Lost place! Die britische Brauerei-Ruine bei Mesenich

Die Ruine gegenüber von Mesenich zählt zu den interessantesten verlassenen Orten an der Mosel. Denn das Gemäuer beherbergte einst eine englische Brauerei. Das ist seine Geschichte.

Brauerei, Mosel, verlassener Ort

Die Brauerei-Ruine an der B 49. Foto: Denkmalverein Mesenich

Betreten des Grundstücks verboten, mahnt ein Schild, das die Erforschung der Ruine an der B 49 zwischen Senhals und Poltersdorf verhindern soll. Doch ob es die Jäger verlorenen Schätze wirklich vom nervenkitzeligen Einstieg abhält? Immerhin nehmen einige sogar lange Anreisen in Kauf, um Bauwerke zu durchforsten, wo schon lange keiner mehr war.

Solche Lost Places, verlassene, verwunschene, manchmal sogar gespenstische Orte, gibt es an der Mosel an vielen Ecken. Sie ziehen Einheimische und Reisende in ihren Bann, weil hinter den verfallenen Gemäuern oft spannende Geschichte über die Region und ihre Menschen stehen. Doch die Historie der Ruine gegenüber von Mesenich fällt aus dem Rahmen. 

Britische Brauerei goes Mosel

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Der Balkon der Ruine.

Zwar ist das Dach eingestürzt und die Basalt-Fensterrahmen wurden schon vor langer Zeit ausgebaut und klammheimlich weggetragen. Doch auch im Verfall ist die einstige Schönheit des Gebäudes immer noch zu erahnen. Schon der Balkon erinnert daran, dass es sich bei der Ruine um ein elegantes Anwesen gehandelt haben muss.

Früher lagerten in den zugehörigen Kellern Porter und Ale. Denn dieses Gebäude-Ensemble an der Mosel beherbergte eine britische Brauerei. Errichtet in den 1850 Jahren von einem Geistlichen aus England.

Ruine, Senhals, Mosel

Völlig hinüber: Ein Nebengebäude

Wie kam ein Engländer auf die Idee, ausgerechnet im Weinland eine Bierbrauerei zu gründen? Wer weiß, vielleicht hatte er sich in die Region verliebt und vermutete ein gutes Geschäft. Immerhin hatten die Landschafts-Aquarelle von Malern wie William Turner eine Reisewelle wohlhabender Briten ausgelöst. Sie kamen als die ersten Touristen an Mosel und Rhein. 

Die Einfuhrzölle und Frachtkosten für englisches Bier von der Insel waren nicht von Pappe. Warum also nicht gleich auf dem Festland brauen?

Pale Ale vom Brauweiler Hof

Dorfchronist Martin Arens hat die erstaunliche Geschichte der Ruine zusammen getragen. Demnach stellte ein Josef Heathcoote Brooks im Jahr 1852 den Bauantrag für eine Brauerei. Zunächst wurde im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Abtei Brauweiler in Mesenich bestes London Porter gebraut.

Etwa zwei Jahre darauf entstand am gegenüberliegenden Moselufer ein prachtvoller Neubau. Mit Wohnhaus, Lager und vier großen Kellern, teils mit sieben Metern hohen Decken.

Brauer-Ruine, Mesenich, Wohnhaus

Das Wohnhaus der ehemaligen englischen Brauerei.

Allerdings hatten die Menschen des Unternehmens mit schweren Schicksalsschlägen zu kämpfen. Drei Kinder ertranken beim Baden in der Mosel und der Braumeister starb nach einem Sturz vom Gerüst. Hinzu kamen wirtschaftliche Turbulenzen.

Schon 1858 Jahre stand die besondere Immobilie leer und kam unter den Hammer. Zwar suchten über die Jahre weitere bieraffine Investoren in dem Bauwerk ihr Glück. Etwa eine bayerische Brauerei, gegründet von „Back, Bremm u. Brag u. Com.” aus Zell. Doch vergeblich. Nach insgesamt etwa 25 Jahren war mit der Bierproduktion bei Mesenich Schluss.

Englischer Bau wird zur Ruine

Von nun an gingen Menschen verschiedenster Berufe und auch Tiere in dem Gebäude ein und aus. Um 1870 fanden darin zum Beispiel Arbeiter der Baustelle des Eisenbahntunnels zwischen Cochem und Eller ein Bleibe. Danach waren ein Weinlager und ein Jagdhotel für Sommerfrischler in den Gebäuden untergebracht. Ab 1915 folgte eine Hühnerfarm nebst Schweinzucht.

Englischer Bau, Brauerei, Mesenich

Foto des Englischen Baus um 1856. Foto: Denkmalverein Mesenich

Nach dem Ersten Weltkrieg nutzten amerikanische Besatzungstruppen die ehemalige Brauerei als Lagerstätte. Sogar von kriminellen Machenschaften einer Falschmünzerei ist die Rede. Die letzten Bewohner, die Familie Beck, betrieben eine Straußwirtschaft mit Tanz in den Räumen. Doch nach deren Auszug überließ man das Haus ab 1951 den Kräften der Natur. 

Ortsbürgermeister wird neuer Besitzer

Seit den 1980er Jahren gelangte das Areal durch Vererbung und Versteigerung immer wieder in andere Hände. Zuletzt suchte ein Cochemer Rechtsanwalt als Nachlassverwalter einen Käufer für das
inzwischen unter Denkmalschutz stehende Altertümchen. Aus den einst prachtvollen Gebäuden war längst eine Ruine geworden.

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Keller mit 7 Meter hohen Decken in der Brauerei-Ruine. Foto: Denkmalverein Mesenich

Wie bei vielen Lost Places ist der Zutritt nicht erlaubt. Vor allem natürlich, weil die Ruine etwa wegen herabstürzender Steine potenziell gefährlich ist. Zum anderen befindet sie sich tatsächlich wieder in Privatbesitz. Denn für einen symbolischen Obolus von einem Euro kaufte der ehemalige Mesenicher Ortsbürgermeister Peter Haase die alte Brauerei, die anderenfalls wohl für immer verschütt gegangen wären.

Inzwischen kümmert sich auch ein Förderverein um die Zukunft der charmanten Ruine. Noch müssen Statiker die Sicherheit der Keller besiegeln. Doch wer weiß. Vielleicht gelingt es, der ehemalige Brauerei einen neuen großen Auftritt zu verschaffen.

 

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