Beilstein zieht magisch an. Denn hier gibt es eine Burg, die pure Moselromantik – und es gibt Rainer Vitz. Seine Stadtführungen sind es, die den Beilstein-Besuch zu einem echten Erlebnis machen.
Zwischen steilen Weinbergen drängelt sich ein Häusermeer, davor nimmt die Mosel elegant eine Kurve. Auf einem Hügel thront die barocke Karmeliterkirche und auf der anderen Seite die Burg Metternich – vielmehr deren Reste. Das kleine Beilstein ist ein Gesamtkunstwerk, dem man sich am besten vom gegenüberliegendem Moselufer nähert.
Nachdem man den Anblick lange genug bewundert hat, nimmt man die Fähre von Ellenz-Poltersdorf oder nach Feierabend die nächste Brücke, um durch das mittelalterliche Dorf zu bummeln. Ganz Beilstein besteht aus blumengeschmückten Fachwerkhäuschen, verbunden durch Torbögen, verwinkelten Gässchen und Stiegen. Alles ist winzig klein. Hier kennt wirklich noch jeder jeden.
Eines der schönsten Dörfer an der Mosel
Mit einem Schoppen Wein auf einer der Terrasse sitzen, etwa am Alten Zollhaus oder bei den Lipmanns, und dabei den Dampfern auf der Mosel zusehen: Das ist so gemütlich, dass dieses Wort, das es nur in unserer Sprache gibt, vermutlich in Beilstein erfunden wurde.
Das historische Kleinod wirkt wie aus der Zeit gefallen. Ein Dorf wie aus dem Märchen. Der Beiname „Dornröschen der Mosel” kommt nicht von ungefähr. Denn das mittelalterliche Stadtbild blieb wie in kaum einen anderen Moselort weitgehend erhalten.
Die Armut ließ bauliche Veränderungen in der Vergangenheit gar nicht zu. Zudem konnte man Beilstein lange Zeit nur über den Wasserweg erreichen. Es gab an der Mosel keine Zufahrtsstraße und auch aus dem Hunsrück führten allenfalls Trampelpfade ins Dorf. Das ist inzwischen anders.
Von verschlafen und verwunschen kann heute während der Saison keine Rede mehr sein. Denn für viele ist Beilstein das schönste Dorf an der Mosel. Und so schieben sich täglich Hundertschaften von Touristen durch die Bachstraße, eine Art Hauptschlagader in der winzigen Mosel-Gemeinde.
Hotspot Kloster mit Restaurant
Sie klettern schnaufend hinauf zur Ruine der Burg Metternich, um von oben auf Beilstein hinunter zu gucken. Oben angekommen, wundern sie sich, wie weitläufig und interessant das Burggelände doch ist.
Sie shoppen Souvenirs, sitzen auf dem 700 Jahre alten Marktplatz oder verkostet die Weine des Ortes im ehemaligen Von Metternich´schen Zehnthaus, eine Art mittelalterliches Finanzamt.
Spanische Besatzungstruppen haben im 17. Jahrhundert die Schwarze Madonna zurückgelassen. Tatsächlich hatten spanische Söldner während des Dreißigjährigen Krieges Teile der Mosel erobert.
Wer die 50 Zentimeter große Skulptur besichtigen will, steigt zur Karmelitenkirche St. Josef empor. Sie gilt als die größte Dorfkirche an der Mosel. Das ehemalige Kloster beherbergt auch ein Restaurant – mit „Hochwürdens Leibspeise” etwa kann man der Besichtigung einen würdigen Schlusspunkt setzten.
Die allermeisten Besucher reisen zwar gegen Abend wieder ab. Doch einige blieben für immer. Da sind zum Beispiel die beiden irischen Frauen, die sich in Beilsteiner Winzer verliebten. Oder die Französin, die heute die Schiffstickets verkauft. Es gibt Schweden, Engländer und den Deutsch-Amerikaner, der mit seiner mexikanischen Frau eine Galerie betreibt.
Tatsächlich bringen es die 136 Beilsteiner Bürger auf insgesamt dreizehn Nationen. „Wir sind ein Schmelztiegel”, lacht Rainer Vitz. „New York kann sich hinter uns verstecken.” Auch Rainer Vitz ist ein Zugereister. Ursprünglich stammt der Wahl-Beilsteiner aus Mönchengladbach, machte aber schon als Kind Ferien an der Mosel.
