Hängebrücke Geierlay: Über diese Brücke musst du gehen

Im Hunsrück ist etwas Spektakuläres entstanden: die wohl schönste Hängebrücke Deutschlands. Auf der Geierlay kann man in 100 Metern Höhe über ein Seitental der Mosel spazieren. Ein Abenteuer für alle, die schwindelfrei sind.

Hängebrücke, Geierlay, Hunsrück

Abenteuer im Hunsrück: Schon über 700.000 Besucher haben die Hängebrücke getestet.

Für Adrenalin-Junkies interessant: Von Cochem bringen die K 35 und die L 202 Ausflügler in knapp 30 Minuten nach Mörsdorf zu dieser Hängeseilbrücke, von der jeder spricht.

Früher kannte kaum ein Mensch die kleine Ortschaft, es ging beschaulich zu. 600 Einwohner, eine Zwergschule, zum Großeinkauf fahren die Mörsdorfer ins nahe gelegene Kastellaun. Denn die Gemeinde liegt abgelegen im Hunsrück, rund 15 Kilometer von Cochem und Remmidemmi entfernt. Das ist zwar nicht gerade am Arsch der Welt, doch man kann ihn von hier aus schon sehen. Wer Ruhe und Frieden in der Abgeschiedenheit sucht, ist in Mörsdorf also normalerweise goldrichtig. 

Doch quasi über Nacht waren Park-Einweiser nötig, um dem Besucherverkehr am Wochenende noch Herr zu werden. Denn seit Oktober 2015 kann man hier rund 100 Meter über einem bislang unbekannten Seitental der Mosel spazieren: Die Hängeseilbrücke Geierlay brach alle erwarteten Besucher-Rekorde.

Touri-Magnet Hängebrücke

November 2015. Wir parken am Besucherzentrum, um zu Fuß dem Hinweisschild „Hängeseilbrücke Geierlay” zu folgen. Doch schon an der nächsten Kreuzung wissen wir nicht mehr weiter. „Das kann doch jetzt nicht immer so weitergehen”, sagt eine Frau am Straßenrand zu ihrem Begleiter mit Blick auf die vielen Menschen. Offenbar eine Anwohnerin.

Hängebrücke, Geierlay, Hunsrück

Das Besucherzentrum der Hängebrücke.

Ich frage lieber eine andere Passantin, wo es lang geht. „Erst rechts, dann links. Und dann folgen Sie einfach den Menschenmassen”, klärt eine freundliche Mörsdorferin auf.

‚Über diese Brücke musst Du gehen’ lautet der Werbe-Slogan der Gemeinde und gefühlt die halbe Welt nimmt ihn wörtlich. Allein in den ersten drei Wochen nach der Eröffnung strömten rund 45.000 Menschen in den eigentlich recht einsamen Hunsrück. Wagemutige aus ganz Deutschland, Frankreich, Holland und England fallen in die kleine Gemeinde ein. Von einem Tag auf den anderen ist aus Mörsdorf eine Art Wacken geworden.

Hinter einer Kurve entdecken wir die Massen auch schon. Wir schließen uns der Karawane an und laufen über einen etwa 1,5 Kilometer langen Feldweg in Richtung Wald. Unterwegs informieren Schilder am Wegesrand über Windkraft und die Besonderheiten der Hunsrück-Landschaft. Sehr nett gemacht. Liest allerdings kein Mensch. Denn alle wollen so schnell wie möglich zur Brücke.

Hängebrücke, Geierlay, Hunsrück

Die Karawane zieht zur Hängebrücke.

Schweizer Architektur im Hunsrück

Und dann steht sie plötzlich da und sieht atemberaubend aus. Nach dem Vorbild nepalesischer Hängeseilbrücken schwingt sich die 360 Meter lange Geierlay zwischen Mörsdorf und Sosdorf über den Abgrund. Nach unten geht es 100 Meter ins Nichts.

Überall stehen Leute herum. Einige fachsimpeln über die Technik der imposanten Stahl-Holz-Konstruktion, manche verkünden, dass sie keinesfalls einen Fuß auf die Holzplanken setzen werden. Aber alle sind begeistert von der Architektur dieser einzigartigen Hängeseilbrücke.

Hängeseilbrücke, Hunsrück

Wandern mit Gegenverkehr. Wer stehen bleibt, macht sich unbeliebt.

Eine Menschenmenge drängelt sich wie auf einer Ameisenstraße über das gigantische Bauwerk. Auch wir reihen uns ein – und die Hängebrücke wackelt unter den Füßen. Der Boden wackelt leicht unter den Füßen, es kitzelt in der Magengrube. Für manche ein Gefühl von Freiheit, für andere der pure Alptraum. 

„Das wird noch schlimmer”, verspricht mir ein entgegenkommender Mann mit blassem Gesicht. So werden heutzutage Mutproben gemacht. Nicht nur Menschen mit Höhenangst kann der Atem stocken. Ein Mann hintern mir spekuliert nervös (und vor allem laut) über Anzahl der Besucher und wie viele Menschen die Brücke überhaupt wohl tragen kann. Mir wird mir komisch.

