Es regnet oder draußen ist es viel zu heiß? Dann führt der nächste Ausflug eben unter Tage. Mit einem Helm ausgerüstet geht es ins Besucherbergwerk Barbara-Hoffnung in Fell. Strapazen oder Gefahren sind aber nicht befürchten.
An der Mosel ist vieles etwas schiefer. Platten für Käse zum Beispiel. Aber auch Mauern, Fassaden, Gauben und dieser ganz spezielle, mineralische Geschmack im Wein. Kein anderes Gestein prägt die Region so sehr wie der Schiefer, der vor 400 Millionen Jahren Meeresboden war. Er bedeckt die Dächer von Kirchen, Häusern, Klöstern – von jeder Seite drängelt er sich ins Bild.
Jahrhundertelang wurde das blau-schwarze Gold im Nossertal aus dem Berg geholt. Die Gemeinden Fell und Thomm waren die Schieferdörfer in diesem grünen Seitental der Mosel. Sie lieferten Dachziegel und Bruchsteine in die weite Umgebung – bis in der Südosteifel der großflächige Schieferabbau im Tagebauverfahren begann und den Unternehmern im Trierer Land die Geschäfte vermieste.
Zwar ist schon seit 1964 Schicht im Schacht. Doch wenn die Bergmannskapelle – zu der heute auch Frauen gehören – das Steigerlied spielt, werden sicher nicht nur alte Bergleute nostalgisch. Die Pflege des Brauchtums zeigt, dass das Kapitel Bergbau die Geschichte der beiden Gemeinden bis heute prägt. Auch wenn man da, wo früher Arbeiter schwitzten, heutzutage eher friert – und ins Staunen oder Rückbesinnen kommt. Denn aus einem unterirdischen Steinbruch ist das Besucherbergwerk Barbara-Hoffnung geworden.
Fledermäuse im Besucherbergwerk
Seit der Eröffnung des Besucherbergwerks geht es in den schummrig beleuchteten Gängen lebhaft zu, rund 350.000 große und kleine Besucher und Besucherinnen sind schon eingefahren. Auf Bergmannsdeutsch fährt man immer ein – obwohl man in Fell genau genommen geht. Denn die Förderbahn ist längst nicht mehr in Betrieb.
Nur im Winter ist es still in der unterirdischen Welt. Denn zwischen November und Ende März sind die Stollen für Batman und seine Kollegen reserviert. Schlafend hängen die Fledermäuse monatelang kopfüber von der Decke. Doch mit den ersten Sonnenstrahlen flattern sie aus. Dann leiten Guides Gruppen im 40-Minuten-Takt über eine Strecke von 300 Metern durch den Berg. Feste Schuhe und eine Jacke sind bei klammen 12 Grad von Vorteil. Auch mutige Hunde dürfen an der Leine mit, wenn sie sich überhaupt trauen.
Bergleute waren Winzer und Bauern
Die Tour beginnt, wie es guter Brauch ist, mit dem Ruf: „Glück Auf“. Der optimistische Gruß spiegelt den Wunsch, der Bergmann möge gesund wieder aus der Grube ausfahren. Sicher ist sicher – obwohl man im Besucherbergwerk nur noch ahnen kann, wie riskant die Arbeit der alten Bergwerksleute war.
Kaum vorstellbar ist heute, unter welchen Bedingungen die Männer vor 100 Jahren geschuftet haben, um dem Berg seinen kostbaren Schatz zu entreißen. Mit Sprengstoff und schlichtem Werkzeug trieben sie im schwachen Schein der Grubenlampen mühsam Stollen in den Berg. Dabei sahen sie im Winter monatelang kein Tageslicht. Kälte, Nässe und Staub setzen ihrer Gesundheit mit katastrophalen Folgen zu – die Lebenserwartung der Bergmänner aus Fell und Thomm lag damals bei nur rund 40 Jahren.
Doch der Knochenjob war für viele Bauern und Winzer überlebenswichtig, um auch im Winter über die Runden zu kommen. Oft gingen mehrere Generationen einer Familie zusammen „auf Schiefer” in den über einhundert Gruben im Fell-Thommer Bergbaugebiet, rund 20 Kilometer von Trier.
