Seit 100 Jahren steht die Erdener Waldkapelle an ihrem Platz – und überrascht. Denn von außen lässt das Kirchlein nicht erahnen, dass ein Kunstwerk in ihr steckt.
Unzählige Kapellen sind über die Mosellandschaft verteilt. Sie stehen inmitten von Dörfern, versteckt im Wald oder sind auf Hügeln und Weinbergen schon von Weitem zu sehen. Viele der kleinen Gotteshäuser wurden von ihren Bauherren aus einem speziellen Grund errichtet: Etwa zum Gedenken, aus Dankbarkeit oder um ein Gelübde einzulösen. Oft ist ihr Antrieb der Wunsch, etwas zurückzugeben. Jede erzählt eine eigene Geschichte.
Oberhalb von Erden baut sich die Waldkapelle vor Spaziergängern auf. Mit dem Auto ist sie ab Erden bergan über die Straße Zur Kapelle zu erreichen. Davor steht eine Bank, von der sich eine schöne Umschau über das Dorf bis hinüber zur Spitzenweinlage Erdener Treppchen eröffnet. Wie aus der Inschrift hervorgeht, haben Soldaten das Kirchlein 1922 /23 gebaut. Sie wollten sich damit für ihre Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg bedanken.
Waldkapelle mit buntem Innenleben
Von außen wirkt das Bauwerk recht unscheinbar. Umso größer ist der Überraschungseffekt, wenn man durch das nie verschlossene Portal in die bunte Kirchenstube eintritt: Alle Fensternischen, natürlich die Decke und Wände sind mit Figuren und Ornamenten überzogen. Da erzählen Bilder vom traurigen Abschied der Soldaten. Die Erdener Dorfstraße mit der Pfarrkirche St. Anna ist zu sehen.
Vom Gewölbe blicken Thyrsus und Bonifatius hinab, zwei Hauptmänner in der Thebäischen Legion. Einer Einheit der römischen Armee, die der Legende zufolge unter Kaiser Maximianus die Christen verfolgen sollte. Die Malereien zeigen dramatische Szenen: Denn weil sich die Männer weigerten, den Befehl auszuführen, wurden sie anno 286 zusammen mit vielen anderen Soldaten hingerichtet.
Der Schauplatz des Gemetzels liegt vor den Toren Triers. Im Hintergrund sind Weinberge, die Moselbrücke und auch die Porta Nigra auszumachen. Bis ins letzte Eckchen ist das Kirchlein ausgemalt.
Wer war der Malerpastor?
Dass die Waldkapelle zum bildgewaltigen Schmuckstück wurde, verdankt sie Christoph März (1867-1931), der sich als Malerpastor von Eschfeld einen Namen machte. Denn als der Mann aus Schweich 1899 in dem kleinen Eifeldorf im Islek Pastor wurde, beschloss er, seine schmucklose Kirche St. Luzia zu verschönern. 1906 entstand sein erstes Deckengemälde – 15 Jahre später hatte er in akribischer Kleinstarbeit mehr als 1000 Figuren in biblischen Szenen auf den Wänden verewigt. Bis heute ist es eines der bemerkenswertesten Gotteshäuser der Eifel.
Das Kleinod im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Luxemburg ist sein Meisterwerk. Was aber selbst viele Einheimische wissen nicht wissen: Auch in anderen Kapellen und Kirchen finden sich Fresken von Malerpastor März. Zum Beispiel im saarländischen Wiebelskirchen, in Ütscheid oder Wißmannsdorf. 1927 gestaltete er dann die Waldkapelle in Erden in seinem unverkennbaren Stil.
Die Kirche St. Apollonius in Wawern konnte der Künstler und Kirchenmann nicht mehr vollenden, weil er im Oktober 1931 starb. Er war bei Malarbeiten an der Fassade des Pfarrhauses vom Gerüst gestürzt. Es heißt, er habe auf dem Sterbebett darum gebeten, ihm einen Pinsel ins Grab mitzugeben, da es sicher auch im Himmel noch einiges zu verschönern gebe.
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