Ob nun Teerdisch und Viez aus Trier oder Zwiwwelfleisch aus Cochem. Die moselländischen Spezialitäten haben für Außenstehende mysteriöse Namen. Was sich hinter Gräwes, Tresterfleisch und Co verbirgt, steht hier.
Die Reinländer schwören auf ihren Sauerbraten, in Bayern geht es um die Wurst. Und bei Ostfriesen steht seit Generationen Grünkohl mit Pinkel hoch im Kurs. Doch bei welchen traditionellen Spezialitäten wird es den Moselaner und Moselanerinnen warm um Herz und Magen?
Fragt man die Leute in der Region, ist etwa die Rede von Krommbierewurscht, einer Kartoffelwurst, oder Mosel-Wingertspoal. Bei dem Zungenbrecher-Gericht handelt es sich um aufgespießten, mariniertem und gegrillten Schweinenacken. Auch Krumpernschnietcher, Reibekuchen, bedeuten für viele echtes Heimatgefühl. Überhaupt: Im Zentrum vieler typischer Gerichte steht die Kartoffel, die „Krumper”.
Als weiteres Lieblingsgericht, das Erinnerungen an die Kindheit weckt, wird immer wieder Schoales, Dibbelabbes oder Döppekoche genannt. Tatsächlich hat dieser Kartoffelauflauf mit Speck fast in jeder Ortschaft einen anderen Namen. Und jede Familie an Mosel kocht nach ihrem eigenen Rezept.
Typisch Mosel!
An der Mosel wird traditionell herzhaft-deftig gegessen. Zwar stehen die Gerichte aus der einstigen Arme Leute-Küche heute nur noch selten – oder verfeinert – auf den Speisekarten der Restaurants. Aber auf den Wein- und Straßenfesten findet man noch immer die ganze Bandbreite der ursprünglichen Hausmannskost von damals.
Während das „Zwiwwelfleisch”, Zwiebelweinfleisch, zu den klassischen Cochemer Spezialitäten aus Omas Küche zählt, kommt in Bernkastel-Kues zum Beispiel gebackener Moselfisch als „Muselfisch“ auf den Teller. Und fragt man in Trier nach einem typischen Gericht, lautet die Antwort der Jüngeren oft „Flieten”, knusprige Hähnchenflügel. Aber alle Generationen sind sich einig bei „Teerdisch”.
Teerdisch und Gräwes
Was sich hinter diesem geheimnisvollen Namen verbirgt? Teerdisch, entlang der Mosel Gräwes genannt, ist ein tief in der Region verwurzeltes Gericht. Denn das Gemisch aus Kartoffelpüree, Sauerkraut und Speck haben die Winzer schon anno Tobak in Marmittchen (auf Hochdeutsch: Henkelmännern) mit zur Arbeit im Weinberg getragen.
Bis heute kommt Gräwes mit Kasseler oder reichlich gerösteten Zwiebelringen auf den Tisch. Neuerdings gibt es aber natürlich auch eine vegetarisch Variante.
In Gaststätten stehen Traditionsgerichte wie Zander (gerne mit Gräwes gereicht), Rieslingsüppchen oder Weincrème auf der Speisekarte. Und Weinsoßen gibt es wohl so viele wie Köchinnen und Köche an der Mosel. Zu den regionalen Spezialitäten gehört auch wieder der geräucherte Mosel-Aal. Über Jahre war der fetthaltige Fische wegen Schadstoffen weg vom Fenster. Inzwischen ist er zurück. Mal mit Preiselbeeren, mal mit Rührei und Schnittlauch.
Geschmackserlebnis Tresterfleisch
Weniger bekannt ist eine ganz besondere Spezialität von der Mittelmosel: Das Tresterfleisch. Besonders beliebt bei Liebhabern von Bränden. Denn die wichtigste Zutat ist der Moselschnaps namens Trester. Kennt man nicht? Aber sicher doch. Denn in Italien sorgt der Brand als Grappa für Furore, in Griechenland heißt er Tsipouro und in Frankreich Marc.