Das Nossertal ist durchlöchert wie ein Käse. Aus über 300 Jahren Bergbau blieben eine ganze Reihe von alten Stollen, Halden und Gruben zurück. Die meisten der Bergwerke sind verschlossen und längst in Vergessenheit geraten. Doch zwei interessante Dachschiefergruben wurden durch einen gut 100 Meter langen Treppenschacht miteinander verbunden, um das Besucherbergwerk zu schaffen: Der untere Stollen, nach der Schutzpatronin der Bergleute „Barbara” genannt, wurde 1908 in den Berg getrieben.
Im 25 Meter höher liegende Stollen „Hoffnung” ging es 1850 mit der Arbeit los. Es war die letzte Grube in Fell, die stillgelegt wurde. Der letzte Betreiber, der Sprengmeister Nikolaus Becker aus Fell, ging als „Opa Bumm“ in die Geschichte ein.
Stollen und der unterirdische Dom
Gut eine Stunde dauert die Führung durch die beleuchteten Gänge. Auf ihrem Weg passieren Besuchergruppen Förderstrecken und lange Schächte. Sie laufen im Treppenschacht über 163 gut begehbare Stufen abwärts und staunen über den sogenannten Dom, eine überdimensionale Abbaukammer, vermutlich die größte im ganzen Tal.
Sie finden sich vor mächtigen Schutthalden wieder und erleben im Besucherwerk einen künstlichen Sonnenaufgang 70 Meter unter Tage. Lebensgroße Figuren vermitteln auch Kindern ein gutes Bild von der gefährlichen Arbeit unter Tage, für die die sogenannten Layenbrecher nicht viel Geld bekamen.
Auch im Infozentrum sind die Gänge schummrig beleuchtet und verwinkelt. Aber die Besucherinnen und Besucher befinden sich nicht unter Tage, sondern in einem originellen Gebäude am Stolleneingang. Für das architektonische Kleinod wurde über den einst freistehenden Kiosk eine Halle gesetzt und in dem entstandenen Zwischenraum eine liebevolle Ausstellung eingerichtet. Sie erzählt von Unglücken, Bergrutschen und der Bedeutung der heiligen Barbara, die Bergleute als Nothelferin und Schutzpatronin verehren.
Gezeigt werden aber auch typische und mitunter seltsame Geräte aus dem Schieferbergbau: Da sind zum Beispiel Presslufthämmer, Pickel oder Dachschieferschablonen zu sehen. Ebenso Schutzhelme, Grubenlampen und eine Reihe von Förderwagen aus Zeiten, in denen die Schieferbergleute nicht um die Zukunft ihrer Zunft bangen mussten.
Schon gewusst, dass Moselschiefer eine Herkunfts- und Handelsbezeichnung ist? Ab Ende des 19. Jahrhunderts durfte nur Steinzeug aus den Gebieten Mayen, Polch, Müllenbach, Trier und damit auch Fell so bezeichnet werden. Er kommt nicht direkt von der Mosel, sondern wurde auf ihr transportiert. Man erfährt einiges über die Entstehung des Schiefers und seine heutige Nutzung. Aber auch, wie es die 16 Fledermausarten im Besucherbergwerk schaffen, monatelang kopfunter zu hängen, ohne dass ihre Beinmuskeln ermüden. Auch das Thema Weinbau in Fell kommt nicht zu kurz.
Vom Besucherbergwerk in den Winzerkeller
Der Schieferbergbau war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Fell. Doch die Haupteinnahmequelle im Ort war schon immer der Wein, der vor allem im Maximiner Burgberg wächst. Nur wenige Autominuten vom Besucherbergwerk entfernt, lag einst das Zentrum des Feller Weinbaus: In der Kirchstraße baute die Feller Winzergenossenschaft um 1900 den Winzerkeller.
In dem restaurierten Gebäude, wo die Weinbauern gut 100 Jahre lang ihre Trauben gekeltert haben, ist inzwischen ein attraktives Restaurant untergebracht. Aufgetragen werden Klassiker wie Rumpsteak, aber auch Variationen von Edelfischen oder Wild aus den Wäldern vor der Tür.