Kein Eintritt, viel Adrenalin

Die Geierlay hält 50 Tonnen Maximallast aus, versichere ich mir. So stand es im Netz. Das entspricht etwa 600 Personen mit einem Durchschnittsgewicht von 80 Kilo. So viele passen wahrscheinlich überhaupt nicht gleichzeitig auf diesen abenteuerlichen, luftigen Pfad.

Hängebrücke, Geierlay, Hunsrück

Hunderte schieben sich über die Hängebrücke.

Tatsächlich kann das Bauwerk sogar Windstärken bis zu 200 Stundenkilometern verkraften. Obwohl vermutlich niemand bei solchen Böen auf einer Hängeseilbrücke stehen möchte.

Tapfer mache ich weitere Schritte – bis die Brücke wieder wackelt. „Keine Sorge, die stammt nicht aus China”, versichert eine Passantin lachend ihrer Begleiterin. Genau, die Geierlay ist eine sichere Sache, hier waren Schweizer Spezialisten am Werk. Immerhin 25 Meter tief stecken die Fundamente der beiden Brückenköpfe im Felsen. Zudem ist die Konstruktion mit Sicherungen versehen, so dass sie gar nicht stark schwanken kann. 

Webcam sendet ins Internet

In nur sechs Monaten wurde dieses Meisterwerk der Ingenieurskunst gebaut. Kostenpunkt: 1,2 Millionen Euro. Dafür können Besucher nun an 365 Tagen im Jahr die Brücke ohne einen Cent Eintritt zu zahlen überqueren. Auch Hunde dürfen mit, wenn sie sich überhaupt trauen.

Hängebrücke, Hunsrück, Geierlay

Viele wandern zur Geierlay

Denn eins ist klar: Bei der Passage über die etwa einen Meter breite Brücke kommt Abenteuer-Atmosphäre auf. Der Adrenalinkick ist gewiss. Auch deshalb hat sich Mörsdorf im Hunsrück zu einem beliebten Ausflugziel entwickelt.

Der Bau der Brücke hatte nur einen Grund: Möglichst viele Menschen in eine strukturschwache Region zu locken. Das ist mehr als gelungen.  Inzwischen haben mindestens 2.336.770 Menschen die Hängebrücke überquert. So viele hat die Webcam bis Ende Dezember 2023 am Sosberger Brückenkopf gezählt. Doch das sind nur die Menschen, die aus Richtung Mörsdorf kommend die Brücke verlassen. Denn alle, die ab Sosberg starten oder die Brücke nicht komplett überqueren, werden nicht erfasst.


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Rundweg zum Wandern

Viele verbinden ihren Ausflug in luftige Höhen mit einer Wanderung. Dafür finden sie in der Gegend um die Geierlay verschiedene Rundwege zwischen drei und 14 Kilometer Länge.

Der Klassiker ist die knapp sechs Kilometer lange Geierlayschleife. Der Rundweg führt vom Besucherzentrum über die Hängeseilbrücke und auf dem Saar-Hunsrück-Steig wieder zurück. Wer unter Höhenangst leidet und sich nicht über die Brücke traut, hat jederzeit die Möglichkeit über eine Abkürzung wieder an den Ausgangspunkt zu gelangen. 

Übrigens: An der Mosel gibt es noch mehr spannende Brücken zum Drüberlaufen, -fahren oder nur zum Gucken. Wo es lang geht, steht hier: Diese 8 Brücken sind Meisterwerke». Und noch mehr Wanderwege mit dem gewissen Etwas gibt es natürlich auch 11 einzigartige Wanderrouten»

Hängeseilbrücke, Hunsrück, Mörsdorf

Übers Feld geht’s zurück ins Dorf. Fotos: Jörg Haubrich

Anfahrt, Adresse, Parken

Adresse: Besucherzentrum Geierlay
Kastellauner Straße 23
56290 Mörsdorf
www.geierlay.de

Anfahrt ab A61: Abfahrt Pfalzfeld Richtung B327 Hunsrückhöhenstraße – Richtung Kastellaun / Hermeskeil ab Kastellaun der Beschilderung nach Mörsdorf folgen

Anfahrt ab A48: Abfahrt Kaifenheim – Richtung Treis-Karden. In Treis-Karden ab Moselbrücke Beschilderung nach Blankenrath / Kirchberg über Moselallee folgen. Nach Kloster Engelport im Flaumbachtal halblinks Richtung Mörsdorf

Parken: P1 Besucherzentrum, erste 4 Stunden 10 €, danach je angefangene 15 Minuten 1 €. P2 Windorfer Str, erste 4 Stunden 8 €, danach je angefangene 15 Minuten 1 €. P3 Sportplatz, für die ersten 4 Stunden 6 €, jede weitere Stunde 2 €. P4 Wanderparkplatz, gebührenfrei.

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