Die Klosterruine Stuben in der Moselschleife bei Bremm ist zugleich Ausflugsziel, Landmarke und ein beliebtes Fotomotiv. Haben Sie die kleine Berühmtheit schon besucht?
Die grünblau glitzernde Mosel windet sich in ihrer engsten Schleife um eine Halbinsel herum. Mittendrin erhebt sich die dachlose Klosterruine Stuben über die Reben. Die Komposition aus Landschaft und bröckelndem Bauwerk ist betörend schön.
Seit Telefone fotografieren können, begegnet man der Klosterruine Stuben überall: Auf Facebook, Whatsapp oder Instagram. Touristiker werben mit ihr, das ehemalige Kloster schmückt Flyer, Magazine und Reiseführer für die Region. Neben Sehenswürdigkeiten wie der Porta und der Reichsburg landet sie besonders häufig vor der Linse – und das zu Recht. Es ist ein magischer Ort und die perfekte Kulisse für Hochzeitsfeiern und Events, oder falls mal wieder ein Teil Herr der Ringe gedreht werden müsste.
Bereits Künstlern vergangener Epochen bot das ikonische Gebäude viel Stoff. So hat der Romantiker William Turner der Klosterruine Stuben mit seinen Skizzen ein Denkmal gesetzt. Die Zeichnungen können heute in der Londoner Tate besichtigt werden. Aber spannender ist ein Besuch des Originalschauplatzes, um auch die Atmosphäre in Ruhe auf sich wirken lassen zu können.
Klosterruine krönt die Moselschleife
Die Klosterruine Stuben steht innerhalb der wohl prominentesten Moselschleife, die sich von Neef vorbei an Bremm bis nach Ediger-Eller zieht. Auf der Höhe des Örtchens Bremm wendet sich der Fluss um rund 180 Grad. (zum Weiterlesen: Welche Moselschleife ist die schönste?») Die Bundesstraße 49 mäandert direkt an der moselländischen Version des amerikanischen Horseshoe Bend entlang.
Ab Neef leiten verschiedene Wanderwege zu der Sehenswürdigkeit. Mit dem Auto ist der Parkplatz an der Klosterruine über die kleine Straße links der Brücke im Ort in wenigen Minuten erreicht. Auf den letzten Metern macht ein Schotterweg schon die Anfahrt zum kleinen Abenteuer.
Sandstrand an der Klosterruine
Zwar entdecken immer mehr Ausflügler den kleinen Sandstrand unterhalb des Gemäuers für sich. Doch trotz Berühmtheitsstatus kann man die kleine Badestelle oft noch fast für sich alleine haben.
Es ist ein idyllisches Fleckchen Erde, um ein paar Stündchen in der Sonne zu fläzen. Verankerte Kähne schaukeln im Wasser, Eidechsen flitzen übers Gestein. Wie für Fotos konzipiert, zischen Motorboote vorbei. Am gegenüberliegenden Ufer quälen sich Wanderer über Leitern und Felsen durch den Calmont-Klettersteig und haben von fast jedem Punkt der Strecke die Klosterruine Stuben im Blick. Man muss den Kopf ganz in den Nacken legen, um den Gipfel des steilsten Weinbergs Europas zu sehen.
So verführerisch es auch ist: Campen ist auf dem Parkplatz an der Klosterruine nicht erlaubt. Wohnmobilisten finden Stellplätze in Neef, Bremm oder dem Fachwerkörtchen Ediger-Eller. Auch den Proviant fürs Picknick muss man sich selbst mitschleppen. Denn wer in dem attraktiven Gemäuer eine rustikale Gastronomie erwartet, ist auf der falschen Fährte: Der durchs Internet geisternde Name Klosterstuben ist irreführend. Denn es handelt sich tatsächlich um die Ruine des Klosters Stuben. Ein Ort ohne Kellner und Wein, dafür mit Nonnen, Reliquien und so.
Kloster Stuben hütete die Staurothek
Die Geschichte des Bauwerks geht bis ins frühe 12. Jahrhundert zurück. Damals stifte ein adeliger Grundbesitzer namens Egelolf dem Eifler Kloster Springiersbach Haus und Hof, um an selber Stelle ein Kloster für adelige Frauen zu errichten. Seine Tochter Gisela wurde die erste Äbtissin des Konvents, zum dem auch Weinberge gehörten.
Der Ansturm aufs Kloster war so groß, dass der Trierer Erzbischof die Zahl der Nonnen auf höchstens 100 beschränkte. Das lag vermutlich daran, dass viele Väter von den Kreuzzügen nicht heimkehrten und die Adelstöchter unverheiratet blieben.
Lange bevor Instagramer, vorbei an der Weinlage Neefer Frauenberg, zu dem beliebten Fotospot pilgern sollten, wurde das Augustinerinnenkloster für Gläubige zum Wallfahrtsort. Denn 1208 überließ Heinrich von Ulmen (1175–1236) den Nonnen die wohl berühmteste Kreuzreliquie des Abendlandes: Die sogenannte Staurothek, eine Goldschmiedearbeit ersten Ranges.
