Moselsteig: Da muss man durch

Der Moselsteig zählt zu den beliebtesten Fernwanderwegen im Land. Auf der Strecke gibt es überall Wein, Burgen und Aussichten zum Heulen schön. Wer wilde Flussschleifen und steile Weinberge liebt, nimmt jeden der 365 Kilometer unter die Füße.

Graach, Zeltingen, Aussichtspunkte

Blick auf Graach bis zur Staustufe in Zeltingen.

Ein steiniger Pfad schraubt sich in Serpentinen durch den Berg. Rechts hohe Natursteinmauern, links Rebstöcke soweit das Auge reicht. Auf einem Felsvorsprung hat sich eine kleine Menschenmenge versammelt. Ein Geländer verhindert, dass die Wandergruppe das Tal schneller erreicht als gewollt.

Die Sonne wirft warmes Licht auf den Fluss, der eine Kurve nach der anderen nimmt. Unten flitzen winzige Autos geräuschlos am Ufer entlang, Fachwerkhäuser spiegeln sich im Wasser. „Fast schon kitschig, so schön ist das”, sagt eine Frau über die Landschaft, die ihr da zu Füßen liegt. „Postkartentauglich”, bestätigt ihr Begleiter.

So verläuft der Moselsteig

Ja, auf dem Moselsteig läuft es sich romantisch. Zwischen dem Startpunkt in Perl an der deutsch-französisch-luxemburgischen Grenze und dem Ziel bei Güls, einem Vorort von Koblenz, wimmelt es vor Aussichten zum Heulen schön. Dabei folgt der Fernwanderweg über 365 gut ausgeschilderte Kilometer dem Fluss, der sich so wenig begradigt wie kein zweiter durch eine Bilderbuchlandschaft schlängelt.

13 Mal wechselt der Steig die Uferseiten. Er führt über bequeme Wege und schmale Schieferpfade, an Schluchten entlang in steile Höhen, den Berg hinauf und wieder hinunter. Wer die gesamte Strecke hinter sich gebracht hat, hat insgesamt stolze 11.000 Höhenmeter bewältigt. Zusätzlich wurden noch abzweigende Rundwege ausgezeichnet, die sogenannten Traumpfade und Seitensprünge. Immer wieder kommen neue hinzu.

Ediger-Eller, Moselsteig

Ediger-Eller und der Calmont.

So viel Schönes hat man selten für sich alleine. Der Moselsteig hat sich längst zu einem Magneten für Menschen jeden Alters entwickelt und auf Anhieb die Auszeichnung „Leading Quality Trail – Best of Europe“ eingeheimst. Sogar Kinder machen sich freiwillig auf die Socken.

Fragt man die Leute, was sie umtreibt, ist von Entschleunigung die Rede. Vom meditativen Rhythmus des Gehens. Sie wollen der Natur nahe sein, abschalten vom Alltagsstress. Und an der Mosel ist das eben sehr einfach: Smartphones haben im Tal oft sowieso keinen Empfang. Vor allem aber gedeihen hier nicht nur feine Weine, sondern eben auch Wanderwege für jedermann.

In 24 Etappen auf dem Moselsteig

Welcher Abschnitt des Moselsteigs der schönste ist? Schwer zu sagen. Die 24 Etappen, je zwischen 11 und 24 Kilometer lang, sind abwechslungsreich. Einige sind eher leicht zu gehen, andere anstrengend und höllisch steil.

Immer wieder ändert die Landschaft ihr Gesicht. Der Weg führt, etwa bei Nittel (Etappe 3), an steilen Felswänden und wilden Orchideen vorbei, aber auch am größten wild wachsenden Buchsbaumbestand nördlich der Alpen bei Karden (Etappe 20).

Am Aussichtspunkt Dreiländerblick in Perl (erste Etappe) kann man sogar mit einem Fuß in Deutschland und dem anderen in Frankreich stehen. Verwitterte Grenzsteine zeigen, dass sich der Moselsteig durch beide Ländern schlängelt.

