In der Flugausstellung in Hermeskeil parken über 100 Originalmaschinen. Von der Messerschmitt über Tante Ju bis hin zur Super Constellation, die Konrad Adenauer nach Moskau flog. Zum Kaffeetrinken setzt man sich in eine Concorde.
Früher brummten sie am Himmel, doch einen Abflug machen diese Vögel garantiert nicht mehr. Denn die Maschinen befinden sich mitunter schon seit 50 Jahren im wohlverdienten Ruhestand.
Die Sammel-Leidenschaft der Juniors hat dem Hunsrück Flügel verliehen. Buchstäblich. Denn die Familie widmet sich der Fliegerei: Was einst mit einem Hubschrauber begann, ist zu einer der größten privaten Flugausstellungen Europas geworden. Auf dem Gelände in der Größe von rund elf Fußballfeldern und in vier Hallen stehen nicht weniger als 118 Fluggeräte. Bis auf wenige Ausnahmen sind es ausrangierte Originalmaschinen. Hierzulande hat diese Schau Alleinstellungs-Charakter. Kein Wunder, dass sie rund 150.000 Besucher und Besucherinnen pro Jahr in den Hochwald lockt. Und das schon seit über 50 Jahren.
Junkers Ju 52 als Star der Flugausstellung
Direkt an der Bundesstraße 327, der Hunsrückhöhenstraße, parken die Flieger in allen Größenordnungen. Von der Saab Viggen aus Schweden über den einst größten Hubschreiber der Welt bis hin zur VC 10 aus Abu Dhabi. Aus aller Herren Länder und Epochen. Denn in diesem ganz und gar nicht gewöhnlichen Museum wird die Geschichte der Luftfahrt von ihren Anfängen bis zum Düsenzeitalter nacherzählt.
Eines der Prachtexemplare der Sammlung ist die legendäre Junkers Ju 52, ein Stern am Himmel der Fluggeschichte. „Tante Ju” hat schon viele Menschen beflügelt. Als erfolgreichstes Verkehrsflugzeug war sie in den der 1930er-Jahren weltweit unterwegs – heute ist sie eine Rarität. Sogar das wohl bekannteste deutschen Oldtimer-Flugzeug wurde inzwischen ausgeflottet: Die historische Ju 52, Baujahr 1936, mit der Kennung D-AQUI. Noch bis 2020 hatte die Lufthansa den Klassiker mit dem charakteristischen tiefen Brummen für Rundflüge nutzt.
Nicht weit davon entfernt sind eine Antonov AN-2 und mehrere seltene Flugzeuge wie eine North American F-100 Super Sabre und eine Lockheed F-104 Starfighter aus nächster Nähe zu bewundern.
Eine Messerschmitt BF 108 Taifun erinnert daran, dass Luftfahrtgeschichte keine reine Sache tollkühner Männer ist. Denn mit diesem Flugzeugtyp brach Deutschlands berühmteste Fliegerin Elly Beinhorn einige legendäre Rekorde. Im Jahr 1935 hat es die Pilotin zum Beispiel in gut zwölfeinhalb Stunden nach Asien und wieder zurück geschafft.
Unglaublich, was die Flieger-Enthusiasten in Hermeskeil-Abtei zusammengetragen haben. Eine Sammlung von unschätzbarem Wert. Für Technik-Fans gehört die Schau ganz oben auf die Liste der Plätze, die man gesehen haben muss. Von Bernkastel-Kues an der Mosel sind es mit dem Auto gut 40 Autominuten bis nach Hermeskeil.
Rettungshubschrauber aus Wittlich
1973 hatte Leo Junior die Flugausstellung am westlichen Rand der Republik eröffnet, inzwischen führt dessen Sohn Peter mit seinem Team das Familienunternehmen fort. Über die Jahrzehnte haben sich die Juniors Kontakte aufgebaut, um die Maschinen aus dem In- und Ausland in den Hunsrück zu bekommen.
Einige wenige der Exponate flogen in der Region, bevor sie ihren Platz in der Flugausstellung bekamen. Zum Beispiel die orangefarbene Bell UH-1D mit dem Kenner „D-HBZV” in Halle 4. Die vom Bundesinnenministerium übernommene Maschine aus den 1960er Jahren ist als Rettungshubschrauber Christoph 10 von 1984 bis Ende 1996 von Wittlich aus Einsätze geflogen.