Auf der Karte steht auch herrlich Bodenständiges wie „Armittsches-Zupp”. Für Nicht-Moselaner: Dabei handelt es sich um ein moselländisches Leibgericht aus Hackfleisch, Kartoffeln und Sauerkraut, stilecht serviert im Henkelmann (Armittsche ist wahrscheinlich ein eingedeutschtes Wort französischen Ursprungs, denn la marmite ist im Französischen der Topf).
Eben jenem Gefäß, in dem man den Arbeitern im Schieferbergwerk ihr warmes Mittagessen brachte. Dafür wurden damals die Kinder der Bergwerksleute eingespannt. Über sogenannte Suppenpfade liefen sie bei bei Wind und Wetter bergauf zur Grube. Um pünktlich bei ihren hungrigen Vätern zu sein, wurden sie sogar eine halbe Stunde früher aus der Schule entlassen.
Für die Wanderer von heute wurde der sechs Kilometer lange „Stein & Wein Panorama-Erlebnisweg” angelegt. Start- und Ziel ist der Parkplatz am Winzerkeller. Die Route führt zu Aussichtspunkten, entlang von Wissen- und Erlebnisstationen. Man liest Sprüche und Bauernregeln, sieht Klangspiele und Skulpturen wie den vermutlich größten Korkenzieher der Welt. Die Hauptattraktion ist für viele sicherlich der Weinstand. Stein und Wein – das sind zwei, die in Fell schon immer zusammengehören.
Infos zum Besucherbergwerk Fell
Adresse: Besucherbergwerk Fell, Auf den Schiefergruben 3, 54341 Fell, www.bergwerk-fell.de
Öffnungszeiten: 1. April – 31.Oktober, Dienstag – Sonntag und an Feiertagen von 10 – 18 Uhr. Führungen (ohne Anmeldung) im Abstand von ca. 45 Minuten.
Preise: Erwachsene 9 €, Kinder ab 6 Jahre 6 €.
Anfahrt: Fell liegt 15 Kilometer von Trier in einem Seitental der Mosel an der Bundesautobahn 1 zwischen den Anschlussstellen Longuich und Mehring. Von Longuich über die L 150 & 145. Der Weg ist gut ausgeschildert.
Parken: Von den Parkplätzen am ehemaligen Betonwerk und auf der Halde der Grube Schürzig sind es etwa 400 Meter bis zum Besucherbergwerk zu gehen.
Gastronomie: Im Shop und Bistro „WeinStein“ stehen Kuchen, Deftiges und Wein auf der Karte. Mit großer Terrasse.
Für Kinder: Auf speziellen Führungen wird kindgerecht die Arbeit der Bergleute erklärt. Auch Kindergeburtstage sind im Besucherbergwerk buchbar: Mit Führung, Schatzsuche, Goldwaschen und Imbiss.
Museum: Die barrierefreie Ausstellung vor dem Besucherbergwerk beschäftigt sich mit Geologie, Schieferabbau früher und heute, den 16 Fledermausarten in der Region und Weinbau. Die Besichtigung ist kostenlos.
Wandern: Das Besucherbergwerk liegt am rund fünf Kilometer langen Grubenwanderweg, der als Lehrpfad an an den Relikten des ehemaligen Dachschieferbergbaus vorbeiführt. Zehn Schiefergruben, terrassenförmige Halden, alte Förderwagen und sogenannte Leienpfade, die früher dem Schiefertransport dienten, liegen am Weg. Auch die Traumschleife „Schiefer-Wacken-Weg” führt dort entlang.
Restaurant: Zum Winzerkeller, Kirchstraße 41, 54341 Fell, www.zum-winzerkeller.de
Feste: Der Feller Markt, immer am dritten Wochenende im September, ist eines der bekanntesten Feste in der Region. Eine Besonderheit ist der Viehauftrieb mit Viehprämierung am letzten Tag.
Alljährlich am zweiten Adventssonntag trifft man sich in Fell und Thomm zur Bergparade. Bei dem traditionellen Umzug der Bergmannskapelle, wird die hl. Barbara durch den Ort getragen.