An Cochem scheiden sich die Geister. Doch die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters. Es gibt mindestens 10 gute Gründe, sich das Postkartenstädtchen an der Mosel genauer anzusehen.
Romantische Perle. Schmuddelkind an Deutschlands schönstem Fluss. Moselballermann. Cochem muss sich viele Bezeichnungen gefallen lassen. Manche schmeicheln, andere eher nicht. Doch der Beliebtheit von Deutschlands kleinster Kreisstadt tut das keinen Abbruch.
„Picturesque at the highest degree”, in höchstem Maße malerisch, schwärmte der Schriftsteller Octavius Rooke im Jahr 1857 in seinem Reiseführer „Life of the Moselle”. Das erkennt man gleich, wenn man um die Kurve biegt und das Wahrzeichen des Ortes am Firmament erscheint. Oben ein Märchengemäuer mit Türmchen, Erkern und Zinnen. Und 100 Meter tiefer spiegelt sich eine bunte Häuserzeile in der Mosel wider.
Britische Künstler waren Schrittmacher des Tourismus in der Region. Ob Frederick Nash, James Duffield Harding, William Callow oder William Turner – einmal auf Deutschland-Reise, führte für viele Maler kein Weg am romantischen Cochem vorbei. Als Influencer ihrer Zeit inspirierten sie Reisende mit ihren Bildern, die das pittoreske Städtchen und die damals noch in Trümmern liegende Reichsburg zeigten.
Heute legen pro Jahr rund 800 Hotelschiffe im Cochemer Hafen an und etwa 1,5 Millionen Tagesgäste schieben sich durch die Gassen der 5199-Einwohner-Stadt. Für Mosel-Romantik bleibt da wenig übrig. Dennoch lohnt der Rundgang unbedingt. Warum das so ist? 10 gute Gründe für den Besuch.
Top-Sehenswürdigkeit Reichsburg
1 Die Reichsburg ist Cochems allergrößter Schatz. Wer weiß, vielleicht gerade weil französische Truppen das Gemäuer im Jahr 1689 in Schutt und Asche legten. Denn rund 200 Jahre darauf kaufte der Kommerzienrat Jacob Louis Fréderic Ravené die Ruine, um sie nach den romantischen Vorstellungen seiner Zeit wieder aufbauen zu lassen.
Damals haben sich die Cochemer wahrscheinlich vor Lachen auf den Schenkel geschlagen. Doch heute wird die Märchenburg des reichen Berliners jährlich von etwa 250.000 Gästen heimgesucht. Kein Wunder, denn es ist alles da, was Burgenfans an alten Gemäuern so schätzen: Vom Rittersaal und Jagdzimmer über wertvolle Täfelungen und Gemälde bis hin zu Kaminen und Kachelöfen.
Wie kommt man hin? Entweder etwa 30 Minuten zu Fuß ab Bahnhof Cochem oder in 6 Minuten mit dem Reichsburg Shuttlebus 781 vom Busbahnhof Endertplatz.
Übrigens: Ravené ist nicht nur Ehrenbürger von Cochem. Tatsächlich diente der Kommerzienrat dem Schriftsteller Theodor Fontane als Vorlage für die Figur van der Straaten in seinem Roman L’Adultera. Und 1879 wurde die Palme Ravenea Hildebrandti nach dem Burgenretter benannt. Sachen gibt’s.
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Reichsburg Cochem: Viel zu schön, um wahr zu sein»
Sehenswerte Altstadt in Cochem
2 Cochems Altstadt hat Berühmtheits-Status. Auch wenn Bomben im Zweiten Weltkrieg arge Lücken rissen – Cochem atmet Geschichte aus jeder Mauerritze.
Am besten erkundet man das Städtchen mit einem Eis in der Hand. Das beste gibt’s schon immer bei der Familie Bortolot. An schönen Wochenenden gleicht der Platz vor der Eisdiele an der Moselpromenade einem Motorrad-Fahrerlager, dazwischen zieht sich eine lange Warteschlange.
