Schloss Berg: Verlassener Ort mit Sterneküche

Schloss Berg in Perl-Nennig an der Obermosel zieht Reisende magisch an. In der Nobelherberge mit Sterne-Restaurant und Spielcasino rollt der Rubel. Doch die Fans verlassener Orte kommen gratis auf ihre Kosten.

Schloss Berg, Nennig, Obermosel

Schloss Berg

Bevor die Mosel Deutschland erreicht, hat sie schon knapp 300 Flusskilometer durch Frankreich überwunden. Ihre erste Station auf deutschem Boden ist Perl.  Rund 8500 Menschen leben in den 14 Dörfern der saarländischen Gemeinde. Eines davon ist Nennig, vis-à-vis vom luxemburgischen Remich und dem benachbarten Luxemburger Promi-Dorf Schengen. Am Wochenende schieben sich Tanktouristen in einer langen Autoschlange über die im Wortsinn völkerverbindende Moselbrücke.

Schon die Römer wussten die Gegend im grünen Herzen Europas zu schätzen. Wenn heute Archäologen, Weinkenner, Feinschmecker oder Zocker „Perl-Nennig” hören, klingelt es in ihren Ohren.

Ein römisches Mosaik und Schloss Berg

Zum einen ist Perl die einzige weinbautreibende Gemeinde im Saarland. Die Winzer wetteifern um den besten Auxerrois und Burgunderweine. Denn die Reben stehen nicht auf Schiefer, sondern auf Muschelkalkböden an den Hängen der Mosel, die hier, im Dreiländereck bei Schengen, als natürliche Grenze zu Luxemburg fließt.

Zum anderen bietet der Moselort mit der Villa Nennig ein besterhaltenes römisches Fußbodenmosaik. Zu sehen sind darauf Szenen aus einem Amphitheater mit Gladiatoren, Tiere und Musikanten. Es ist 10 mal 16 Meter groß, etwa 1800 Jahre alt und eines der wenigen Zeugnisse römischer Mosaikkunst, die an ihrem originalen Fundort geblieben sind.

Schloss Berg, Nennig, Garten

Der Garten von Schloss Berg.

Doch als Wahrzeichen der Region hat Schloss Berg dem römischen Mosaik  längst den Rang abgelaufen. Das bestens sanierte Gemäuer steht auf dem Hügel am Ortsrand von Nennig. Einst lebten hier die Herren von Berg, später von Sierck. Heute ist es ein Sehnsuchtsort für Feinschmecker und Zocker auf der Jagd nach dem großen Gewinn. 

Die Wurzeln der ehemaligen Wasserburg reichen vermutlich bis ins 9. Jahrhundert zurück. Aber im 17. Jahrhundert wurde das mittelalterliche Gebäude – wie so viele Burgen – nach und nach zum Renaissance-Schloss umgebaut. Im zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, hat das Saarland das Anwesen in den 50er Jahren wieder aufbauen lassen und fast 30 Jahre als Schullandheim genutzt.

Schloss Burg, Nennig, Spielcasino

Das Spielcasino im Anbau.

Spielcasino und Sterne-Küche

Heute rollt hier von morgens bis abends der Rubel. Denn inzwischen beherbergt Schloss Berg ein Luxushotel mit Spielkasino und ein berühmtes Gourmet-Restaurant: Das Victor’s Fine Dining by Christian Bau.

Die Gäste kommen vor allem aus ganz Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern in diesen eher abgelegenen Winkel der Republik. Es sollen tatsächlich schon Leute aus London zum Mittagessen eingeflogen sein. Immerhin kocht Christian Bau schon seit 2005 auf Drei-Sterne-Niveau. Im Restaurant Victor’s Fine Dining präsentiert er das Beste aus Paris und Tokio.

Nennig, Schloss Berg, Christian Bau

Schloss Berg: Sterneküche mit Christian Bau

Der Spitzenkoch kocht nach einem ganz eigenen Küchenstil, der hierzulande einmalig ist: Als einer der Ersten entdeckte er die asiatische Küche für sich und kombinierte sie mit Techniken der französischen Hohen Küche. Vom Restaurantführer Gault&Millau wurde er 2018 zum Koch des Jahres gekürt. 2019 kam der Titel „Botschafter der japanischen Küche” hinzu. Eine große Ehre!

