Schöner wohnen in Matteo Thuns Winzerhäuschen

Im Weingut Longen-Schlöder kann sich jeder ein eigenes Winzerhäuschen mieten. Aber keins von der Stange. Denn die ungewöhnlichen Gästezimmer stammen aus der Feder von Star-Architekt Matteo Thun.

Weingut Longen-Schlöder, Winzerhäuschen, Matteo Thun, Mosel.

Die Winzerhäuschen von Matteo Thun. Fotos: Jörg Haubrich

Die von dunkelgrauem Gestein umhüllten Häuschen ziehen die Blicke der Passanten auf sich. Wie ein winziges Dorf versammeln sie sich inmitten von Blumen, Sträuchern und Bäumen. Typische Moselweine wachsen auf Schieferböden – und genau aus diesem Material sind auch die eleganten Winzerhäuschen gebaut.

Wir befinden uns in Longuich-Kirsch. Einem rund 1300-Seelen-Ort, nur wenige Kilometer nördlich von Trier. Die kleinen Winzerhäuschen sind die Gästezimmer des WeinKulturguts Longen-Schlöder. Erdacht und entworfen von einem der umtriebigsten Gestalter Europas.

In seinem Mailänder Studio plant der Südtiroler Architekt zum Beispiel Luxus-Hotels. Doch er entwirft auch hochwertiges Geschirr, Leuchten, sogar Löffel oder exklusive Möbel. Wer je im Hamburger „Side” übernachtet oder Espresso aus einer „Illy”-Tasse getrunken hat, der machte bereits die Bekanntschaft mit den Werken von Matteo Thun.

Weingut Longen-Schlöder, Sabine und Markus Longen, Vineria-Vinothek.

Sabine und Markus Longen in ihrer Vineria-Vinothek. Fotos: Jörg Haubrich

Der Designer und Architekt folgt klaren Prinzipien beim Bauen: Natürlich will er den Genius Loci, die Seele eines Ortes, einfangen. Und dabei auf Transportwege für Material, CO2-Ausstoß und Müll so weit wie möglich verzichten.

Nachhaltigkeit haben sich auch Sabine und Markus Longen bei der Bewirtschaftung ihres Weinguts auf die Fahnen geschrieben. „Die Arbeiten von Matteo Thun sind uns im Laufe der Jahre immer wieder begegnet und haben uns fasziniert”, erzählt Sabine Longen. Warum also nicht den renommierten Architekten für das eigene Projekt engagieren?

Feine Moselküche auf der Speisekarte

Sabine und Markus Longen fallen an der Mosel immer wieder auf mit frischen Ideen. Seit 1999 hatte das Winzer-Paar den traditionellen, elterlichen Betrieb nach und nach in ein schickes WeinKulturgut verwandelt.

Für die Küche des Hauses galt von Anfang an: „Keine Schnitzel, keine Pommes und kein Bier”, erklärt Sabine Longen das gastronomische Konzept. Stattdessen findet man typisch moselländische Spezialitäten wie Trestersteak, Wingertskäs oder den Klassiker Weincreme auf die Speisekarte. Aber auch Zanderfilet in Sesam gebraten oder Tortellini in Frischkäse-Riesling-Sauce. Auf einer Schiefertafel verspricht der Küchenchef zusätzliche saisonale Gerichte und wechselnde Menüs als Mittagstisch. Fast sämtliche Zutaten stammen aus der Region.

Mehr als Riesling

Den passenden Wein zur Hausmannskost deluxe empfiehlt natürlich der Chef. Riesling, Chardonnay oder vielleicht Merlot gefällig? Tatsächlich hegt und pflegt Markus Longen in seinen Weinbergen schon lange eine moseluntypische Sortenvielfalt. Und den jeweils besten Tropfen eines jeden Jahrgangs adelt der Winzer mit einem eigens dafür entworfenen Künstleretikett.

Überhaupt: In Sachen Kunst und Unterhaltung ist in Longuich viel los. Etwa Ausstellungen, Lesungen oder Konzerte. Daneben stehen kulinarischen Weinproben im Veranstaltungskalender oder fachkundige Führungen durch die Hänge des Weinguts.

Weingut Longen-Schlöder, Winzerhäuschen, Aussicht

Der Frühstücks- und Seminarraum gestaltet von Matteo Thun.