Der mittelalterliche Stadtkern von Cochem ist tagsüber Fußgängerzone. Auf Schritt und Tritt begegnet man Fachwerk, Kapellchen und den Resten der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Da ist zum Beispiel das Martinstor. Oder das Enderttor mit der fast 700 Jahre alten ehemaligen Torwächterwohnung und der Wehrturm mit Balduinstor an der Kirchhofmauer.
Im Jahr 1839 malte der Brite William Turner Turner das Enderttor und die angrenzende „Alte Thorschenke” im Miniformat.
Wahrscheinlich ist der Künstler im Jahr 1839 in die Gaststätte eingekehrt. Vermutlich hat er dort sogar logiert – wie schon zuvor Napoleon und andere Prominente. Heute bietet das altehrwürdige Hotel Suiten mit stilechten Möbeln dieser Zeit. Beispielsweise die Maria Theresia Suite, angeblich mit einem Himmelbett aus dem Besitz der österreichischen Monarchin.
Historisches Fachwerk versammelt sich vor allem am Marktplatz mit dem Martins-Brunnen und in seinen Nebengassen. Doch zwei Gebäude stechen auf ihre eigene Art aus der ganzen Pracht hervor: Zum einen das „Schiefe Haus”, das sich seit über 400 Jahren über die Herrenstraße beugt.
Zum anderen das barocke Cochemer Rathaus. Man achte auf das Portal an der dem Marktplatz zugewandten Front: Das Loch in der Tür entstand 1923 durch die Kugel eines Separatisten. Allerdings scheiterte der Versuch, in Cochem die Rheinische Republik zu proklamieren.
Glaskunst in der Kirche St. Martin
3 Auch bei der Kirche St. Martin in der Fußgängerzone lohnt es sich, genauer hinzusehen. Aus dem 15. Jahrhundert stammt der Alte Chor. Es ist der älteste Teil, der die Bombennacht im Januar 1945 überstand.
Für eine katholische Kirche ist das Gotteshaus erstaunlich schlicht. Aber international bekannte Glaskünstler haben die modernen, farbenfrohen Fenster im Alten Chor zu Hinguckern gemacht. Jona und der Wal und andere biblische Szenen sind zu sehen – gestaltet von Graham Jones (Farben) und Patrick Reyntiens (Figürlichkeit) aus London.
Eine Kuriosität bietet die Oberlinger-Orgel mit dem sogenannte Riesling-Register. Denn zieht der Organist den Registerzug „Riesling 2fach”, fährt eine Schublade heraus, in der zwei Flaschen Wein und zwei Gläser liegen.
Tipp: Neben der Kirche, unterhalb der Stadtbücherei mit der netten Bücherzelle, befinden sich öffentliche Toiletten.
Beste Aussicht auf Cochem
4 Cochem verwöhnt mit Panoramablicken. Vom Marktplatz führen alte Steintreppen hinauf zum Klosterberg. Dort befinden sich das alte Kapuzinerkloster von 1623, das heute als Cochemer Kulturzentrum dient, und ein Aussichtspunkt mit Blick auf die Dächer der Altstadt.
Eine super Sicht auf die Reichsburg gewährt der Parkplatz an der B 259, die sich hoch über Cochem durch den Wald schlängelt.
Geheimtipp: Wer abseits der Touristenpfade auf Cochem herunter blicken will, muss auf den Felsen zur Kapelle „Zu den drei Kreuzen” wandern. Sie versteckt sich an exponierter Stelle zwischen Cochem und Sehl im Wald. Die Geschichte der Kapelle geht bis ins 17. Jahrhunderts zurück. Doch als sie baufällig wurde, haben die Cochemer fleißig Geld gesammelt, um 1850 einen Neubau zu finanzieren.
Von ihr hat man einen schönen Blick auf das Moseltal. So kommt man hin: Von der Innenstadt erst dem Wegweiser in Richtung Reichsburg folgen, dann markiert ein Schild den Aufstieg zu den drei Kreuzen.
