Der Kreuzgang am Dom ist ein Meisterwerk und für manche ein Stück Hogwarts in Trier. Wer durch die Arkadengänge läuft, stößt auf den Grummelstuhl, das Beinhaus oder die Portale zu verborgenen Räumen. 11 bemerkenswerte Details.
1 Wo geht’s zum Kreuzgang?
Fragt man die Einheimischen nach ihrem Lieblingsplatz in Trier, landet der gotische Kreuzgang immer wieder auf dem Siegertreppchen. Auch Harry Potter-Fans haben die langen Maßwerk-Arkadengänge um den verwunschenen Innenhof für sich entdeckt – erinnern sie doch optisch an die Zauberschule Hogwarts.
Es ist ein ruhiger und beschaulicher Platz mit kontemplativer Stille und atmosphärischen Lichtspielen an den honiggelben Wänden. Zwar liegt der Kreuzgang direkt neben dem touristischen Hotspot Dom und hinter der Liebfrauenkirche. Aber während Scharen in die beiden von der UNESCO geadelten Kathedralen strömen, verirren sich nur wenige Reisende an diesen imposanten Ort, den französische Steinmetze zwischen 1245 und 1270 gemeißelt haben.
Vielleicht liegt es daran, dass viele den Eingang zum Kreuzgang beim Dombesuch übersehen. Denn er liegt etwas versteckt, ganz vorne im rechten Seitenschiff neben den flackernden Kerzen. Auch am Bischof-Stein-Platz führt ein Durchgang in den Kreuzgang. Der Blick von hier auf das Ensemble ist einmalig.
2 Der Standort Adenauerblick
Von der Ostseite eröffnet sich das wohl schönste Panorama, das man in einem Kreuzgang überhaupt haben kann. Denn an den Fassaden ringsherum lassen sich fast alle europäischen Baustile von der Römerzeit bis heute ablesen. Unzählige Herrscher, Bischöfe und Baumeister gingen ein und aus – so fügen sich verschiedenste romanische, gotische oder barocke Elemente zu einem Gesamtkunstwerk aus 1700 Jahren Architekturgeschichte zusammen. Es ist ein Patchwork der Epochen.
Manche sprechen auch vom „Adenauerblick”, weil der erste Kanzler der Bundesrepublik nach einem Besuch des Kreuzgangs am 30. Juni 1966 von der Aussicht auf das Gebäudeensemble schwärmte.
So findet man den Standort auch ohne Kompass: Vom Eingang aus dem Dom kommend, liegt die Ostseite linker Hand.
3 Gotische Schönheit Liebfrauenkirche
Von der Ostseite aus gesehen erhebt sich links die elegante Liebfrauenkirche. Wie der Kreuzgang wurde auch sie im 13. Jahrhundert gebaut. Zwar hatte schon der Kaiser in der Antike eine zweite Kirche neben den Dom gestellt. Doch als sie verfiel, ließ man sie durch die neue Basilika ersetzen.
Dabei brachten französische Baumeister und Steinmetze aus der Champagne ihr Wissen über Kreuzrippengewölbe, Glasfenstern und Strebepfeiler ein. Und so entstand in Trier an der Mosel eine der ersten gotischen Kirchen Deutschlands – und bis heute sicherlich eine der schönsten.
Übrigens: Das Portal, das vom Kreuzgang in die Liebfrauenkirche führt, ist mit einem Rebstock geschmückt. Bei dem Relief handelt es sich allerdings nicht um einen Verweis auf den Trierer Wein, sondern auf ein Gleichnis Jesus‘: „ Ich bin der Weinstock und ihr seid die Rebzweige.”
4 Greiffenklau-Turm überragt den Kreuzgang
Rechts neben der Liebfrauenkirche reckt sich der sogenannte Greiffenklau-Turm als höchster Kirchturm Triers in den Himmel. Sein Name bezieht sich auf den Erzbischof Richard von Greiffenklau, der den Südwestturm des Doms anno 1517 auf 76 Meter aufzustocken ließ. Mit dieser Baumaßnahme wollte er die Bürgerkirche St. Gangolf am Hauptmarkt übertreffen. Lange Zeit war der Turm sogar das höchstes Gebäude der Stadt – bis ihn 1967 der 135 Meter hohe Fernmeldeturm auf dem Petrisberg überholte.
5 Schätze im Badischen Bau
Der sich rechts an den Greifffenklau-Turm anschließende Bau stammt im Kern aus dem vierten Jahrhundert, der benachbarte Ostchor aus dem Jahr 1196. Die Türme kamen im frühen 14.Jahrhundert hinzu.
Der niedrigere, sich deutlich abhebende Badische Bau entstand im Jahr 1480. Er beherbergt die Dom-Schatzkammer mit all ihren Kostbarkeiten. Den Abschluss bildet seit 1702 die barocke Kuppel der Heilig-Rock-Kapelle, die die wertvollste Reliquie des Doms verwahrt.