Für das geistreiche Gericht Tresterfleisch wurde und wird ein Stück Schweinefleisch in der Brennblase mit Dämpfen des Destillats gegart. Doch nicht jeder brennt Schnaps. Tatsächlich tut es auch ein ganz normaler Kochtopf, wenn man nur den Braten zuvor tagelang in Wein und dem Moselbrand badet.
Spezialitäten aus der Calmont-Region
Und was man trinkt zu all den kulinarischen Spezialitäten? Richtig, natürlich Mosel-Wein. Dafür ist die Region weltweit bekannt.
Vom Brauneberger Juffer über den Bernkasteler Doctor und die Wehlener Sonnenuhr bis hin zum Erdener Treppchen: An der Mittelmosel reiht sich eine berühmte Lage an die nächste. Calmont, Frauenberg und Elzhofberg – das sind die berühmtesten Weinlagen in der Calmont Region.
Calmont – da klingelt’s bei vielen, die schon dort waren, in den Ohren. Denn im steilsten Weinberg Europas wachsen nicht nur Rieslinge von großem Ruf. Vor allem ist der Gigant von einem beliebten Klettersteig durchzogen – wohl einem der schönsten Wanderwege, die man im Tal beschreiten kann.
Eine ganze Reihe von Winzern arbeitet in dem Hang, der mit einer Neigung von rund 65 Grad steiler ist als der Anlauf der Oberstdorfer Skisprungschanze. Deshalb kann man sich bei Weinproben vor Ort aus erster Hand erzählen lassen, wie es ist, als Akrobat in dieser fast vertikalen Lage zu ernten.
Weingüter der umliegenden Dörfer haben dort Parzellen. Etwa das Weingut Reinhold Franzen von Angelina und Kilian und Franzen in Bremm. Ihr Wein „Der Sommer war sehr gross” ist nicht nur ein Cuvée, das die Lagen Calmont und Frauenberg vereint. Sondern inzwischen auch der Titel einen Buchs, das die Geschichte des jungen Winzerpaares erzählt.
In Ediger-Eller haben Michael und Gabriele Borchert einen Glücksort für Genussmenschen geschaffen, wo man Rieslinge aus dem Calmont, dem Ediger Feuerberg oder dem Elzhofberg verkosten kann. In ihrem Weincafé-Restaurant im Springiersbacher Hof gibt es dazu die passenden Köstlichkeiten aus der feinen Winzerküche, etwa garniert mit Walnüssen oder Weinbergpfirsichen, die vor der Haustüre wachsen.
Nussiges Mitbringsel von der Mosel
Die Walnuss ist die Olive der Mosel. Denn die königlichen Früchte mögen das spezielle Klima im Tal. Überall am Fluss begegnete man dem starken Baum. Darunter viele Jahrzehnte alte Methusalems, die gegen Ende September immerhin über 100 Kilo Nüsse auf den Boden werfen. Doch liegen bleibt keine. Denn ungeachtet der Eigentumsverhältnisse, schleppen Touristen die knackigen Früchte gleich tütenweise weg.
In den Mosel-Küchen werden daraus interessante Köstlichkeiten wie Walnussbrot, auf der Zunge zergehende Walnusstorte, aber auch Walnuss-Bratwurst gemacht. Vor allem Brauneberg ist bekannt für seine Spezialitäten aus den Früchten der Walnussbäume. Rund 180 ihrer Art bilden die mit 1600 Metern längste Nussbaumalle der Mosel. Hinzu kommen mehrere Hundert Bäume rund um die Gemeinde.
Auf dem Brauneberger Wein-Straßenfest im September kommt die Walnuss auf der Speisekarte groß raus: Von Walnusspastete über Walnusslikör bis hin zu Gegrilltem mit Walnuss-Soße.
Fruchtige Spezialitäten aus Cochem
Cochem wiederum hat sich mit einer ganzen Reihe von Produkten rund um den Roten Weinbergpfirsich einen Namen gemacht. Denn jedes Jahr im April und zur Ernte im September wird die typisch moselländische Frucht mit Märkten auf dem Endertplatz gefeiert.