Tipp: Einen virtuellen Blick auf Cochem ermöglicht die Webcam von Wetter.com. Denn die Kamera auf dem Dach des Hotel Karl Noss sendet nicht nur aktuelle Bilder der Reichsburg in die Welt. Der Panoramschwenk zeigt auch die Skagerrak-Brücke und den Schiffsanleger. Gut erkennbar ist die Moselpromenade und der gegenüberliegende Stadtteil Cochem-Cond.
Sesselbahn zum Pinnerkreuz
5 Der wohl am häufigsten angesteuerte Aussichtspunkt ist das Pinnerkreuz. Es wurde angeblich zum Gedenken an einen Hirten namens Pinn errichtet, der bei dem Versuch, seine Schafe vor dem Absturz zu bewahren, selbst ums Leben kam.
Zwar führt vom Cochemer Bahnhof ein fünf Kilometer langer Wanderweg zum Gipfel hinauf. Doch schon seit 1955 lassen sich Ausflügler mit der Seilbahn auf den Pinnerberg befördern. Bequem und nostalgisch zugleich. Vom Pinner-Kreuz schweift der Blick über die Altstadt, die Reichsburg und die Moselschleife am Naturschutzgebiet Brauselay. Auf der anderen Seite reicht die Sicht bis weit ins wilde Enderttal hinein und zur Winneburg.
Ritterrunde auf der Winneburg
6 Eine Burg ohne Touristenrummel gesucht? Bitte schön: Die Winneburg ist immer noch ein Geheimtipp und damit die wohl einsamste Ruine im ganzen Moselland. Vielleicht liegt es daran, dass der Aufstieg ein wenig beschwerlich ist. Denn vom Carl-Fritz-Nikolay-Platz geht es gut eine Stunde lang steil bergan.
Dort oben mit hängender Zunge angekommen, gibt es keine Reisebusse, aber auch keine Toiletten oder Gastronomie. Dafür gewaltige Reste einer Burg, um die sich eine schaurige Sage rankt. Denn angeblich hatte der Teufel beim Bau die Finger im Spiel. Fröhlich geht’s bei den Ritterrunden im Sommer dort zu: Eine Veranstaltung mit kostümierten Rittern, mittelalterlichen Klängen und kulinarischen Leckerbissen. Die Termine stehen auf der Homepage der Touristen-Info.
Cochem mit Kindern
7 Auch an die Jüngsten ist gedacht: Für sie gibt es nicht nur eine eigene Kinderritterrunde. Denn im nahe gelegene Wild- und Freizeitpark Klotten kann man sich die Zeit mit Attraktionen wie der Wildwasserbahn und mit Füttern von Rotwild vertreiben. Der Park ist zu Fuß vom Pinnerberg zu erreichen.
Vor Ort bietet das Moselbad Cochem neben der 55 Meter langen Wasserrutsche und Wellenbadbetrieb auch Minigolf und einen Campingplatz.
Museen in Cochem
8 Cochem funkelt. Im Edelsteinmuseum in der Unterbacher Straße glitzern Tausende von Steinen aus aller Welt um die die Wette. In dem weitläufigen Museum wird gezeigt, wieviel Mühe es kostet bis aus einem unscheinbaren Rohstein ein Juwel wird. Zudem wird die Entwicklung der Schleifereikunst gezeigt, für die der Hunsrück weltweit bekannt ist.
Am gegenüberliegenden Moselufer in Cochem-Cond steigen Interessierte in ein unterirdisches Stück bundesdeutscher Geschichte. Tatsächlich wusste jahrzehntelang niemand, dass die Banker hier ein Millardenvermögen versteckten. Inzwischen gehört der einst streng geheime Bundesbank-Bunker zu den Top-Attraktionen in Cochem.
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Hier bunkerten Banker 15 Milliarden»
Tipp: An der Moselpromenade im Stadtteil Cond eröffnet sich ein bekanntes Postkartenmotiv. Der Blick fällt auf die bunte Häuserzeile am Fluss und die mächtige Burg, die Cochem ein unverwechselbares Gesicht gibt.
Wer schon immer wissen wollte, was es mit dem kleinen Bau auf dem Fels unterhalb der Reichsburg auf sich hat: Er wurde im Jahr 1666 mit dem Pestheiligen St. Rochus als Namensgeber errichtet. Aus Gründen. Die Pestkapelle wird auch Peterskapelle genannt.