Sehenswertes am Moselsteig

Mont Royal, Traben, Moselsteig

Die Festungsruine Mont Royal.

Links und rechts des Pfads gibt es einiges zu entdecken. Burgen zum Beispiel, Herrschaftshäuser oder altehrwürdige Klöster. An jeder Ecke steht so ein steinernes Monument, das von früheren Machtansprüchen und vom Alltagsleben der einstigen Bewohner des Tals erzählt.

Über Kröv leitet der Steig nicht nur an einem schönen Kletterwald vorbei, sondern auch durch die Überreste der ehemaligen Festung Mont Royal. Ludwig XIV. ließ das riesige Bollwerk ab 1687 errichten. Heute kann man noch die Reste der gewaltigen Mauern und Kasematten sehen und in die freigelegten Kellergewölbe steigen.

Aussicht Kanonenbahn, Reiler Hals. Moselsteig

Aussicht vom Reiler Hals auf die Kanonenbahn-Strecke.

Viel sehen kann man auf nur wenigen Wanderkilometern zwischen Pünderich (Etappe 14) und Alf: Den Prinzenkopftunnel, das längste Hangviadukt im Land und die erste Doppelstockbrücke. Dieser Abschnitt der sogenannten Kanonenbahn zählt für viele zu den schönsten Eisenbahnstrecken im Land.

Noch berühmter wurde allerdings eine andere Eisenbahnlinie, die hier zwischen 1905 und 1962 mit gerade mal 40 Stundenkilometern verkehrte. „Wir soffen uns langsam den Fluss hinab“, schrieb Kurt Tucholsky über seine Fahrt mit diesem Zug. „Wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bulley hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre. Es war.“

Piesport, Moselloreley, Aussicht

Blick auf Piesport mit dem Goldtröpfchen.

Das Bähnchen ist zwar längst Geschichte, doch noch immer kommen sie in Scharen, um beim Wein nach dem Rechten zu sehen. Mal im Glas, mal dort, wo er wächst. Deshalb schmettern einem auf dem Moselsteig Passanten „Guten Tag!“ mit allen möglichen Akzenten entgegen. Der Boden, auf dem sie laufen, ist übersät von Schieferbruch, eben jenem Gestein, das dem Riesling seinen typisch mineralischen Charakter einhaucht. Über schiefe Treppchen schleppen sie sich schnaufend durch die Reben hinauf zum Gipfelkamm.

Tiere und Pflanzen am Moselsteig

Smaragdeidechsen sonnen sich auf Felsen, Falken ziehen über den Köpfen ihre Kreise. In den Weinbergen summt und brummt es. Wermut und buschiger Mauerpfeffer sprießen durch das alte Gestein. Da wachsen der Goldlack und der Aufrechte Ziest. Wundervoll, diese Namen.

In schöner Regelmäßigkeit legt sich den Wandernden auf dem Moselsteig die Mosel zu Füßen und erzählt in aller Seelenruhe von der typisch deutschen Gemütlichkeit. Durchs Wasser pflügen Ausflugsdampfer, die zum Abkürzen verführen. Was soll’s, wer nicht mehr Schritt halten kann, fährt halt eine Etappe. Von der ausgeschilderten Route sind die Mosel-Orte selten weiter als zwei Kilometer entfernt.

Städte und Dörfer am Moselsteig

Trier, Moselsteig, Aussichtspunkt Weißhaus

Trier von der Villa Weißhaus aus gesehen.

Der Moselsteig passiert zum Beispiel Trier, die erste große Station der Mosel auf deutschem Boden. Goethe, den es in den Wirren der französischen Revolution in die Gegend verschlug, nannte die wohl älteste Stadt Deutschlands noch despektierlich ein Pfaffennest. Heute gilt sie vor allem als eine Art begehbares Freilichtmuseum. Die Porta Nigra, das Amphitheater, die Kaiserthermen. Seit gut 2000 Jahren spannt sich die Römerbrücke über die Mosel.