Ein blauer Helikopter vom Typ Brantly B2, Baujahr 1959, erinnert an den Beginn der Arbeit der fliegenden Mediziner. Denn mit einem fast baugleichen Model flog der damals junge Arzt Hans-Werner Feder im Sommer 1967 von Anspach im Taunus aus 52 Notfalleinsätze. Sein Feldversuch war der Stein, der die organisierte Luftrettung landesweit ins Rollen brachte. Denn damals gab es noch kein Notarztsystem, tatsächlich fuhren Hausärzte mit ihren eigenen Autos zur Unfallstelle auf der Autobahn.
Weltgrößter Hubschrauber und Vickers VC-10
Die meisten Ausstellungsstücke haben einen weiter Reise hinter sich. Etwa der einst größte Hubschrauber der Welt, die Mil Mi-6, der nach fast 50 Jahren immer noch riesig erscheint. Der 42 Tonnen schwere Koloss stellte 17 Weltrekorde auf.
1996 wurde der russische Riesenvogel von Petschora im Ural nach Hermeskeil überführt. Flugzeit 19 Stunden und 36 Minuten, 90.000 Liter Treibstoffverbrauch. Wahnsinn.
Oft landen Maschinen über etliche Umwege in Hermeskeil. Sie müssen auseinander gebaut, über tausende Kilometer transportiert und wieder mühsam zusammengesetzt werden. Solche Flugzeuge wie die Vickers VC-10 wieder zu montieren, erfordert viel Sachverstand und ist sicherlich kein Projekt für die Portokasse. In riesigen Einzelteilen wurde die Maschine mit Sattelschleppern in die Flugausstellung gerollt und wieder in den Zustand von 1962 versetzt.
Als eines der ersten Langstreckenflugzeuge der Welt schrieb der Jet im Vereinigten Königreich Luftfahrtgeschichte. Doch weil die amerikanische Boeing 707 im Betrieb deutlich günstiger war, wurden nur 54 Exemplare der Vickers VC10 gebaut. Das Exemplar der Juniors gehörte zuvor dem Staatsoberhaupt der Vereinigten Arabischen Emirate.
Ein weiterer Hingucker englischen Fabrikats ist die de Havilland Comet, der ersten zivile Düsenflieger der Welt. 1962 wurde er gebaut. Bevor er in Peter Juniors Flugausstellung aufs Altenteil ging, überflog er am 9. November 1980 noch einmal seine britische Heimat. Alle Reisenden an Bord erhielten Zertifikate für ihre Teilnahme am letzten Passagierflug der DH -106 Comet.
Obacht, da kommt eine Super Constellation
An prominenten Fliegern hat die Flugausstellung einiges im Programm. Zu den Publikums-Lieblingen zählt die Lufthansa-Maschine Super Constellation – die mit dem größten Tieflader Europas aus Hamburg nach Hermeskeil kam. Für Luftfahrtfans ist sie die Mona Lisa der Lüfte.
Ohnehin gibt es davon nur noch wenige Exemplare zu sehen. Doch diese Rarität, die heute in der Flugausstellung steht, hat eine ganz spezielle Geschichte. Denn genau mit der „Super Connie” ist der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer am 8. September 1955 zu Verhandlungen nach Moskau geflogen, womit es ihm nach gelang, die letzten 10000 deutschen Kriegsgefangenen nach Hause zu holen.
Eine Regierungsmaschine war sie allerdings nicht, das gab es damals noch nicht. Unter den Tragflächen hinweg schaut man auf eine Interflug-Iljuschin aus der DDR.
Mit Hund und Kind in Flugausstellung
Man muss kein Experte sein, um von diesem ungewöhnlichen Museum begeistert zu sein. Die Ausstellung beeindruckt auch Kinder, da man in einige Ausstellungsstücke auch hineingehen oder ins Cockpit schauen kann. Fotografieren ist erlaubt. Auch brave Hunde dürfen an der Leine mit in die Flugausstellung.
Zwar sind die meisten Flieger unter freiem Himmel ausgestellt. Doch auch die vier großen Ausstellungshallen platzen fast aus allen Nähten. Darin stehen oder hängen von der Decke über 40 Flugzeuge und Düsenjäger. Hinzu kommen unzählige Exponate, die Einblicke in die hochkomplizierte Technik bieten. Etwa Cockpitinstrumente, mehr als 60 Flugmotoren und sogar Schleudersitze. Die verschiedenen Modelle demonstrieren die Entwicklungsgeschichte.
