Die Burg Arras beherbergt ein Museum, ein Restaurant und ein Hotel mit stilechten Kemenaten. Bemerkenswert ist das Gedenkzimmer für Onkel Heini.
56859 Alf. Eine Anschrift ohne Straßenname. Wer die Burg Arras sucht, muss sich mit einer Postleitzahl begnügen. Doch gleich hinter den Ortschaften mit dem düsteren Namen Höllental und Alf-Fabrik weist ein Schild den Weg hinauf zu dem Gemäuer.
Schon die Anfahrt ist so, wie es sich für eine Zeitreise ins Mittelalter gehört. Denn ein kurvenreicher Pfad, gesäumt von verschnörkelten Jugendstil-Laternen, schraubt sich immer weiter steil nach oben. Man kann sich gut vorstellen, wie beschwerlich die Bewirtschaftung der Burg vor der Erfindung des Automobiles gewesen sein muss.
Vom Parkplatz aus sind es nur noch ein paar Schritte bis in den Innenhof dieser Bilderbuch-Burg, die hier schon seit fast 1000 Jahren steht. Allerdings nur teilweise, denn die trutzige Arras über dem Örtchen Alf hat in ihrer Geschichte schon einiges mitmachen müssen.
Geschichte der Burg Arras
Die im frühen Mittelalter errichtete Burg gehörte einst zu gleichen Teilen dem Kaiser und dem Erzbischof von Trier. Wie fast aller Burganlagen der Region, fiel auch die Arras der Eroberungspolitik des Sonnenkönigs Ludwig XIV. zum Opfer: Im Jahr 1689 schleppten Soldaten Pulver auf den Berg und sprengten die Burg in Luft.
Jahrhunderte lang gammelte die Ruine vor sich hin und wurde von der Bevölkerung als Steinbruch genutzt – bis ein gewisser Traugott Wilhelm Dykerhoff die Reste der Feste kaufte und sie ab 1907 als Herrensitz wieder aufbauen ließ. Heute erinnert ein Gedenkstein im verwunschen Garten an den Bergwerksdirektor aus Herne.
Seine Burg Arras wurde von den Erben weitergereicht und ging schließlich 1978 über in den Besitz von Maria und Otto Keuthen aus Briedel. Nun kam Leben in die alte Burg. Denn mit Liebe zum Detail richtete die Familie darin das einzige Burghotel an der Mosel mit Restaurant und Museum ein und hält die Anlage zur Freude der vielen Besucher bis heute in Schuss.
Burg Arras mit Verlies und Teich
Hier ragt der mächtige Bergfried in den Himmel, da beherbergt der Keller ein gruseliges, zweistöckiges Verlies mit Folterkammer. Sogar eine mittelalterliche Kanone präsentiert sich mitten im kopfsteingepflasterten Hof. Und welche andere Burg hat schon so einen bezaubernden Seerosenteich im Garten zu bieten. An jeder Ecke der Anlage sieht und fühlt man den Charme vergangener Zeiten.
Überall im Gebäude stehen Antiquitäten, Skulpturen, Ritterrüstungen und Helme herum. Kenner entdecken im ehemaligen Frauenzimmer die Dürer-Grafik zwischen Bildern der Herrscher und Kurtriers. Auch ungeschulte Augen können den Abort im Rittersaal identifizieren.
Man sieht Waffen aus dem Mittelalter. Aber auch wertvolle, einzigartige 200 Jahre alte Grafiken des Mosellaufs und Vitrinen voll mit kostbaren Bücher. „Alles, was man hier sieht, stammt zwar zum größten Teil aus der entsprechenden Zeit, aber nicht aus der Burg selbst”, erklärt Roman Keuthen. Der Burgherr ist Kümmerer, Burghistoriker, Guide und Koch in Personalunion.
„Die Original-Einrichtung wurde im Pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen mitsamt der Burg in die Luft gesprengt.” Heute führt der Jurist gemeinsam mit seiner Mutter Maria die Geschäfte. Es war sein Vater Otto Keuthen, der diese nahezu unglaubliche Menge an Möbeln, historischen Devotionalien und Kunstgegenständen im Laufe seines Lebens zusammengetragen hat. Die Burg Arras selbst ist wahrscheinlich das größte Exponat, das der ambitionierte Sammler je kaufte.