Die „rud Peesch”, wie die Einheimischen den Roten Weinbergpfirsich nennen, hat einen festen Platz in der Moselküche. Die Früchtchen werden eingelegt oder hochprozentig als Brände veredelt. Aus ihnen werden Konfitüre, Torten und Chutney gemacht. Kaum ein Lokal an der Mosel hat den Weinbergpfirsich-Likör nicht in irgendeiner Form auf Karte.
Trierer Nationalgetränk Viez
Das Nationalgetränk der Trierer ist und bleibt der Viez. Tatsächlich ist der Apfelwein mit dem eigenwilligen Geschmack zwischen Mosel und Saar in aller Munde. Sogar eine Ferienroute ist dem säuerlich-herben Getränk gewidmet. Sie schlängelt sich als Viezstraße über fast 150 Kilometer von Merzig bis nach Trier. Entlang der gastfreundliche Strecke laden ab April bis in den Herbst zahlreiche Viezfeste und öffentliche Viezproben zum Verkosten.
Die Viez-Region ist eine uralte Kulturlandschaft, die schon von den Römern besiedelt wurde. Deshalb leitet sich sein moselfränkischer Name Viez vermutlich vom Lateinischen vice vinum ab. Er soll derzeit ein günstiger Weinersatz fürs Volk gewesen. Sicher ist das allerdings nicht. Getrunken wird er traditionell aus dem Porz, einem weißen Keramikbecher.
Etwa auf halber Strecke zwischen Wittlich und Trier kann er auch im idyllischen Viez-Garten in Esch verköstigt werden. Gleich nebenan steht ein Viez-Automat, wo man sich rund um die Uhr mit dem traditionellen Getränk versorgen kann.
Prickelnde Spezialitäten
Oder soll es etwas Edles sein? Ein guter Winzersekt kann sich durchaus mit dem berühmten Bruder aus der Champagne messen lassen. Tatsächlich wird er nach dem gleichen anspruchsvollen Prinzip der traditionelle Flaschengärung hergestellt. Als einer der Ersten an der Mosel begann Anfang der 1980er Klaus Herres in Leiwen, Sekte aus Rieslingtrauben zu vinifizieren.
Inzwischen hat hierzulande wohl kein anderer Sektwinzer so viele Preise gewonnen. Joachim Gauck, die Queen oder Bill Clinton haben den Laurentius-Sekt schon getrunken, denn seit 1999 wird der prickende Wein in Schloss Bellevue ausgeschenkt. n
Doch neben Klaus Herres‘ Sektgut St. Laurentius gibt es weitere Winzer an der Mosel, die hervorragende Sekte erzeugen. Beispielsweise das Weingut Immich-Anker in Enkirch. Und das auch noch zu Preisen, die deutlich unter jenen berühmter Tropfen aus der Champagne liegen.
Gin mit Heimatgeschmack
Natürlich ist auch die Modewelle Gin längst über die Ufer der Mosel geschwappt. Beliebt sind vor allem Sorten, die Brenner in der Region mit Zutaten aus ihrer Heimat veredeln. Denn längst nicht mehr gibt nur der Wacholder den Geschmackston an. Daneben kommen allerlei Kräuter, Gewürze oder Früchte als sogenannte Botanicals zum Einsatz.
Mit Lokalkolrit und dem Aroma des roten Weinbergpfirsichs kommt etwa der „Rouge Mosel Dry Gin” aus dem Hause Wajos daher. Und „Harrys Waldgin”, ein Gemeinschaftsprojekt von Sternekoch Harald Rüssel und Edelbrenner Hubertus Vallendar, überzeugt mit Kräutern und Waldgewächsen aus Naurath/Wald bei Trier.
Der „Hero Gin” aus Minheim wiederum erhält seine Superkräfte durch die Zugabe von Orangenschalen, Lavendel und zwei weiteren geheimen Botanicals. Alle Zutaten werden niemals verraten. Der Gin der jungen Brennerei Die Schmiede zeichnet sich sogar durch insgesamt 16 Zutaten aus. Darunter Riesling-Trauben aus dem Bremmer Calmont.
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