6 Gräber in der Weihbischofkapelle
Im Westen des Kreuzganges fällt der Blick auf die Pauluskapelle. Weil sie seit 1870 als Grabstätte der Weihbischöfe dient, wird sie Weihbischofskapelle genannt. Im Stockwerk darüber ist der Kapitelsaal untergebracht. Seit dem 13. Jahrhundert wurden dort fast alle Trierer Erzbischöfe gewählt.
7 Was ist der Grummelstuhl?
An der Wand der Weihbischofkapelle steht unter einem Kruzifix eine Art steinerner Thron. Im Volksmund nennt man ihn Grummelstuhl, womit wohl Gemurmel beim Beten gemeint ist. Aber in Wahrheit wurde an diesem Ort im Mittelalter nach kirchlichem Recht Gericht gehalten. Denn die Domimmunität hatte eine eigene Gerichtsbarkeit innerhalb der weltlichen Stadt Trier.
8 Friedhof im Kreuzgang
Heute ist der Kreuzgang vor allem ein Ort zum Flanieren und Innehalten. Früher versammelte man sich hier und feierte Gottesdienste. Die Glocke an der Außenwand der Kapelle wird nur bei Beerdigungen von Domherren und Weihbischöfen geläutet. Denn der Innenhof des Kreuzgangs ist von jeher auch der Friedhof der Domkapitulare.
9 Drei Engel im Kreuzgang
Nicht alles im Kreuzgang ist uralt: Erst seit 1993 stehen die Drei Engel im Innenhof. Der Bildhauer Ernst Steinacker (1919 – 2008) schuf die Bronzeskulptur nach dem Zitat „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt!” (Hebräerbrief 13.2).
10 Beinhaus im Kreuzgang
Wer den Kreuzgang entlang läuft und dabei auf den Boden guckt, stößt auf eine Steinplatte mit der Inschrift „OSSUARIUM MCMXCI“, neulateinisch für Beinhaus. Darin befindet ein Fenster zu der Kammer unter der Weihbischofkapelle.
In diesem Raum werden die Gebeine und Knochen der Toten aufbewahrt, die bei Bauarbeiten und Grabungen im Bereich des Doms gefunden, aber nicht mehr identifiziert werden konnten.
11 Verborgenen Räume um den Kreuzgang
Der Kreuzgang funktioniert wie eine Art Verteilerkreis, von dem aus alle Gebäude der Kirchenanlage zu erreichen sind. Allerdings stehen nicht alle Räume ständig offen. Etwa der Romanische Saal, wo früher die Schule des Doms für junge Kleriker war. Oder die Grabkapelle des Trierer Doms, die Philipp von Savigny um 1480 in den Badischen Bau einbauen und kostbar ausstatten ließ.
Zu den verschlossenen Bereichen gehören auch das Vikarsparadies und der Gotische Saal, das sogenannte Propinatorium, früher der Ort für Armenspeisungen. Nur wer einen Schlüssel hat, kommt rein. Jedem anderen bleibt die Führung „Verborgenen Räume um den Domkreuzgang”, die über die Dom-Information gebucht werden kann.
11 Mäuse und Köpfe an Säulen
Der Kreuzgang wurde mehrfach umgestaltet und nach Zerstörungen restauriert. Erstmals bereits im 19. Jahrhundert. Auch 1960 bis 1974 sowie 2009 bis 2014 hatten Handwerker alle Hände voll zu tun. Wer genau hinsieht, entdeckt deshalb eine Menge charmanter Details in den Verzierungen an den Säulen im Kreuzgang. Neben den Dommäusen wurden Schnecken, Drachen, Schlangen, Fledermäuse und das ein oder andere Gesicht verewigt. Den Lieblingsplatz der Triererinnen und Trierer zu erkunden, gleicht einem Suchspiel. Wer findet die im Kapitell versteckte winzige Computermaus?
Info Kreuzgang Trierer Dom
Öffnungszeiten: Der Kreuzgang ist durch den Dom oder die Liebfrauenkirche zu erreichen. Die Liebfrauenkirche in zwischen 12.45 und 17 Uhr geöffnet, der Dom zwischen 6.30 und 18 Uhr (in den Wintermonaten bis 17.30 Uhr). Der Eintritt ist frei. Auch am Bischof-Stein-Platz führt ein Durchgang in den Kreuzgang.
Um die Baugeschichte besser zu verstehen, empfiehlt sich eine Führung, die bei der Dom-Information gebucht werden kann. Ebenfalls möglich ist ein Entdeckungsrundgang zu sonst verschlossenen und unzugänglichen Räumen. Dom-Information Trier, Liebfrauenstraße 12, 54290 Trier, www.trierer-dom.de