„Wer öfter her kommt wird vom Beilstein-Virus befallen, und beschließt, im Rentenalter hier ein Haus zu kaufen”, erzählt Rainer Vitz. „Ich habe das eben schon etwas früher gemacht.”
Lange Zeit betrieb der Historiker in Beilstein zwei Ferienhäuser: Das „Altes Spukhaus” und das „Haus kein Moselblick”. „Als ich das Haus kaufte, stellte ich fest, dass man von hier aus die Mosel nicht sehen kann”, erklärt der Hausbesitzer.
Burg Metternich, Kloster und Historie
Rainer Vitz kennt in Beilstein längst jeden Winkel und die Geschichte von jedem Stein – und gibt sein Wissen mit Eloquenz an jedem Wochenende mehrmals täglich an interessierte Besucher und Besucherinnen weiter.
Rainer Vitz bietet einzigartige sozial-historische Führungen an, die einen Beilstein-Besuch erst zu einem echten Erlebnis machen.
Unterwegs erzählt der Stadtführer anhand historischer Fotografien an den originalen Schauplätzen von 700 Jahren Leben der Beilsteiner Männer und Frauen. Dabei verrät er so manches Detail, was man bislang noch nirgendwo nachlesen konnte.
Zum Beispiel dass es in Beilstein einst einen Ritterturnierplatz gab und dass eine heute so hübsche Restaurant-Terrasse früher tatsächlich als Friedhof diente.
Um all diese Infos heraus zu bekommen hat der Stadthistoriker Zeitzeugen befragt, bergeweise Bücher gelesen und bei Kaffeekränzchen mit Beilsteiner Witwen Erstaunliches erfahren.
Das Wunder von Beilstein
Wie die Geschichte des armen Hausmädchens, das einem kinderlosen Paar nach dessen Ableben plötzlichen Reichtum verdankte. „Vom Tellerwäscher zum Millionär: In Beilstein werden solche Träume noch wahr”, wirbt Rainer Vitz während einer Führung für sein Dorf.
Über das alte Kopfsteinpflaster stapft der Historiker mit seiner Gruppe zum Café Klapperburg. Ein gemütliches Lokal mit hunderten von Kaffeemühlen in den Regalen. Als während des Dreißigjährigen Krieges die Lepra Beilstein beherrschte, siechten in dem Gebäude die Aussätzigen dahin. Verließ ein Erkrankter das Haus, musste er mit einer Holzklapper seine Krankheit signalisieren. So kam der Name des heutigen Lokals zustande.
Beilstein als Filmkulisse für Rühmann
Gleich hinter der Klapperburg wurde Beilsteins berühmtestes Stück Filmgeschichte geschrieben: An der Klostertreppe stand Heinz Rühmann 1936 für den Film ‚Wenn wir alle Engel wären’ vor der Kamera. Ebenso schritt das Kölner Ur-Gestein Willi Millowitsch als ‚Der wahre Jakob’ die 108 Stufen hinab.
„In Beilstein verliebte sich Heinz Rühmann in seine Kollegin und spätere Lebensgefährtin Leny Marenbach”, erzählt der Stadtführer.
Der Ort, der mittlerweile komplett unter Denkmalschutz steht, lockte schon viele Schauspieler und Regisseure. Insgesamt sind schon 15 Filme in dem Mosel-Ort entstanden. Zuletzt diente Beilstein 1998 als Drehort für den Historienfilm ‚Vanity Fair’ der britischen BBC. Auch Rainer Vitz hatte darin einen kleinen Auftritt.
Allerdings zeigt der Historiker auch, dass dieses Moseldornröschen auch Dornen hat. Ob es nun um die bittere Armut der Beilsteiner im 16.Jahrhundert geht oder um eine Bauruine, die mittlerweile seit 30 Jahren die Gerichte beschäftigt.
Auch wissen nur wenige, dass Beilstein in der Weingasse eine ehemalige Synagoge besitzt. „Sie stammt im Kern wohl aus dem beginnenden 14. Jahrhundert ”, so der Historiker.
Wer mehr als schöne Fassaden sehen will, der sollte sich deshalb unbedingt der „Sozialgeschichtlichen Stadtführung” anschließen. Rund zwei Stunden dauert die spannende Tour – „Ich überziehe immer”, garantiert Stadtführer Rainer Vitz – und ist keine einzige Minute langweilig.
Führungen: April – Oktober, 14:30 Uhr (samstags) bzw. 10:30 Uhr (sonntags. Treffpunkt: Marktplatz, Erw. 5,50 €, Kinder 3 €. Info Stadtführung
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