Heiraten auf Burg Arras
Doch wie viel echtes Mittelalter auch noch in dem Anwesen stecken mag: Die Burg Arras ist eine Zeitmaschine für eine Reise in längst vergangene Epochen und ein beliebtes Wanderziel. Hochzeitspaare kommen zur standesamtlichen Trauung oder zum Feiern bei Lautenklängen her. So eine Feier im Rittersaal mit Kamin, inmitten von Rüstungen, ist für viele Mittelalter-Fans das Größte. Auf Bestellung legt sich dabei ein Hofnarr ins Zeug.
Biegt sich der Tisch unter Weinbergschnecken, Braten oder Selleriesuppe nach historischem Rezept und strömt dazu Alfer Katzenkopf aus der Flasche, sitzt man im Burgrestaurant „Zum letzten Ritter”. Scheint die Sonne, versammeln sich Ausflügler zur Vesper auf der Panorama-Terrasse.
Auch logieren kann man hier. Der Spaß ist sicherlich nicht billig, aber von der Romantik begeisterte Reisende aus Deutschland, China, Japan oder den Vereinigten Staaten quartieren sich gerne für ein paar Tage im einzigen Burghotel an der Mosel ein. Denn so ein Interieur bekommt man nicht aller Tage geboten.
Himmelbett mit Schnörkeln, Baldachine, Höckerchen, Deckchen und Gemälde. In den zehn Doppelzimmern kann man schlafen wie einst die Rittersleut. Allerdings mit Heizung und modernem Bad – also wärmer und sicher auch viel bequemer. Sogar die nörgelige Prinzessin auf der Erbse würde diese Ausstattung wohl mit der vollen Punktzahl bewerten.
Hotel mit echten Kemenaten
Die Kemenaten haben keine Nummern, dafür schöne Namen von einst. Sie heißen etwa Agnes, Constantin oder Elvira. „Elvira ist das Burggespenst”, klärt Roman Keuthen auf. „Denn sie hatte sich mit dem Stallburschen eingelassen und wurde zur Strafe eingemauert.”
Eine Elvira mit wehendem Schleier wurde bislang zwar noch nicht in den Fluren gesichtet. Doch wahrscheinlich wäre eine Begegnung mit dem Wesen nicht sonderbarer als die Entdeckung des Tigerfells, das eine Wand im Treppenhaus schmückt. Ein mittelalterliches Mitbringsel ist das sicherlich nicht.
Tatsächlich gehört das Stück zum Nachlass des ehemaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke, der unser Land zwischen 1959 bis 1969 bei wichtigen Veranstaltungen und im Ausland repräsentierte.
Museum mit kuriosen Exponaten
Weil dessen Ehefrau Wilhelmine die Tante von Eigentümerin Maria Keuthen war, wurde für „Onkel Heini” ein eigenes Gedenkzimmer auf der Burg eingerichtet. Zu sehen ist ein Raum rappelvoll mit Gastgeschenken, Fotos und Erinnerungsstücken aus aller Welt. Gaben vom äthiopischen Kaiser Haile Selassie sind ebenso zu besichtigen wie ein Führerschein von Lübke.
Als Prunkstück der Ausstellung gilt ein Wandbehang aus dem Besitz der Madame de Pompadour (1721-1764), geschenkt vom Staatspräsidenten Charles de Gaulle als Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft. Oder wie der Besitzer Roman Keuthen sagt: Zur Beendigung der deutsch-französischen Feindschaft.
Panorama gibt es natürlich auch. Denn vom Museum führt eine Treppe mit abgetretenen Stufen auf den Bergfried hinauf. Es heißt, dieser 20 Meter hohe Turm habe allen Zerstörungsversuchen widerstanden und gehöre deshalb zu den ältesten Bauwerken zwischen Koblenz und Trier. Dieser Bergfried beherbergt nicht nur die Zisterne, sondern auch die Burgkapelle mit Altar. Original erhalten aus dem Jahr 1103.
Auf der Plattform des Bergfrieds angekommen, eröffnet sich eine fantastische Sicht auf die Landschaft drumherum. „Von hier aus sehen wir alles, was die Region zu bieten hat”, erklärt der Burgherr. Der Blick auf das Alftal bis hin zur Mosel, über den Kondelwald, die Eifel und den Hunsrück ist wirklich einmalig. Alles grünt und dazu diese Stille. Wer abschalten will, ist hier richtig.