„Außergewöhnlich”, urteilt der Michelin. „Die Reise lohnt sich.” Sowas spricht sich natürlich herum. Und so kommen viele auch nur her, um sich nur das weißverputzte Schloss Berg mal aus der Nähe anzusehen. 

Zerfallene Schwester von Schloss Berg

Aber die benachbarte Unterburg, auch Niederburg genannt, ist bislang ein Geheimtipp geblieben. Nur die Menschen, die sich lost Places verschrieben haben, zieht es zu dem einst sicherlich prächtigen Gebäude. Denn nur einen Steinwurf von dem herausgeputzten Schloss Berg eröffnet sich ein trauriger Anblick.

Niederburg, Nennig, Obermosel

Die zerfallene Niederburg

Über dem Portal des Wohnturms ist eine Inschrift zu lesen: „Pax Intrantibus”, „Friede den Eintretenden“, zudem die Jahreszahl 1709. Obwohl das Gemäuer früher vermutlich Teil der Burganlage war, ist von dem alten Glanz nicht viel übrig geblieben. Der Zerfall nagt an der Unterburg und hinterlässt Jahr um Jahr seine Spuren.

Kümmert sich niemand darum, wird die Niederburg bald vermutlich in einem ähnlichem Zustand wie Schloss Bübingen in Perl-Nennig sein: Das um 1340 erbaute und im zweiten Weltkrieg zerstörte Gebäude ist längst zur unattraktiven Ruine verfallen. 

Lost place, Nennig, Obermosel

Das Eingangsportal

Der zugewucherte Schlossgarten der Niederburg ist schon längst nicht mehr passierbar. Und immer mehr Kletterpflanzen erobern den Turm, in dem noch bis 1970 eine Familie wohnte. 1973 wurde die Anlage verkauft und befindet sich bis heute in Privatbesitz. Weil Dachziegel fehlen, regnet es in das Gebäude. Die Eingangstür am Ende der langen Treppe ist zwar geschlossen, doch zur Hälfte zerstört.

Dennoch ist der frühere Charme nicht zu übersehen. Zurück blieb ein Sehnsuchtsort für Leute auf der Suche nach Lost Places.

 

Wenn man schon einmal dort ist…

Sehenswertes bei Schloss Berg

Die Gegend um Perl ist reich an attraktiven Sehenswürdigen. So kann man den Besuch von Schloss Berg zum Beispiel mit einem Abstecher zur Villa Nennig kombinieren. Ebenfalls in der Nähe befindet sich die Villa Borg, die zum römischen Pflichtprogramm gehört. Auch Grenzüberschreitungen lohnen sich. 

Einmaliges römisches Mosaik

In der Römerstraße in Perl-Nennig ist ein Kunstwerk zu sehen, für das Reisende in Rom stundenlang Schlange stehen würden: Ein 160 Quadratmeter großes Fußbodenmosaik aus drei Millionen Einzelsteinchen. Darauf sind detailreiche Szenen aus einem Amphitheater zu sehen, die vor etwa 1800 Jahren vermutlich die Empfangshalle einer römischen Villa schmückten.

Doch schon allein, dass der Steinteppich am originalen Fundort besichtigt werden kann hat Seltenheitswert. Ein Bauer bei der Arbeit hatte das wertvolle Mosaik im Jahr 1852 rein zufällig entdeckt. Wenig später wurde darüber ein Schutzbau errichtet. Wie die echte Villa ausgesehen haben könnte, zeigt eine Multimedia-Rekonstruktion.

Exklusives Römergrab

In der Nähe der Villa erhebt sich unübersehbar der Tumulus, ein gewaltiger Grabhügel, der mit 44 Metern Durchmesser zu den größten römischen Grabdenkmälern in Deutschland gehört. Doch wohlhabende Römer setzten auch gerne noch über den Tod hinaus auf Prestige. Ein solches Luxus-Grab kann auf der gegenüberliegenden Moselseite, im luxemburgischen Bech-Kleinmacher, besichtigt werden.

Das kleine Bauwerk steht auf einem Felsen inmitten der Weinberge oberhalb des Dorfs auf dem sogenannten Frieteschwengert. Eine reiche Winzer- und Weinhändlerfamilie ließ es im vierten Jahrhundert nach Christus errichten, um sich ein weithin sichtbares Denkmal für die Ewigkeit zu setzen. Die eigentliche Grabkammer liegt darunter.

