Stillgelegte Bahnhöfe, Ruinen und verwilderte Herrenhäuser. Lost places, verlassene Orte, faszinieren, gerade weil sie verwahrlost und manchmal ein bisschen unheimlich sind. Hier werden geheimnisvolle Bauwerke an der Mosel vorgestellt.
Durch die geschlossenen Fensterläden dringt schon lange kein Lichtstrahl mehr. Putz bröckelt von der verblassten Fassade, der Regen plätschert vermutlich durchs Dach.
Ein heruntergekommenes Haus, mögen manche sagen. Andere sehen ein geheimnisvolles Anwesen, das entdeckt werden will. Denn es sind gerade die Spuren des Verfalls, die einen einzigartigen Zauber entfalten.
Das Haus Weckbecker, auch Burg Weckbecker genannt. Einst Sitz eines Rittergeschlechts, heute ein verlassener Ort. Seit dem 18.Jahrhundert steht der inzwischen denkmalgeschützte Bau an Ort und Stelle.
Verlassene Orte faszinieren
Weil einige der Nachfahren ihren Teil des Erbes ausgeschlagen haben, steht der Südwestflügel des prächtigen Herrenhauses in Lehmen seit Jahren leer.
Steht man vor dem Gebäude, laufen vor dem inneren Auge Bilder ab, wie es hier wohl mal zuging als das Haus noch voller Menschen war. Als der Betrieb noch lief, Feriengäste hier Urlaub machten und dicke Fässer darauf warteten, aus dem Keller gerollt zu werden.
Doch wo einst vermutlich rauschende Feste gefeiert wurden, machen sich heute Staub und Spinnweben breit.
Der Verfall hat zwar deutlich seine Spuren hinterlassen, doch vieles ist offenbar für die Ewigkeit gebaut: Die hintere Haustür zum Beispiel. Ein Schmuckstück, das vom früheren Glanz erzählt.
Dennoch bleibt die Zukunft der Burg Weckbecker ungewiss. Ob sich jemand findet, der dem Anwesen eine neue Bestimmung zuweist oder ist es für den ewigen Leerstand bestimmt?
Nächster Halt: Nicht mehr da!
Lost Places, verlassene Orte, konservieren den Charme vergangener Zeiten. Etwa der alte Bahnhof in Hatzenport. Seit den 1880er Jahren fuhren die Moselaner von hier hinaus in die Welt. Allein seine Lage zwischen den Rebhängen und dem Fluss machte ihn zu einem der schönsten Bahnhöfe der ganzen Region.
Doch wo früher schwere Dampfloks über die Schienen schnauften, pfeift heute nur noch der Wind durch lose Bretter. Unter den Schuhsohlen knirschen Scherben. Es steht nicht gut um den hübschen Fachwerkbau.
Die Bahnsteige wurden abgerissen, von der Beleuchtung fehlt ebenso jede Spur. Der ehemalige Verladeschuppen rottet stetig vor sich hin. Einige Decken sind eingebrochen, Pflanzen wuchern in jeder Ritze.
Denn mit der Eröffnung des neuen Bahnhofs im Jahre 2004 mitten im Ort, wurde dieses Kleinod etwa einen Kilometer außerhalb der Gemeinde, für immer geschlossen.
Oft schafft die Natur sogar kleine Kunstwerke aus zurückgelassenen Bauten. Das kleine Fahrkartenhäuschen wurde schon erfolgreich von der Natur zurückerobert.
Auch die Unterburg, in der Nachbarschaft von Schloss Berg in Nennig, präsentiert sich inzwischen wie aus Dornröschen entsprungen. Denn Kletterpflanzen erobern den schon lange verlassenen Wohnturm mit der langen Treppe zum Eingangsportal.
Kümmert sich niemand mehr, werden Bahnhof und Burg bald völlig zerfallen. Schade, klebt hier doch die Geschichte von Jahrhunderten an den Wänden.
Besser erging es dem Englischen Bau bei Mesenich. Denn der ehemalige Ortsbürgermeister Peter Haase hat die imposante Ruine gekauft, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Immerhin haben in den riesigen Kellern vor über 150 Jahren Briten Ale und Porter gebraut.
Eine ungewöhnliche Geschichte, die von den ersten Touristen an der Mosel erzählt (mehr dazu hier»)
Verlassene Orte zum Gruseln
Es gibt zwar viele verlassene Orte an der Mosel, doch nur wenige davon sind so angeschlagen, dass ganze Bäume darin wachsen. Der Marienthaler Hof bei Zell-Kaimt ist so ein Ort.
Das stark beschädigte Gemäuer ist schon so zugewachsen, dass man es im Sommer in den Weinbergen fast nicht mehr erkennt. Denn etwa seit der frühen Nachkriegszeit hat man die einst prächtige Villa sich selbst überlassen.
Aber was für manche schlicht eine vergammelte Ruine ist, bedeutet für andere Faszination pur. Schon ganze Generationen von Moselkindern haben sich in dem Gemäuer gegruselt und nach vergrabenen Goldschätzen gesucht.
Landhaus wird zum Lost place
Warum wurde das Haus zerstört und was ist aus den Bewohnern geworden? Welche dramatischen Szenen mögen sich hier womöglich abgespielt haben? Denn manchmal gehen die Menschen aus freien Stücken, manchmal aus finanziellen Gründen. Aber manchmal ist es wie hier höhere Gewalt, die die Bewohner vertreibt.
Alte Aufnahmen zeigen das Haus vor der Zerstörung. Ursprünglich um 1820 von einem wohlhabenden Landwirt namens Andries erbaut, lebte während des Zweiten Weltkriegs eine Berliner Familie in dem klassizistischen Landhaus.
Doch bei einem Bombenangriff im März 1945 ging das gesamte Anwesen in Flammen auf. Zwar überstanden die Besitzer den Brand unbeschadet, doch von ihrer Habe blieb nichts zurück.
Die düstere Atmosphäre beflügelt die Fantasie. Manche Besucher sind sich sicher, die Einschusslöcher noch heute im Mauerwerk erkennen zu können.
An einen Wiederaufbau ist schon lange nicht mehr zu denken. Heute sind gerademal noch Außenmauern erhalten. Und Spuren im angrenzenden Wingert verraten: Wildschweine nutzen das Anwesen als Quartier.
Wo Lieser verfällt
Allerlei Tiere haben auch auf dem verwilderten Grundstück in Lieser ein zuhause gefunden. Ein verlassener Ort, der die perfekte Kulisse eines Horrorfilmes sein könnte. Das Potential dazu hat er. Denn man wartet fast darauf, dass hinter der Gardine im oberen Stockwerk ein Gesicht erscheint.
Schon seit Jahren steht das umzäunte Gemäuer am Moselufer leer. Es macht den Eindruck, als wäre das Anwesen fluchtartig über Nacht verlassen worden. Sogar sein Auto ließ der Besitzer zurück.
Vielen Dank für die Tipps bei der Recherche an Jörg Neidhöfer, Björn Stürmer, Liesel Gippert-Steffens, Ingo Isenberg und an Elisa Schneiders, die beide Fotos zur Verfügung gestellt hat.
Weitere Lost places:
Die geheimnisvolle Niederburg in Nennig»
Die englische Brauerei-Ruine in Mesenich»
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