Kulinarisches Cochem
9 Doch Cochem ist nicht nur Historie. Zu den regionalen Delikatessen zählt der Roten Weinbergpfirsich. Immer zur Blüte im Frühjahr und zur Ernte im September feiern die Cochemer die moseltypische Frucht mit Ständen auf dem Endertplatz .
Was es mit dem Früchten auf sich hat, ist hier zu lesen:
Was den Roten Weinbergpfirsich einzigartig macht»
Aber auch Remmidemmi und die Draußen nur Kännchen-Kultur haben in Cochem ihr Revier. Am Marktplatz, dem touristischen Ort der Stadt, geht es zu wie im Taubenschlag. Mittendrin präsentiert sich die neue Cochemer Kaffeerösterei (mehr dazu»).
Während der Barista mit einem Lächeln kreative Kaffeespezialitäten und Zimtschnecken reicht, verdient der Senfmüller unter Tränen sein Geld. Bei einer Führung durch die historische Senfmühle können sich Interessierte zeigen lassen, wie Gourmetsorten entstehen. Aber die Original-Rezepte aus dem 15. Jahrhundert bleiben natürlich geheim. Zu den neusten Kreationen gehört der „Riesling Senf Cochem”.
Mit Moselblick und Kuchen aus der hauseigenen Konditorei punktet das im Jahr 1749 eröffnete Hotel Germania. Nichts gegen Schnitzel – doch wer nicht in einem der typischen Schnitzellokale einkehren will, geht Zum Onkel Willi (der Senior-Chef ist Konditormeister!) oder vielleicht auf einen Bürger ins Neos.
Gerammelt voll ist fast immer Et Da Vinci, das mit Pizza & Pasta, Kölsch, Moselwein und den flotten Sprüchen des fröhlichen Inhabers überzeugt. Oder soll es etwas Traditionelles sein? Die ganze Palette moseltypischer Spezialitäten kommt jährlich am letzten August-Wochenende beim Heimat- und Weinfest auf den Tisch. Wer nicht so lange warten will: Beim kleineren Cochemer Weinlagenfest im Juli werden Wein- und Schlemmer-Stände mitten in den Weinbergen aufgebaut.
Ausflüge ab Cochem
10 Als Kreisstadt des Landkreises Cochem-Zell liegt Cochem in der Landschaft der Terrassenmosel. In der Nachbarschaft erhebt sich der steilste Weinberg Europas über die wohl berühmteste Moselschleife bei Bremm. Die schönsten Aussichtspunkte reihen sich auf dem Calmont-Klettersteig aneinander.
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Calmont Klettersteig: Todesangst über der Mosel»
Durch den Kaiser-Wilhelm-Tunnel ist Cochem mit Ediger-Eller verbunden. Die Gemeinde entspricht ganz und gar dem Idealbild eines moselromantischen Dorfs. Kaum am Bahnhof in Eller ausgestiegen, eröffnet sich schon der Blick auf die Moselschleife.
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Fachwerk-Romantik wie vom Zuckerbäcker gebaut»
Wander-Tipp abseits der Touristenströme: Der Neefer Petersberg im Inneren der Schleife ist von magischen Orten durchzogen.
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Ab in die Schleife zum Wandern»
Auch Beilstein ist nur einen Katzensprung entfernt: Es sieht aus wie eine Filmkulisse – und wurde auch schon als solche genutzt. Ganz oben thront die Ruine der Burg Metternich. Ein fabelhaftes Gemäuer!
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Burg Metternich: Zum Herrschen geeignet»
Es gibt auch Abenteuerliches zu sehen: Etwa die etwa dreißig Autominuten entfernte Hängeseilbrücke Geierlay.
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Über diese Brücke musst du gehen»
Lust auf eine besondere Wandertour durch unberührte Natur? Dann raus aus der Altstadt und rein ins Tal der Wilden Endert. Ein Geheimtipp für alle, die gerne an einem Bach entlang durch urwüchsige Natur mit viel Wald wandern wollen.
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