In der gallischen Provinz war es nicht ungewöhnlich, dass sich wohlhabende Gutsherren in exponierter Lage bestatten ließen. Solche Grabtempel findet man auch an anderen Plätzen in der Region. Etwa das Grutenhäuschen bei Igel oder die Römergräber in Nehren.

Wer genau an diesem exklusiven Ort in Bech-Kleinmachern seine letzte Ruhe fand, ist nicht bekannt. Vielleicht war es der Eigentümer der gegenüberliegenden Villa Nennig, wer weiß. Denn die Aussicht ins Moseltal und die einstmals wohl imposanten Villenanlage könnte nicht schöner sein. Damit auch quicklebendige Reisende das Panorama bequem genießen können, wurde in der weinumrankten Säulenvorhalle des Tempels eine hölzerne Schaukelbank aufgestellt. Ein schönes Plätzchen.

Zwar ist der Weg dorthin nicht beschildert. Doch man erreicht das gallo-römische Grab unkompliziert von der Straßenkreuzung Route du Vin / Rue des Caves über schmale Wirtschaftswege aufwärts. Der Tempel ist jederzeit zugänglich und kann kostenlos besichtigt werden.

Römische Villa Borg

Welche Annehmlichkeiten sich die Besitzer solcher Gräber zu Lebzeiten gönnten, zeigt die Villa Borg. Hierzulande gibt es keinen anderen Ort, der so anschaulich das Landleben gutsituierter Familien im Römischen Reich vermittelt. Das Anwesen steht Schloss Berg in Sachen Luxus in Nichts nach.

Das Museum liegt im Stadtteil Borg. Dass es dort eine römische Siedlung gab, war der Bevölkerung schon lange bekannt. Doch sie nutzten die Reste als Steinbruch, um daraus die Häuser in der Umgebung zu bauen. Erst ab Ende der 1980er Jahre wurde in Borg geforscht und eine komplette Villenanlage mit Torhaus, Küche, Therme, Latrine und Garten originalgetreu auf den römischen Fundamenten aufgebaut. Das wohl beeindruckendste Gebäude ist das Herrenhaus mit einem geräumigen Empfangssaal, Säulen, Marmor, Kassettendecke und Gesimsen. 

Bei Workshops wird in der römischen Küche Brot gebacken. Und immer Anfang August schlagen Legionäre, Gladiatoren und Händler in der Villa Borg an den Römertagen ihr Lager auf.

Sogar die Einkehr wird zum Erlebnis. Wie wäre es zum Beispiel mit Perna et fabacia verides, auf Deutsch: Schinkenbraten an Feigensoße mit dicken grünen Bohnen? In der römische Taverne werden Speisen nach Originalrezepten des Feinschmeckers Apicius, aber auch regionale Gerichte angeboten. Zum sehenswerten Gelände gehören auch ein Teich, Brunnen und sechs römische Gärten, die zum grenzüberschreitenden Projekt „Gärten ohne Grenzen” zählen. Mehr altes Rom geht kaum. 

Barockgarten in Perl

Im Dreiländereck sind zu beiden Seiten der deutsch-französischen Grenze insgesamt 23 Gärten ohne Grenzen angesiedelt. Einer der ersten war der Barockgarten in der Biringer Straße im Hauptort Perl. Die Anlage wurde nach alten Plänen mit geometrische Strenge neu gestaltet und bildet ein Gesamtensemble mit dem Palais von Nell. Der Garten ist ganzjährig geöffnet, kein Eintritt.

Auxerrois in Sehndorf

Einen Abstecher wert, ist der winzige Ortsteil Sehndorf. Ein Kleinod mit tollen Blicken ins Moseltal, lothringischen Bauernhäusern und schmale Straßen. Dorfmittelpunkt ist immer noch der historische Waschbrunnen von einst. Die Reben wachsen im „Sehndorfer Klosterberg“ und „Sehndorfer Marienberg“. Wer herkommt, sollte unbedingt beim Winzer die heimischen Weine probieren. Etwa im Sekthaus Gerd Petgen in der Marienstraße 22. In der Straußwirtschaft steht neben dem Elbling auch der Auxerrois auf der Karte. Eine Rarität im Weinbau. 

 

Weitere Lost places in der Region:

Diese Häuser bergen ein Geheimnis»

Die englische Brauerei-Ruine in Mesenich»

 

Euch gefällt dieser Beitrag? Dann teilt ihn bitte – und folgt mir auf meiner Facebookseite!