Lavendel statt Reben: So schön duftet der Razejungewingert

Nanu, was ist das? Statt grüner Reben hat sich Lavendel an den Hängen bei Lehmen breit gemacht. Mit dem Razejungewingert kam der Duft der Provence an die Mosel.

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Razejungewingert in Lehmen

Lavendel an der Mosel? Etwa 500 Meter hinter dem Ortsausgang von Lehmen treten neugierige Radler auf die Bremse, um sich in Ruhe über den violetten Teppich in der Landschaft zu wundern. Denn normalerweise sind solche Hänge doch mit Rebstöcken bevölkert. Wie passt dieses typische Kraut der französischen Provence da ins Bild?

Hinter der duftenden Pracht am Radweg Richtung Kattenes steckt das bislang umfangreichste Projekt der „Lehmer Razejunge”. Denn die Männer des Vereins haben in der Lage Lehmener Würzlay rund 3200 der nasenschmeichelnden Pflanzen „Lavendula angustifolia officinalis” in die Erde gesetzt.

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Rastplatz im Razejungewingert

So kam Lavendel in den Razejungewingert

Razejungen, das waren früher die Jungs, die im Winter den Stallmist zum Düngen in die Weinberge trugen. Die „Raz” war die Kiepe aus Haselnussstöcken, die sie dafür auf dem Rücken trugen. Ursprünglich geht es dem Verein „Lehmer Razejunge” um die Rebe und das Bewahren der traditionellen Anbaumethoden an der Terrassenmosel. Außerdem engagieren sich die Männer für Naturschutz und bringen Kindern den Weinbau in der Kulturlandschaft nahe.

Doch was soll aus den Weinbergen werden, in denen niemand mehr Trauben ernten will oder kann? Diese Frage hat den Verein umgetrieben. Denn inzwischen geben viele Weinbauern aus wirtschaftlichen Gründen auf oder weil sie keine Nachfolger finden.

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Razejungewingert in Lehmen

Zurück bleiben unansehnliche, verbuschte Brachen, die man mancherorts sieht. Deshalb sorgen inzwischen hier und dort Ziegen als ökologische Landschaftspfleger für freie Sicht im Wingert. Dabei sind doch gerade die imposanten Weinberge das Aushängeschild der Region. 

Lavendellikör statt Wein

Dann hatten die Razejunge die im Wortsinn dufte Idee, auf der etwa 2500 Quadratmeter großen Fläche Lavendel anzupflanzen, um aus der Ernte zum Beispiel Öle und Gewürze, Tee oder Lavendelzucker zu gewinnen. Vor allem der Lavendellikör ist eine Rarität und heute ein originelles Mitbringsel von der Mosel. Hinzu kommt  Lavendelhonig, den fleißige Bienenvölker auf dem Areal der Ratzejunge sammeln.

Übrigens: Von allen Arten sind nur die Blüten des echten Lavendels – wie er in Lehmen wächst – aromatisch. Andere Lavendel-Sorten verleihen Speisen eine nicht wirklich leckere seifenähnliche Note.

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Bienenvolk im Razejunge-Wingert

Die Bäckerei Herold im Ort verkauft die Lavendel-Produkte. Auch auf der Internetseite www.lehmer-razejunge.de kann man sie bestellen und sich über Führungen im Wingert informieren. Aber der „Razejungewingert” darf auch jederzeit auf eigene Faust erkundet werden. Dort gibt es einen Weinberg-Erlebnispfad und eine originelle Holzkonstruktionen als Fotomotiv: Durch diese „Schaufenster der Natur” sieht die Landschaft aus wie gemalt.

Nicht nur menschliche Besucher und Besucherinnen geraten ins Schwärmen: Im Razejungewingert summt und brummt es, denn Hundertschaften von Bienen, pummeligen Hummeln und Schmetterlingen durchpflügen ab Mitte Juni das violette Meer. Dazwischen stehen Feigen – und Weinbergpfirsichbäume. 

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Blick auf den Razejungewingert

Lavendel-Blütezeit ab Mitte Juni

Ab Mitte Juni beginnt die Blütezeit. Wenn sich ein leicht grauer Schleier auf den Blüten zeigt, hat der Lavendel die meisten ätherischen Öle entwickelt und ist reif für die Ernte.

Doch der Tisch im Razejungewingert bleibt reich gedeckt, denn inzwischen wachsen über 160 verschiedene Pflanzenarten auf den 14 Lavendel- und Naturkräuterfelsterrassen: Vom Römischen Schildampfer über Johanniskraut bis zum Weißen Mauerpfeffer, den die Raupe des Apollofalters zum Fressen gern hat. Sogar eine Smaragdeidechse wurde schon beim Sonnen auf einer Bruchsteinplatte am Weinbergerlebnispfad gesichtet. 

Mitten in dem Idyll haben die Razejungen einen schönen Rastplatz mit Rebenpergola und Sitzgruppe eingerichtet, denn die Lavendelfelder sind längst ein touristisches Highlight. Wer mit dem Auto unterwegs ist, findet an der etwa 500 Meter entfernten Schleuse in Lehmen ein Parkplatz.

 

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