Auf den Hügeln von Traben-Trarbach steht eine Pilgerherberge wie aus dem Bilderbuch. Die Alte Lateinschule bietet aber nicht nur Fußgängern auf dem Mosel-Camino ein Dach überm Kopf.
Seit Hape Kerkeling seinen Bestseller schrieb, waren schon viele mal weg. „Sie beten mit den Füßen”, sagen die Spanier und meinen damit die Pilger und Pilgerinnen auf dem Jakobsweg.
Tagelang wandern. Natur erleben. Allein sein? Früher wurde jeder, der die Strecke laufen wollte, verdächtigt, einem religiösen Wahn verfallen zu sein. Heute verstopfen mitunter bis zu 200 000 Menschen pro Jahr den spirituellen Pfad zum angeblichen Grab des Heiligen Jakob nach Santiago de Compostela.
Pilgern auf dem Mosel-Camino
Die gute Nachricht: Es gibt nicht nur diesen einen Jakobsweg. Denn ein Streckennetz mit Zubringerwegen zieht sich durch ganz Europa. Wer sich Ruhe und innere Einkehr erhofft, dem sei die Route an der Mosel entlang von Koblenz nach Trier empfohlen. Denn hier kann man tatsächlich noch genauso pilgern, wie man es sich vorstellt: Ohne Massenspektakel in einer intakten, wunderschönen Natur.
Der Mosel-Camino führt auf gut 160 Kilometern flussaufwärts zur Benediktinerabtei St. Matthias in Trier, dem einzigen Apostelgrab auf deutschem Boden. Seit gut 800 Jahren wird doch der Heilige Matthias verehrt. Auf acht Etappen, je zwischen 19 und 26 Kilometer lang, weisen über tausend Muscheln den Weg. An Burgen und Dörfern vorbei, Berge hinauf und wieder hinunter.
Doch nach stundenlangem Fußmarsch, nach Blasen, Tränen und Schweiß versteht so mancher, warum Pilgern im Mittelalter eine Strafe war. Da sehnen sich sogar die Hartgesottenen zwischendurch nach einem netten Quartier.
Allerdings bietet eine klassische Pilgerherberge, wie zum Beispiel an der Hauptroute in Spanien, meist nur wenig Komfort. Es riecht nicht immer so, wie man es schön findet. Und es ist auch nicht immer so ruhig, wie viele es gerne hätten. Dafür sind diese Unterkünfte günstig und liegen direkt am Weg.
Pilgerherberge in Traben-Trarbach
In Traben-Trarbach hingegen kann man nicht nur günstig, sondern auch mit Flair übernachten. Denn wo einst Kinder Mathe und Grammatik büffelten, werden heute Pilgerscharen von Herbergschefin Ulrike Böcking betüdelt.
Gerade mal 200 Meter vom Mosel-Camino entfernt, etwa auf der Mitte der Strecke, liegt die Pilgerherberge „Alte Lateinschule” auf einem Hügel. Über eine hübsche Gasse erreicht man vom Rathausplatz das Haus, das etwa seit 1395 neben der evangelischen Kirche steht.
Ursprünglich 1573 als Lateinschule gegründet, beherbergte der Giebelbau lange Zeit das erste und einzige Gymnasium zwischen Koblenz und Trier. Später war die Schule im ehemaligen Amtsgericht in der Brückenstraße untergebracht, ehe sie 1905 in das neue Gebäude am Bernkasteler Weg umzog. Von der Ausbildung profitierten viele Weinkaufleute für ihren späteren Beruf.
Zuletzt war in den geschichtsträchtigen Räumen einen Jugendtreff untergebracht. Danach stand die Alte Lateinschule lange Zeit leer. Dann kam Ulrike Böcking. Leidenschaftliche Winzerin, mit gutem Essen-Auskennerin, Bergretterin.
Viele Jahre lang hatte Ulrike Böcking in Traben-Trarbach ein Weingut geführt und mit den Kollegen vom Klitzekleinen Ring verlassene Weingärten vor der Verbuschung gerettet. Dann wurde die Alte Lateinschule zum Objekt der Begierde.
Garten und Pilgerausweis
Dabei herausgekommen ist eine Pilgerherberge, die man jedem nur ans Herz legen kann. Und das liegt vor allem am Engagement und der liebevollen Fürsorge der Chefin.
Der Gemeinschaftsraum ist freundlich und hell. Hier trifft man sich abends auf ein Glas Wein und morgens natürlich zum Frühstück, das alle in höchsten Tönen loben. Drumherum ist jedes Eckchen liebevoll bepflanzt. Im lauschigen Garten tummeln sich Hummeln und Schmetterlinge, alles grünt und blüht wie bezahlt.
Diese Unterkunft ist ein wundervolles Plätzchen, umgeben von Weinbergen und mit Blick auf die Ruine der Grevenburg. Den Stempel in den Pilgerausweis gibt es natürlich auch. Mittlerweile hat sich die besondere Atmosphäre der Alten Lateinschule nicht nur unter Wanderern auf dem Mosel-Camino herumgesprochen. Inzwischen checken sogar Familien am Wochenende in der Pilgerherberge neben dem Kirchturm ein.
Günstig schlafen in der Pilgerherberge
Ulrike Böcking bietet nicht nur Fußgängern auf dem Camino Unterkunft und Rast. Bei ihr ist jeder willkommen, der es aushält, mit anderen Leuten in einem Raum zu schlafen.
Immerhin bis zu elf Gäste finden Platz in dem muckeligen Schlafsaal unterm Dach. Eine kleine Treppe im Raum führt hinauf in die sogenannte „Suite”, eine winzige Empore mit zwei Betten. Abends legt sich der müde Pilger hier auf sein gemütliches Lager, hofft darauf, dass niemand schnarcht. Und ist dann mal weg.
Info Pilgerherberge: Wo, wie teuer, Kontakt
Alte Lateinschule
Ulrike Böcking
Kirchgasse 23
56841 Traben-Trarbach
Mobil 0 171 - 384 36 01
39 Euro pro Übernachtung mit Frühstück
www.altelateinschule.de
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