Antike Spuren findet man in der Region an fast jeder Ecke. Etwa 15 Kilometer von Trier entfernt wurde in Longuich die Villa Urbana ausgegraben und rekonstruiert. In Neumagen-Dhron liegt das nachgebaute Römerschiff Stella Noviomagi, der Stern von Neumagen, vor Anker. Flussabwärts fließt in Piesport schon seit Römertagen das Goldtröpfchen ins Glas.

Seitensprung nach Veldenz

Veldenz, Aussicht, Schloss, Moselsteig, Seitensprung

Blick auf Thalveldenz.

Vom Wasser wegbewegen muss man sich, um nach Veldenz zu gelangen. Das Tal am Fuße der Hunsrückberge ist schon wegen der schönen Aussichtspunkte den Seitensprung wert. Romantisch thront die Ruine des ehemaligen Grafen über dem Ortsteil Thalveldenz-Hammer. Wer im richtigen Moment dort ist, sollte die Gelegenheit für eine Besichtigung des schönen Rittersaals nutzen. Denn nur einmal pro Woche öffnet die Besitzerfamilie das Tor für Besucherinnen und Besucher.

Nicht weit entfernt präsentiert Lieser das nächste Schloss. Erbaut hat es die steinreiche Familie Kirsch-Puricelli gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Nicht nur der Hochadel, auch der deutsche Kaiser Wilhelm II. ging hier ein und aus, um seinen Minister Clemens Freiherr von Schorlemer-Lieser zu besuchen. Heute beherbergt das Historismus-Schätzchen ein luxuriöses Hotel mit Restaurant.

Schloss Lieser, Moselsteig, Bernkastel

Schloss Lieser in Lieser.

Schräg gegenüber liegt Bernkastel-Kues. Mit der historischen Altstadt, nahezu unglaublich vielen Touristen und der Burg Landshut als Krönung. Von dort führt der Moselsteig über die Weingärten nach Zeltingen-Rachtig. Gleich gegenüber überrascht Wehlen mit Bier. Im 13. Jahrhundert lebten dort die Nonnen des Zisterzienserordens, heute beherbergt das Kloster Machern eine Brauerei. Mal etwas anders an weinseligen Mosel.

Panorama auf Etappe 12 und 22

Einen Katzensprung entfernt, nimmt im Winzerdorf Ürzig mit der zwölfte Etappe der Höhenweg bis Traben-Trarbach seinen Lauf. Vom 352 Meter hohen Plateau des Burgbergs hat man den besten Blick aufs Tal mitsamt der umstrittenen Hochmoselbrücke.

Thurant, Bleidenberg, Aussicht, Moselsteig

Beste Aussicht auf die Burg Thurant.

Eine ganze Reihe an Aussichtspunkten verspricht die Etappe 22, die in Löf startet und über den „Sieben-Fußfälle-Kreuzweg” auf den Bleidenberg führt. Man trifft auf einen Wald-Elefanten und die Burg Thurant.

Wo der Moselsteig am schönsten ist

Für viele sind die Etappen 11 bis 18, zwischen Bernkastel und Cochem, die schönsten. Mittendrin erhebt sich der Calmont mit einem Respekt einflößenden Steigungswinkel von satten 65 Grad. Der Klettersteig, der durch den Weinberg führt, ist wirklich kein Geheimtipp mehr. Aber selbst wenn Dutzende unterwegs sind, kann dies dem Charme der Landschaft wenig anhaben.

Mosel, wandern, Calmont-Höhenweg

Aussichtspunkt auf dem Calmont Höhenweg.