Infos zur Burg Arras
Adresse: Hotel Burg Arras, 56859 Alf, Tel.: 06542/222 75
Mail: keuthen@arras.de, www.arras.de.
Anfahrt und parken: Adresse fürs Navi: Wittlicher Str. 1. Vom kostenlosen Parkplatz geht’s zur Burg gut 600 Meter steil bergauf. Für jemand, der nicht gut zu Fuß unterwegs ist, ist der Aufstieg durchaus beschwerlich.
Für Menschen mit Behinderung ist die Anfahrt direkt vor die Burg aber möglich, obwohl die wenige Parkplätze (kostenpflichtig) normalerweise den Hotelgästen vorbehalten sind.
Restaurant Zum letzten Ritter: Geöffnet ab 17.30 Uhr. Abendessen nur mit (auch kurzfristiger) Tischreservierung.
Öffnungszeiten Museums: Montag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr, Sa/So: 9 bis 18 Uhr. Eintrittspreise: Erwachsene: 6 €, Kinder 6 bis 10 J.: 3 €.
Im Januar und Februar geschlossen.
Und wenn man schon mal da ist …
Sehenswertes bei Burg Arras
Der Aussichtsturm auf dem Prinzenkopf. Von der Burg Arras gelangt man nach einer Wanderung durch den Wald zum Prinzenkopfturm. Von seiner Plattform hat man den Zeller Hamm im Visier, eine Besonderheit in der Welt der Schleifen. Der Blick schweift über die Marienburg, die Burg Arras, bis hin zum Calmont.
Denn zwischen Alf und Pünderich braucht die Mosel knapp 14 Kilometer, um den Bergkamm zu umfließen. Dabei liegen die beiden Enden der Schleife nur knapp 400 Meter voneinander entfernt.
Die Doppelstockbrücke. Alf liegt rund fünf Kilometer entfernt von Zell gegenüber von Bullay, dem Tor zur Mittelmosel. Die beiden Orte sind durch Deutschlands erste Doppelstockbrücke miteinander verbunden. Damals eine architektonische Meisterleistung. Die sehenswerte Konstruktion war Teil der legendären Kanonenbahnstrecke, die derzeit die preußische Hauptstadt Berlin mit Metz verband.
Historische Eisenbahnarchitektur. Wer mit der Moselweinbahn vom Bahnhof in Bullay nach Traben-Trarbach fährt, bekommt in einer Viertelstunde gleich zwei Superlative historischer Eisenbahnarchitektur sehen. Die erste Station ist die Doppelstockbrücke. Nach der Überfahrt durchquert der Zug den 459 Meter langen Prinzenkopftunnel, um an Pünderich vorbei 768 Meter über Deutschlands längstes Hangviadukt zu donnern.
Alfer Fähre und Geschichte
Nostalgische Fähre. Zwar längst nicht so alt wie die Burg Arras, aber wunderbar nostalgisch, ist dieses kleine Wassergefährt: Zwischen Alf und Bullay verkehrt noch eine der wenigen Fähren. Der Fährmann der „Remigius” nimmt Fußgänger und Fahrräder mit auf die andere Moselseite. ZUM WEITERLESEN: Wo Fähren den Mosel-Urlaub verschönern»
Das Heimatmuseum. Auf dem Weg zur Burg Arras sind die Spuren noch zu sehen: In der Vergangenheit war das kleine Dorf Alf tatsächlich ein bedeutender Industriestandort. Im historischen Ortskern beim Lindenplatz Auf Kockert erzählt das Heimatmuseum, das einst die Dorfschule war, die Geschichte.
Kreiselkunst. Wer im richtigen Moment am Verkehrskreisel steht, kann die Figur „Alfer Baachspautzer” in den Bach spucken sehen. Der Platz wird von Skulpturen aus dem Atelier von Turgut Gül bevölkert. Weitere interessante Werke des Alfer Künstlers stehen im Weinberg: Der über zwei Meter hohe Kopf ist schon von weitem zu sehen. ZUM WEITERLESEN: Darum steht in Mesenich ein Kopf im Weinberg»
Das Ortsschild. Der liebenswerte Außerirdische Alf ist noch heute vielen bekannt. Wegen ihm wurde ab Anfang 1988 immer wieder die Ortstafel von Alf gestohlen. Deshalb bot die Gemeinde Alf schließlich Ortsschilder zum Kauf an. Noch heute ist ein Foto des Ortsschilds ein schönes Souvenir.