Solche Veranstaltungen ziehen natürlich auch Besucher von außerhalb an. Ohnehin steigt die Nachfrage auf Kurzurlaub beim Winzer. Deshalb beschlossen die Longens 2009, das Projekt neue Gästezimmer in Angriff zu nehmen. Dafür schickten sie eine E-Mail an den Mann, dessen Arbeiten sie so sehr schätzen.

Ob man sich zum Gespräch treffen könne, fragten sie den Baumeister Matteo Thun. Man wäre doch ohnehin demnächst wegen einer Messe in Italien vor Ort.

Matteo Thun in Longuich

Und tatsächlich: Der berühmte Architekt gab den Longens keinen Korb, sondern kam nach einem ersten Treffen nach Longen-Kirsch. Dort kletterte der Baumeister gemeinsam mit dem Winzerpaar in deren Weinberge am gegenüberliegenden Ufer der Mosel.

„Von hier aus schaute er auf die Baufläche und sagte, eine kleinteilige Lösung müsse her”, erzählt Markus Longen. „Die Idee: Nicht ein Haus für die Gäste zu bauen, sondern stattdessen mehrere kleine.” Bei der Gestaltung ließ sich der Architekt von den traditionellen Geräteschuppen der Mosel-Winzer im Wingert inspirieren.

Winzerhäuschen, Longen-Schlöder

Von manchen Häuschen aus kann man auf die Weinhänge am gegenüberliegenden Ufer sehen.

Da stehen sie nun. Immerhin 14 an der Zahl sind es geworden. Kleine Refugien, jedes davon mit einem eigenen Eingang versehen. Sie stehen entweder alleine oder in Zweiergruppen, einige von ihnen können als Familienhäusern miteinander verbunden werden.

Doch damit war es nicht getan: Im neu errichteten „Haus Sabine” wurden sechs weitere Zimmer untergebracht und die bestehende Vinothek um einen lichten Anbau erweitert. Ein neues Gebäude beherbergt nun den Frühstücksraum mit Blick auf den Weinberg.

Urlaub im Winzerhäuschen

Im Innern sind die charmanten Häuschen vor allem eines: warm, freundlich und klar. Sie bestehen aus nur einem Raum, die Bäder wurden geschickt integriert. Die Wände strahlend weiß, Möbel und Fußboden sind aus Eiche. Jedes Detail, vom Wasserhahn bis zum Bett, wurde von Thun entworfen. Hier und da leuchtet ein roter Farbtupfer: Etwa eine Tagesdecke oder ein Stuhl.

Jedes Winzerhaus hat ein eigenes Gärtchen.

Jedes Winzerhaus hat ein eigenes Gärtchen.

Auf Fernseher und Minibar haben die Longens bewusst verzichtet. Stattdessen hat jeder Gast sein eigenes Mini-Gärtchen mit Terrasse vor den bodentiefen Fenstern, in dem Zitronenmelisse, Minze oder Salbei duften. Auch Storchschnabel, Lavendel und Rosen prägen das Bild auf dem Gelände. Und die Ernte der Himbeersträucher kann auf der Terrasse genossen werden.

Architekturpreis Wein

Für dieses ausgeklügelte Konzept gab’s 2016 den ersten Platz beim Architekturpreis Wein, der vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forstwirtschaft des Landes Rheinland-Pfalz, der Architektenkammer und des Deutschen Weinbauverbandes verliehen wurde.

Doch die Winzerhäuschen ziehen nicht nur Architektur-Fans an. Das, was Matteo Thun im Zusammenwirken mit lokalen Architekten geschaffen hat, lockt Neugierige, Wanderer und natürlich Weinfreunde von weither an die Mosel. Auch Businesskunden schlagen regelmäßig ihr Lager in Longuich auf. Und Matteo Thun war natürlich nochmal da und hat die von ihm entworfenen Häuschen getestet.

Adresse: WeinKulturGut Longen-Schlöder, Kirchenweg 9, 54340 Longuich, Tel. 0 65 02/83 45, www.longen-schloeder.de. Tipp für Camper: Es gibt auch Stellplätze am Weingut, etwa 150 Meter von der Mosel gelegen.

 

 

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