurde der Trierer Dom am 1. Mai 1974 wiedereröffnet.

Tipp: Wenn man in der Kirche von unten durch den Durchbruch in die Heilig-Rock-Kapelle schaut, sieht man ein vergoldetes Kreuz vor einem Sternenhimmel. Der blauem Hintergrund mit glitzerten Kristallen zeigt genau die Sternenkonstellation vom Tag der Wiedereröffnung.

Wie kommt der Organist zur Orgel?

Dom, Trier, Innen

Schwalbennestorgel (links oben) im Trierer Dom.

Mit ihren 5602 Pfeifen hängt die 30 Tonnen schwere Schwalbennestorgel an der Wand. In 16 Meter Höhe zieht der Organist die Register. Wie kommt der Musiker eigentlich dort hinauf? Tatsächlich fällt die schwarze Holztür im linken Seitenschiff kaum auf. Dahinter geht es mit einem Aufzug noch oben und dann durch einen Gang zum Platz des Musikers mitten in der Orgel.

Das mächtige Instrument hält noch ein originelles Extra bereit: Denn darin wohnt der Hirtengott Pan, der wegen seiner Kopfhörnchen aber auch ein Teufelchen sein könnte. Doch nur, wenn der Organist ein spezielles Effektregister bedient, öffnet sich eine Klappe und der kleine Kerl tritt heraus. Zwar kann er mit seiner Flöte musizieren, doch die Töne klingen schief.

Wo verstecken sich die Dom-Mäuse?

Im Dom wimmelt es von Tieren. Fische, Drachen, Pferde, Schlangen – ein klerikaler Zoo versteckt sich Verzierungen und Bildern. Doch die Stars sind gewöhnliche Mäuse, nach denen sich nicht nur Kinder gerne auf die Suche begeben.

Geschaffen hat sie der Bildhauer Jochem Pechau im Jahr 1974 und auf einem Geländer platziert. Gleich daneben führt eine Treppe abwärts – mehr wird auch hier nicht verraten.

Und noch ein Tipp: Im Kreuzgang versteckt sich an einer der Säulen eine kleine Computermaus. Kein Witz.

Kreuzgang mit Adenauer-Blick

Trierer Dom, Kreuzgang, Friedhof

Adenauer-Blick im Kreuzgang

Fragt man die Menschen in Trier nach ihrem Lieblingsplatz, wird immer wieder der gotische Kreuzgang mit dem idyllischen Innenhof zwischen der Dom und Liebfrauenkirche genannt. Als eine Oase der Ruhe, umgeben von 1700 Jahren Baugeschichte.

Als neuer Ehrenbürger der Stadt hat Konrad Adenauer 1966 an der Ostseite der Kreuzgangs gestanden und von der Aussicht auf das historische Gebäudeensemble geschwärmt. Deshalb spricht man seitdem vom „Adenauer-Blick”.

Sensationsfund im Trierer Dom

Im Museum am Dom ist ein Deckengemälde zu sehen, für das Reisende in Rom wohl Schlange stehen würden. Der 7 x 10 Meter große Schatz wurde in drei Meter Tiefe unter dem Fußboden des Domes gefunden. Immerhin über zehn Jahre haben Archäologen gebraucht, um die etwa 40.000 Teile wieder zusammen zu setzen.

Stimmt die Legende wohl doch, nach der Konstantins Mutter Helena, dem Trierer Bischof Agritius ihren Palast für einen Kirchenbau schenkte? Denn das Gemälde zeigt neben bärtigen Männerköpfen auch vier Frauenportraits, die man als Mitglieder der kaiserlichen Familie zu erkennen glaubt. Eines ist sicher: Der Fund muss wohl aus einem reich ausgestatteten Wohnpalast stammen, der um 330 für den Ausbau des Domes niedergerissen wurde.

Steckbrief Trierer Dom

Trier, Dom, Liebfrauenkirche

Dom und Liebfrauenkirche

→ Mit einer Länge von 112,5 Metern und einer Breite von 41 Metern ist der Trierer Dom das größte Kirchengebäude der Stadt.

→ Gemeinsam mit der Liebfrauenkirche zählt er seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es ist das einzige Bauwerk nördlich der Alpen, in dem seit dem vierten Jahrhundert Gottesdienste gefeiert werden.

Öffnungszeiten: 1. April bis 31. Oktober täglich 10 bis 18 Uhr, sonn- und feiertags 11.30 bis 18 Uhr.
November bis 31. März täglich von 10 bis 17:30 Uhr, sonn- und feiertags 11.30 bis 17.30 Uhr. Es wird darauf hingewiesen, dass Besichtigungen nur außerhalb der Gottesdienste möglich sind.

→ Wahrscheinlich gab es bereits seit 270 eine christliche Gemeinde in Trier. Archäologische Reste einer ersten Basilika aus den Jahren 310 und 320 sind heute in den Ausgrabungen unter der Dom-Information zu besichtigen.

→  Infos zu Führungen: Dom-Information Trier, Liebfrauenstraße 12, Ecke Domfreihof 54290 Trier, Telefon: 0651/979079-2, www.dominformation.de.