Und die gigantische Sammlung wächst immer weiter. Inzwischen zog auch echtes Garagengold in die Flugausstellung ein. Gut erhaltene Automobile aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Produktion von Flugzeugen hierzulande noch verboten war. So steht nun zum Beispiel eine BMW Isetta in der Halle. Dem Kabinenroller von Messerschmitt, Baujahr 1955, sieht man an, dass er aus der Werkstatt von Flugzeugbauern stammt.
Ein Café in der Concorde
Sogar das 150 Personen fassenden Café ist stilecht untergebracht. Und zwar an Bord des bisher ersten und letzten Überschall-Flugzeugs. Auf der Karte stehen süße und deftige Snacks, serviert von freundlichen Stewardessen.
Die Concorde ist eine Legende. 27 Jahre lang galt sie als die exklusivste und schnellste Art zu reisen. Von Paris und London flog sie in gerade einmal vier Stunden nach New York. Mit bis zu 2’400 km/h fegte der Flieger durch den Himmel und verbrauchte etwa vier mal mehr Kerosin als ein Jumbo-Jet. Nur 20 wurden gebaut.
Doch am 25. Juli 2000 verunglückte die Maschine mit der Seriennummer 203 als Air-France-Flug 4590 nahe Paris. 113 Menschen kamen dabei ums Leben. Das war das Ende Königin der Lüfte, denn die Passagiere blieben aus. Am 26. November 2003 hob die Concorde zum letzten Mal ab.
Doch das Flugzeug kann noch immer in Museen besichtigt werden, zum Beispiel im Technikmuseum Sinsheim. Zwar ist die 70 Meter-Maschine in Hermeskeil eine Replik aus den Händen des Museumsgründers. Doch Kaffee und Kuchen haben im Original sicher nicht besser geschmeckt.
Infos für den Besuch der Flugausstellung
Adresse: Flugausstellung Peter Junior, Habersberg 1 / Hunsrückhöhenstraße B327, 54411 Hermeskeil, www.flugausstellung.de. Eintrittspreise: Erwachsene: 12 Euro, Kinder von 4 bis 14 Jahren: 6 Euro.
Öffnungszeiten: vom 1. April bis zum 1. November, täglich 10 bis 17 Uhr, auch an Feiertagen. Fotografieren ist erlaubt. Hunde dürfen an der Leine mitgeführt werden.
Und wenn man schon mal dort ist …
Sehenswertes in Hermeskeil
Dampflokmuseum: Im ehemaligen Bahnbetriebswerk Hermeskeil, Baujahr 1888, sind auf mehreren parallelen Gleisen rund 60 historische Lokomotiven ausgestellt, von denen eine preußische T3 von 1913 die älteste ist. Allerdings ist diese private Sammlung kein Museum im herkömmlichen Sinn, sondern ein fotogener Ort mit Lost places-Charakter. Vor dem Besuch die Öffnungszeiten auf der Homepage checken. Bahnhofstraße 20, 54411 Hermeskeil, www.dampflokmuseum-hermeskeil.de
Feuerwehr-Erlebnis-Museum: Der Name ist Programm. Denn Erwachsene und Kinder durchlaufen einen Mitmachparcour, der die Arbeit der Feuerwehr im Laufe der Jahrhunderte zeigt bis hin zu Lösch- und Rettungstätigkeiten einer modernen Feuerwehr. Wer möchte, kann zum Beispiel selbst ausprobieren, wie anstrengend die Brandbekämpfung im Mittelalter war. Glanzstücke der Schau sind die Feuerwehroldtimer. Neuer Markt 2, 54411 Hermeskeil, www.feuerwehr-erlebnis-museum.de/Bahntrassen-Radweg:
Radfahren: Der Besuch der Flugausstellung lässt sich gut mit einer Tour über den Ruwer-Hochwald-Radweg verbinden. Von Hermeskeil aus geht es über 50 Kilometer stetig bergab bis nach Ruwer bei Trier. Dorthin kommt man von Trier aus dem RegioRadler Ruwer-Hochwald Bus Linie 222.
Frühstücks-Tipp: Die Bäckerei Gillen backt auf der Steinplatte im holzbefeuerten Steinbackofen. In der Caféfiliale werden täglich Frühstücksvariationen von süß bis herzhaft serviert. Bahnhofstraße 1, 54411 Hermeskeil