Das griechische Wort bedeutet übersetzt soviel wie Kasten oder Lade für das Kreuz. Der kostbare Behälter war vermutlich nach der Plünderung von Konstantinopel während des Vierten Kreuzzug in seinen Besitz gelangt. Der Inhalt: Ein Splitter von angeblich jenem Holz, an dem Jesus gestorben ist.
Fast 600 Jahre lang verwahrte das Augustiner-Chorfrauen-Stift an der Mosel das byzantinische Meisterwerk aus dem 10. Jahrhundert. Heute ist der kunsthistorische Schatz das Prunkstück des Diözesanmuseum Limburg an der Lahn. Und auch die Nonnen sind schon vor über 200 Jahren ausgezogen – zunächst wurde das Kloster in ein freies Stift umgewandelt, dann aufgelöst und 1820 sogar abgerissen.
Zurück blieben nur drei Außenmauern der barockzeitlichen Klosterkirche. Doch genau das macht den Charme der Anlage aus.
Konzerte im Kloster Stuben
Heute wird die Klosterruine für Theateraufführungen oder Konzerte genutzt. Wer seine Hochzeit in der charmanten Ruine feiern will, bitte schön! Sie kann für Veranstaltungen verschiedener Art gemietet werden. Im Sommer gastiert zum Beispiel das Moselmusikfestival in dem stimmungsvoll ausgeleuchteten Gemäuer. An anderen Tagen versperren Gitter den Zutritt. Doch die meisten interessieren sich ohnehin vor allem für die Außenansicht.
William Turner hat die Ruine vermutlich vom Boot aus gemalt – in sozialen Netzwerken finden sich Fotos aus allen möglichen Perspektiven. Sicherlich am besten lässt sich die Schönheit der dramatischen 180-Grad-Flusswende um das Relikt von oben einfangen. Zum Beispiel mit der fliegenden Kamera: Drohnen steigen zu lassen ist auf der Halbinsel erlaubt, allerdings muss der Abstand von 100 Metern zur Wasserstraße Mosel eingehalten werden.
Bester Fotopunkt Calmont-Gipfel
Der meistbesuchte Fotopunkt für „Luftaufnahmen” ist jedoch der Calmont-Gipfel. Egal, ob die Klosterruine unten im Tal von Grün umrahmt, mit Blättern in allen möglichen Gelb- und Ockertönen oder Schnee bedeckt ist – die Kulisse stimmt zu jeder Jahreszeit. Freilich entdeckt man dort oben fotografisch kein Neuland. Dennoch ist das Panorama ein Traum, besonders bei Sonnenaufgang, wenn sich der Fluss noch unter Nebelschwaden versteckt. Dann lüftet er allmählich den Schleier und gibt diese wie mit Zirkel gezogene Flussschleife und die Klosterruine Stuben preis.
Natürlich kann man ab Bremm durch die Weinberge steil hinauf zum Gipfel stapfen. Aber man kommt auch komfortabel mit dem Auto hoch, man muss nur am Ortsausgang der L 106 in Richtung Beuren folgen. Auf der Kuppe dann rechts in den Wirtschaftsweg Richtung „Römische Tempelanlage” einbiegen. Vom Parkplatz sind noch gut 15 Minuten Fußweg bis zum Fotopunkt.
Der Calmont nimmt den Superlativ steilster Weinberg Europas für sich in Anspruch. Dementsprechend geht es fast senkrecht runter, wenn man in 290 Metern Höhe oben am Gipfelkreuz steht. Allerdings ist ein Teil der Mosel von Bäumen und Büschen verdeckt. Um die Schleife in voller Breite abzulichten, muss man ein paar Schritte weiter nach unten gehen – dort bietet sich ein besserer Blick.
Geheimtipp Neef mit Fotospot
Das beste Licht, um die Moselschleife samt Klosterruine wie auf der Postkarte einzufangen, hat man bis circa 10 Uhr und dann wieder ab 15 Uhr (im Sommer ab 17 Uhr). Denn steht die Sonne im Zenit, sind die Kontraste sehr hart. Die mit Abstand schönsten Aufnahmen bekommt man bei Sonnenaufgang, wenn die Sonne untergeht oder zur blauen Stunde.
So viel Schönheit kann man natürlich selten für sich alleine haben. Doch fast noch ein Geheimtipp sind die Aussichtspunkte am Neefer Petersberg (zum Weiterlesen: Neefer Petersberg: Geheimtipp zum Wandern» ) im Inneren der markanten Schleife. Vom dortigen Gipfelkreuz oder der Aussichtskanzel Eulenköpfchen eröffnet sich ein 360 Grad-Panorama – mal ein etwas anderer Blick auf das ikonische Gebäude, mit dem viele Legenden verbunden sind.
Da ist von Wunderheilungen, lästigen Raubrittern und nicht immer bescheidenen Nonnen die Rede. Eine interessante Geschichte dreht sich um den sympathischen Eremiten Heinrich. Die dem Wein zugewandte Frohnatur soll regelmäßig im Kloster eingekehrt und von den Frauen bewirtet worden sein. Er lebte in einer Eremitage nahe des Klosterns und dem Eulenköpfchens. Dieser versteckte Ort, den kaum ein Reisender kennt, kann heute besichtigt werden.
ZUM WEITERLESEN: Einsiedelei Bruder Heinrich: Geheim und verwunschen»