An seinem Fuß liegt Ediger-Eller voller Fachwerkbauten aus drei Jahrhunderten auf engstem Raum. Ein so typisches Moseldorf bekommt man nur noch selten zu sehen. Doch anders als das nahe gelegene  Beilstein gilt das romantische Kleinod noch als Geheimtipp.

Über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist Cochem mit der Reichsburg. Schon von weitem sieht man das Wahrzeichen der kleinen Stadt. Etwa im 11. Jahrhundert auf einem Bergkegel erbaut, wurde sie später zwar völlig zerstört. Doch der reiche Berliner Kaufmann Ravené kaufte das Gemäuer und ließ sie im Stil der Burgenromantik in den Jahren von 1868 bis 1877 wieder errichten.

Cochem, Moselsteig

Die Reichsburg in Cochem.

Wer in eine „echte” Burg hineinsehen will, der stapft bei einem Abstecher von Etappe 20 durch den Wald zur bestens erhaltenen Burg Eltz. Völlig unzerstört thront das Sammelsurium aus Türmen, Erkern und Gauben seit fast 900 Jahren auf einem Felsen im einsamen Tal der Elz. Menschen kommen zuhauf, um die Burg vom alten 500-Mark-Schein zu sehen. In der Nachbarschaft winkt die Burg Pyrmont und lädt zu einem Abstecher ein.

Wer schafft Etappe 24?

Bei Kobern-Gondorf (Etappe 22) verläuft sich der Besucherstrom, denn in der Gemeinde kurz vor dem Ende des Moselsteigs haben sich gleich zwei Schlösser und zwei Burgen versammelt. Dafür bietet Winningen, die nächste Station (Etappe 23), viele Straußwirtschaften und Restaurants.

Zwar sind es von dort nur noch 15 Kilometer über die letzte Etappe bis zum Ziel in Koblenz. Doch sitzt man in einem der idyllischen Höfe, lösen sich alle Pläne in Luft auf. Der Weinberg ruft? Ach, soll er doch schreien bis er heiser wird. Hat man sich erst einmal mit dem Glas in der Hand gemütlich niedergelassen, ist der Tag sowieso gelaufen.

 

Moselsteig – alle Etappen

Etappe 1: Perl – Palzem (23,85 Kilometer ) längste
Etappe 2: Palzem – Nittel (16,36 Kilometer)
Etappe 3: Nittel – Konz (22,5 Kilometer)
Etappe 4: Konz – Trier (21, Kilometer)
Etappe 5: Trier – Schweich (19,6 Kilometer)
Etappe 6: Schweich – Mehring (12,5 Kilometer)
Etappe 7: Mehring – Leiwen (14,5 Kilometer)
Etappe 8: Leiwen – Neumagen (14,1 Kilometer)
Etappe 9: Neumagen – Kesten (18,9 Kilometer)
Etappe 10: Kesten – Bernkastel-Kues (15,9 Kilometer)
Etappe 11: Bernkastel-Kues – Ürzig (17,1 Kilometer)
Etappe 12: Ürzig – Traben-Trarbach ( 15,1 Kilometer)
Etappe 13 : Traben-Trarbach – Reil (15,2 Kilometer)
Etappe 14 : Reil – Zell (12,4 Kilometer)
Etappe 15 : Zell – Neef (19 Kilometer)
Etappe 16: Neef – Ediger-Eller (11,4 Kilometer)
Etappe 17: Ediger-Eller – Beilstein (16 Kilometer
Etappe 18: Beilstein – Cochem (13,5 Kilometer)
Etappe 19 : Cochem – Treis-Karden (23,9 Kilometer)
Etappe 20 : Treis-Karden – Moselkern (13,6 Kilometer)
Etappe 21 : Moselkern – Löf (13,8 Kilometer)
Etappe 22: Löf-Kobern-Gondorf (13,7 Kilometer)
Etappe 23: Kobern-Gondorf – Winningen (13,9 Kilometer)
Etappe 24: Winningen – Koblenz (15,3 Kilometer)